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Morgen ist ein neuer Tag

Morgen ist ein neuer Tag

Titel: Morgen ist ein neuer Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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indem er das Sie etwas zu sehr betonte, als wolle er damit andeuten, daß ein Du in der jetzigen Lage nicht mehr angebracht sei. »Das ist eine lange Zeit, und da lernt man viele Menschen kennen. Sie müssen mir da schon etwas nachhelfen.«
    »Ich bin der Fritz«, sagte Bergschulte und lächelte schwach.
    »Der Fritz? Mir sind im Leben schon mindestens 1.000 Fritze begegnet.«
    »Der Fritz Bergschulte, der mit dir – Verzeihung – der mit Ihnen einmal Ihr Baugeschäft hochgebracht hat. Der Fritz Bergschulte, der Ihnen damals den Bau der Sparkasse besorgte, durch den Ihr Geschäft erst bekannt wurde.«
    »Mensch! Fritz!!« Ermann war aufgesprungen und kam jetzt mit ausgebreiteten Armen auf Bergschulte zu. »Mein Junge! Du? Mein Gott, wat haste dir verändert!« Er lachte und riß den alten Freund aus dem Sessel empor, klingelte dann, brüllte das hereinstürzende Mädchen, das fassungslos den ›Bettler‹ in den Armen des Hausherrn sah, an: »Ne Pulle her und ein Frühstück wie für'n Fürst!« und schwenkte Bergschulte im Kreise herum.
    »Mensch, wo kommst du denn her?« Und dann schob er ihn weg, betrachtete ihn von oben bis unten und schüttelte den Kopf. »Also – nimm es mir nicht übel – ich hätte dich nicht wiedererkannt. Ich habe erst gedacht, da kommt einer und will mich am heiligen Sonntagmorgen anschnorren oder will gar Arbeit haben! Mensch, den hätt' ich raus gepfeffert!«
    »Schade!« Fritz Bergschulte nahm seinen Hut wieder auf und reichte Paul Ermann die Hand. »Na, dann laß es dir weiter gut gehen …«
    »Moment, Moment!« Paul Ermann hielt ihn am Ärmel fest. »Was soll denn das? Erst wird gefrühstückt und einer gekümmelt. Was hast du denn plötzlich?«
    »Du willst mich rauspfeffern …«
    »Dich doch nicht, du Hornochse!«
    »Doch, mich! Denn ich bin gekommen, dich am heiligen Sonntagvormittag anzuschnorren und um Arbeit zu bitten …«
    »Du? Du und keine Arbeit? Hahaha!« Ermann klopfte ihm auf die Schulter und schüttelte den Kopf. »Junge, du machst illustriertenreife Witze! Wo gibt's denn so was?«
    »Bei mir.« Fritz Bergschulte nickte. »Ich bin vor drei Tagen erst aus Rußland zurückgekommen. Zwölf Jahre Schweigelager. Zwölf Jahre ein Tier unter Tieren! Zwölf Jahre mit dem Tod in einem Bett. Und jetzt liege ich auf der Straße. Die Frau hat wieder geheiratet, denn ich wurde für tot erklärt, meine Schwiegereltern haben mich vor die Tür gesetzt, weil der zweite Mann mehr verdient als ich …«
    »Sauerei!« brüllte Ermann und hieb auf die Sessellehne.
    »Laß man, Paul, auch das schluckt man. – Ja, und nun suche ich Arbeit, um wieder anzufangen, von vorn anzufangen, denn ich glaube, ich bin noch zu jung, um mich einfach wie ein Tier in eine Ecke zu verkriechen und zu warten, bis alles aus ist.«
    »Red doch nicht solchen Quatsch!« Paul Ermann drückte ihn in den Sessel zurück und schellte Sturm. Das Dienstmädchen kam mit einem riesigen Tablett angelaufen, und Ermann baute selbst auf dem Couchtisch das Frühstück auf. Zwei Eier, drei große Lappen Schinken, Butter, Weiß- und Schwarzbrot, Cervelatwurst, einige Scheiben Salami, ein Silberkännchen mit starkem Bohnenkaffee, Sahne, Zucker, eine Flasche mit Gin, fünfundvierzigprozentigem, vier Zigarren mit Bauchbinde und einem tönenden Namen … Fritz Bergschulte schloß die Augen und ließ sich in den Sessel zurücksinken.
    »Wenn ich das alles gegessen habe, platze ich oder komme ins Krankenhaus«, sagte er lachend.
    »Auch gut! Dann wirste wenigstens 14 Tage umsonst verpflegt und hast ein gutes Bett. Wo schläfst du eigentlich?«
    »Ich habe mir ein Zimmer gemietet. Sauber und nett. Aber ich muß arbeiten, um es zu bezahlen …« Bergschulte griff zu und schmierte sich ein Schinkenbrot. Ermann goß sich und ihm einen Gin ein.
    »Nimm nur richtig Butter, Fritz«, sagte er dabei. »Man kann ja durch dich hindurchblasen …« Dann kippte er seinen Gin hinunter und schnalzte mit der Zunge. »Scharfe Sache am Morgen, – das macht munter. Also Arbeit suchst du?« Er kratzte sich den Kopf. »Meine Kolonnen sind alle besetzt. Und Arbeit ist auch nicht genug da. Mit der Bauerei geht zur Zeit nicht viel. Der Staat muß einspringen. Aber du weißt ja, bei dem dauert's. Geplant wird genug, die Kredite sollten längst fließen. Da muß aber jede Sache erst wieder durch 4.578 Instanzen, und wenn sie endlich am Ende angelangt ist und der Stempel ›Genehmigt‹ drauf gedrückt wird, ist das Geld entweder schon für andere Zwecke

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