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Morgen ist ein neuer Tag

Morgen ist ein neuer Tag

Titel: Morgen ist ein neuer Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sie Glauben geschenkt hatte, ihre Heirat, den Verkauf des Hauses, die drei Jahre Ehe, die Rückkehr Fritz Bergschultes, ihren Sturz von der Treppe, ihren Entschluß, zu Fritz zurückzukehren, ihre Auseinandersetzung mit Korngold, ihre Trennung von den Eltern, ihre Einsamkeit … ihren Zusammenbruch …
    Es war spät in der Nacht, als sie alles berichtet hatte. Frau Schmitz saß in Tränen aufgelöst am Tisch und schluchzte in einem fort. Max Schmitz rannte im Zimmer hin und her und stieß wüste Flüche aus.
    »Den Korngold erschlage ich!« brüllte er. »So ein Schwein, so ein Lump, so eine Kanaille! Meinen besten Freund und Kameraden für tot erklären lassen, weil ihm seine Frau gefällt! Und dann sie auch noch heiraten und … und …« Ihm blieb buchstäblich die Spucke weg, er riß die Arme empor. »Lina«, sagte er, »Lina, das ist ja selbstverständlich: Sie bleiben so lange bei uns, bis alles klar ist. Und die Vormundschaft für den Jungen, die übernehme ich auch, wenn Sie es wollen. Auf dem Gymnasium bleibt er selbstverständlich. Ich bin jetzt Polier und Bauführer und verdiene ganz gut. Und der Fritz wird mir alle Auslagen zurückerstatten, das weiß ich. Überhaupt bin ich ihm das schuldig. ›Max‹, hat er oft zu mir gesagt, ›Max, wenn du Durst hast, hol dir 'ne Flasche Bier. Hier haste Geld!‹ Und ich hatte Durst, ich war damals Handlanger und konnte mir kein Bier leisten. Der Fritz, das war ein Kamerad, auf den man Häuser bauen konnte. Himmelherrgott, und dann so was! Lina, keine Angst, keine Aufregung. Was, Muttern –« er blickte zu seiner tränenüberströmten Frau – »da ist die Lina gerade zu den Richtigen gekommen. Hör auf zu weinen. Die Schmitzens, die schaukeln das schon.«
    Und dann hatte man gegessen, war Lina in ihr sauberes Zimmerchen geführt worden, und sie hatte noch lange geweint, bis sie vor Erschöpfung eingeschlafen war. Jetzt saß sie im Bett und strich sich durch die wirren Haare.
    Zuerst muß ich den Peter holen, dachte sie. Den Eltern habe ich nicht gesagt, wo er ist. Ja, ich habe ihnen das bewußt verschwiegen, um die Dinge in der Hand zu behalten. Sie hätten Heinrich anrufen können, und er hätte mir den Jungen weggenommen. Und alles könnte ich ertragen, alles, nur den Jungen darf mir keiner nehmen. Er ist doch das einzige, was ich habe, das Letzte, das mich an Fritz erinnert, das Größte, was mich an ihn bindet … Und ich würde zu einer Furie, wenn mir einer meinen Jungen anfassen würde.
    Sie stand auf und trat vor den kleinen Spiegel über dem Waschtisch. Ein bleiches, leidvolles Gesicht sah ihr entgegen. Tiefe Ringe lagen unter den Augen, ein scharfer Zug hatte sich in den letzten Tagen von der Nasenwurzel zu den Mundwinkeln eingegraben. Der rote, lockende Mund war dünn und farblos geworden.
    Mit einem Ruck wandte sie sich ab und zog sich an. Als sie in die Küche kam, war der Kaffeetisch schon sauber gedeckt, und Frau Schmitz wartete mit einer Tasse starken Bohnenkaffees. Max Schmitz war längst weg zur Arbeit – um sechs Uhr ging er aus dem Haus und kam zur Mittagszeit nur schnell auf eine Stunde wieder, um dann bis sechs, manchmal sogar bis sieben oder acht Uhr abends auf dem Bau zu sein. Der sonnige Mai wollte ausgenutzt sein, wenn die Arbeiten vorangehen sollten.
    »Max rief vorhin an«, sagte Frau Schmitz, während sie frühstückten und den heißen Kaffee schlürften. »Er hat sich schon überall erkundigt, aber keiner hat den Fritz gesehen. Sie waren alle sprachlos, daß er wieder zurückgekommen ist. Am meisten platt war Paul Ermann, der ja früher der Chef vom Fritz war und sich inzwischen zu einem der größten Bauunternehmer Mindens aufgeschwungen hat. Der konnte sich überhaupt nicht beruhigen und trug Max auf, überall nachzuforschen, wo Fritz steckt. Mit dem Paul Ermann konnte es Ihr Mann immer gut. Sie sollen sehen, wenn er Fritz gefunden hat, bietet er ihm sofort eine Stellung an.«
    »Das wäre schön«, sagte Lina und schaute in die Kaffeetasse. »Wo ich hinhöre, überall hat Fritz nur Freunde gehabt. Und ich mache mir den Vorwurf, daß ich so rasch an seinen Tod geglaubt habe. Ich hätte auf alle Fälle länger warten sollen, hätte mich einfach sträuben sollen, an seinen Tod zu glauben – so wie seine Mutter, die das getan hat, bis zu der Stunde, in der sie selbst starb. Ich habe ihn zu rasch verraten.« Sie drehte sich zur Seite, aber Frau Schmitz legte ihre Hand auf Linas Arm.
    »Nun reden Sie sich nicht so was ein! Wenn es

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