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Morgen ist ein neuer Tag

Morgen ist ein neuer Tag

Titel: Morgen ist ein neuer Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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einer Ecke sprang er auf eine Straßenbahn und löste eine Karte bis zu einer Vorstadt, die in das herrliche Gebiet von Exter hinreichte. An blühenden Alleebäumen vorbei ratterte die Bahn, vorbei an saftgrünen Parks und blütenbeladenen Büschen, bis sie vor der Endstation in einem weiten Bogen schwenkte und vor einem Wartehäuschen hielt.
    Bergschulte sprang aus dem Wagen und wanderte die stillen Villenstraßen entlang. Hier hatte der Krieg fast keine Spuren hinterlassen. In breiten und langen Gärten und parkähnlichen Anlagen lagen die herrlichen hellen oder geklinkerten Villen in der Sonne, leuchteten die bunten Sonnenschirme und die weißen Korbmöbel. Musik drang aus den geöffneten Fenstern, nicht zu laut, aber vernehmbar genug. Hier und da zeigte sich ein Dienstmädchen mit weißer Schürze, putzte ein Chauffeur einen glänzenden, nickelbeschlagenen Wagen oder jäteten Gärtner in grünen Schürzen die Blumenbeete und Rondelle.
    Geld! dachte Bergschulte. Das ist alles: Geld! Da kann man in Rußland aus einem Blechnapf gegessen haben – sobald man zu Hause ist und den seidenen Morgenmantel wieder anzieht, ist alles vergessen. Da gibt es kein Sibirien mehr, sondern nur noch die Börsennachrichten und ab und zu ein Buch am Abend, um sich zu erholen – aber ein Buch von einem reichen Grafen mit einer weißen Rose im Knopfloch, der das arme Linchen Meier liebt. Um Gottes willen nichts von dem, was in der Welt vor sich geht, was der Kamerad Schulze erlitt und nun erzählt, um ein Fanal aufzurichten und eine laute, eine grelle Stimme zu sein gegen alle, die heute wieder rufen: Die Ehre des Mannes liegt im grauen Rock! Jene Schreier von Hurra und Heil, die um des lockenden Geldes willen vergaßen, was sie selbst erlebt und vor dem sie gezittert haben, oder die nie der Wahrheit ins Angesicht gesehen, sondern hinter dem Ofen eines geruhsamen Postens das Schreckliche aus der Ferne und mit einem Pfeifchen im Mund erlebt haben. Nein, das will der Mann, der heimkam, in dem seidenen Rock nicht mehr lesen. Warum auch? Das Leben ist hart genug – nun auch den Feierabend noch verderben durch die Wahrheit? Wie schön die Sonne leuchtet, wie die Blumen duften, und ja, man will ja heute in die Oper, Don Giovanni wird gegeben, die Oper der Lebensfreude …
    Fritz Bergschulte verhielt den Schritt vor einem weißverputzten, flachen Bungalow, dessen Eingang von zwei Säulen gesäumt wurde. Durch die mit Schmiedeeisen kunstvoll vergitterte Glastüre sah man ein entzückendes Foyer mit Garderobenständern aus Palisander und handgetriebenem Messing. Eine breite Glasschiebetür mit geschliffener Füllung führte weiter ins Innere des Hauses. Hinter der Villa breitete sich ein parkähnlicher Garten aus mit einer großen Rasenfläche, die überging in einen herrlichen Blumengarten. Eine breite weiße Steintreppe führte von einer Terrasse herab ins Grüne.
    Am Tor, über der Glocke, war ein kleines Messingschild:
    Paul Ermann.
    Fritz Bergschulte nickte. Ermann. Der Mann hatte Glück im Leben gehabt. Nicht eingezogen wegen Unabkömmlichkeit, immer zurückgestellt wegen kriegswichtiger Bauten, Westwall, Atlantikwall, zuletzt verschont von allen Bomben und immer die Möglichkeit, seinen Besitz zu mehren und an seinem Leben zu arbeiten. Man sah, wie weit er es gebracht hatte, und man konnte jetzt verstehen, daß ihm der Name Bergschulte entfallen war. Die Jahre bringen immer neue Namen und man vergißt, je höher man die Leiter emporklettert, desto leichter die Gesichter derer, die zurückbleiben, bis sie vollends verblassen in der Tiefe.
    Fritz Bergschulte stand vor dem Haus. Soll ich auf die Klingel drücken? dachte er. Mehr als mich hinauswerfen, kann er nicht. Aber er kann mich auch wiedererkennen – möglich ist das schon, denn wir haben zusammen gearbeitet, als Paul Ermann noch eine Zweizimmerwohnung bewohnte und auch der Arbeit nachlaufen mußte. Wenn er mich erkennt, das weiß ich, wird er mir helfen.
    Er hob die Hand und legte den Zeigefinger auf den Klingelknopf. Wie bei einem Glücksspiel ist es, durchfuhr es ihn. Wenn ich jetzt drücke, beginnt die Kugel zu rollen. Fällt sie auf Schwarz, habe ich verloren, wenn ich auf Rot gesetzt habe – und umgekehrt.
    Er läutete. Ein leises Summen ertönte, die Tür öffnete sich wie von Geisterhand, und Fritz Bergschulte schritt über den knirschenden weißen Kies auf die beiden Säulen zu.
    In der Glastür stand ein Mädchen in einem schwarzen Kleid und weißer Schürze. Mißtrauisch

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