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Morgen ist ein neuer Tag

Morgen ist ein neuer Tag

Titel: Morgen ist ein neuer Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ist doch klar. Oder wie meinen Sie das?«
    »Kennt er sie schon länger? Ist er ein Jugendfreund? Wie kam die Bekanntschaft zustande? Wissen Sie Näheres darüber?«
    Heinrich Korngold druckste herum. Auch das noch, grübelte er. Was soll ich tun? Ich muß es ihm sagen – denn später – im Gerichtssaal – ist es zu spät. Er blickte auf. Etwas Gehetztes lag in seinen Augen.
    »Er war der erste Mann meiner Frau …«
    »Nun ja.« Dr. Borner fand das nicht besonders aufregend. »Das kommt öfters vor. Ihre Gattin will also ihre erste Ehe der zweiten wieder vorziehen?«
    »Ja.«
    »Und warum wurde die erste Ehe geschieden?«
    »Sie wurde nicht geschieden.« Ein Kratzen war in Korngolds Hals. »Der erste Mann war amtlich tot.«
    »Ich verstehe Sie nicht.« Dr. Borner lachte schief wie über einen mißlungenen Witz. »Und jetzt lebt er wieder?«
    »Ja. Fritz Bergschulte und ich waren zusammen in russischer Gefangenschaft. Ich wurde vier Jahre früher als er entlassen und sollte eine Nachricht von ihm an seine Frau mitnehmen. Ich nahm sie mit, einen Brief … und dann sah ich die Frau, hübsch, verlockend … und man hatte jahrelang keine Frau mehr gesehen … Da habe ich den Brief verbrannt und gesagt, Fritz Bergschulte sei tot. Er wurde daraufhin für tot erklärt, und ich heiratete die Witwe.«
    Dr. Borner war aufgestanden und sah Heinrich Korngold groß an. Starr, steif stand er da, die Lippen zusammengepreßt, die Augenbrauen tief herabgezogen, die Hände in den Jakettaschen vergraben, und durchbohrte den vor ihm sitzenden Mann mit verächtlichen Blicken. Kalt und klar kamen die Worte zwischen den kaum geöffneten Lippen hervor:
    »Herr Korngold, ich hatte einen Sohn in Rußland. Er fiel in Stalingrad. Seinen letzten Brief kenne ich auswendig. Wissen Sie, was er schrieb? Ich werde es Ihnen sagen: ›Lieber Vater, das Schönste, was es hier gibt, das einzige, ohne das ein Landser gar nicht existieren kann, das für ihn der Inbegriff aller Ideale ist – das ist die Kameradschaft …‹ – Das stand in seinem letzten Brief. Verstehen Sie mich, Herr Korngold …«
    »Nicht ganz …«
    »Dann muß ich es Ihnen deutlicher sagen. Ich bedauere, Ihre Interessenvertretung nicht übernehmen zu können.«
    Heinrich Korngold fuhr aus dem Sessel auf. Sein Gesicht war dunkelrot.
    »Herr Doktor!«
    »Verstehen Sie mich nun?«
    »Sie wollen nicht …« Korngold brach ab. »Das ist … das ist …«
    »Nein, ich will nicht. Zwingen Sie mich zu keiner weiteren Erklärung mehr!« sagte Dr. Borner scharf und schneidend. »Ich weiß, was ich dem Andenken meines Jungen schuldig bin. Verlassen Sie meine Kanzlei, Herr Korngold!«
    »Sie werfen mich hinaus?« schrie Korngold und ballte die Fäuste. »Sie wagen es, mich einfach vor die Tür zu setzen?«
    »Ich würde gerne noch etwas anderes tun, aber das verbietet sich leider unter zivilisierten Menschen. Verschwinden Sie, wiederhole ich!«
    »Wie Sie wollen!« Korngold nahm zornbebend seinen Hut und seinen über die Sessellehne gelegten Mantel. »Es gibt auch noch andere Anwälte als Sie! Ich werde mein Ziel erreichen! Und dann –« er drehte sich an der Tür noch einmal um und ballte die Faust – »dann hoffe ich, auch noch mit Ihnen einmal abrechnen zu können.«
    Keines klaren Gedankens mehr fähig, rannte er zu seinem Wagen und raste durch die Straßen Vlothos. Schließlich besann er sich und fuhr bei seiner Wohnung vorbei. Er guckte ins Branchenverzeichnis und suchte die Rechtsanwälte durch. Viel Auswahl gab es davon in Vlotho nicht. Aber einer von ihnen würde für Geld schon den Prozeß übernehmen.
    Nach der Liste des Branchenverzeichnisses fuhr er die Anwälte ab.
    Dr. Buchner. Er trug ihm den Fall vor. Steif, aber korrekt lehnte Dr. Buchner ab.
    Dr. Frömmel. Er lehnte ab.
    Dr. Patscheidt. Er ließ ihn nicht zu Ende reden. Stumm wies er ihm die Tür.
    Zitternd, schnaubend, mit Mord und Brand in den Gedanken, verbissen und zäh fuhr Heinrich Korngold weiter.
    Dr. Abraham. Er lehnte ab.
    Dr. Suchardt. Er nannte ihn einen Lumpen und warf ihn hinaus.
    Dr. Pintes. Er war vorn Kollegen Frömmel telefonisch informiert worden und ließ ihn gar nicht vor.
    Zähneknirschend saß Heinrich Korngold in seinem Wagen und warf das Branchenverzeichnis auf den Rücksitz. Aus. Kein Anwalt in Vlotho wollte ihn vertreten. Alle gegen einen. Man stieß ihn aus, man verachtete ihn, man sah in ihm einen Lumpen.
    In ihm, der alles nur aus Liebe, aus einer blinden Liebe getan hatte …
    Langsam fuhr

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