Morgen ist ein neuer Tag
Kleid.
Bis Sonntag.
Ein Sonntag im Frühling.
Sein Herz spürte er plötzlich in der Brust. Erstaunt stellte er fest, daß es auf einmal schneller schlug. In seiner Hand fühlte er noch den Druck von Friedels schlanken Fingern.
Endlich riß er sich von der stummen Tür los und ging den Weg zurück, dem Lichterschein der Hauptstraßen entgegen.
Er war glücklich und pfiff leise vor sich hin.
Und er wäre noch glücklicher gewesen, hätte er gesehen, wie Friedel Herten am Fenster hinter der Gardine stand und ihm nachblickte.
An dem gleichen Tag, an dem Fritz Bergschulte selbst zu den Verwicklungen seines Schicksals beitrug, saß in Minden Paul Ermann am Telefon und versuchte, nach Dortmund durchzukommen.
Er hatte am Tag zuvor mit Max Schmitz in einer Wirtschaft zusammengesessen und sich die ganzen Neuigkeiten erzählen lassen. Mit ungeheuer natürlich gespieltem Erstaunen nahm er den Bericht über Fritz Bergschultes Rückkehr zur Kenntnis, vernahm er die Tragödie im Hause Korngold und den Einzug Linas in Schmitzens Wohnung.
»Das sind wir dem Fritz schuldig«, sagte Max Schmitz und trank erregt sein Körnchen. »Wer weiß, wo er jetzt herumirrt, gramzerfressen und an der Welt verzweifelnd.«
»Ja, wer weiß …« Paul Ermann sah in sein Bier, weil es ihm unmöglich war, bei diesem Satz dem alten Freund in die Augen zu schauen. »Und was macht die Lina jetzt?«
»Sie will eine Stellung annehmen. Meine Alte sagt zwar, sie soll ihr im Haushalt helfen, aber das will sie nicht. Sie will auf eigenen Füßen stehen, will Geld verdienen, will wieder von vorne anfangen.« Max Schmitz nahm einen Schluck. »Man kann das verstehen. Sie will auch nicht zu Hause sitzen und sich verrückt machen lassen. Sie will arbeiten und ihrem Fritz auch dadurch zeigen, daß sie in jeder Lage zu ihm hält. – Wenn sie nur eine Stellung bekäme …«
»Was kann sie denn?« fragte Paul Ermann.
»Stenographie, Schreibmaschine, Buchhaltung und so'n Bürokram. Aber solche Leute haben die Firmen jetzt genug.«
»Mehr als genug.«
Sie hatten sich dann voneinander verabschiedet, aber während der ganzen Fahrt nach Hause und auch noch in seinem Herrenzimmer grübelte Paul Ermann darüber nach, wie er Lina helfen konnte. Das Problem war schwierig. Wer brauchte schon eine Sekretärin, die fast zehn Jahre nicht mehr tätig gewesen war? Junge Arbeitskräfte suchte man, frisch ausgebildet. Die kosteten am wenigsten und konnten auch mal eine Stunde länger herangezogen werden. Aber eine Frau mit Kind?
Schließlich war jedoch Ermann doch noch der richtige Gedanke gekommen. Er schwankte zwar, ihn auszuführen. Einmal malte er sich im Geiste die Wirkungen seiner ›Nötigung‹, die er vorhatte, aus und rieb sich in größter Vorfreude die Hände. Dann aber kamen ihm wieder Bedenken, die ihn die ganze Nacht über quälten und ihn nicht schlafen ließen.
Heute nun hatte er sich dazu durchgerungen, den Plan doch auszuführen, mochte kommen, was da wollte.
Endlich klappte die Verbindung. Paul meldete sich:
»Ermann …«
»Hier Architekturbüro Herten GmbH …«
»Herrn Herten bitte persönlich«, sagte Ermann. Dann knackte es in der Leitung, und die tiefe Stimme des Architekten erreichte Pauls Ohr.
»Ermann? Was ist denn? Wo brennt's?«
»Bei Ihnen.«
»Bei mir?« Hans Herten lachte kurz. »Was wollen Sie? Ich kenne Sie doch.«
»Gut so, dann kann ich auch gleich loslegen, Herten: Wie alt ist Ihre Sekretärin?«
»Machen Sie mich nicht fertig. Was haben Sie mit meiner Sekretärin zu tun? Ich habe übrigens nicht nur eine, sondern vier.«
»Sie Pascha!« Ermann lachte nun auch. »Ich dachte, Sie haben ein Architekturbüro. Jetzt stellt sich heraus, daß Sie einen Harem haben.« Ermann wurde wieder ernst. »Also, – wie alt sind die vier Grazien?«
»Woher soll ich das wissen? Alle so um die zwanzig herum. Ich liebe Jugend, wissen Sie. Alt bin ich selbst.«
»Hm. Daraus ersehe ich, daß Sie dringend eine fünfte Sekretärin brauchen, nämlich eine, die auch arbeitet.«
»Auf keinen Fall.«
»Auf jeden Fall. Ich schicke Ihnen in drei oder vier Tagen eine perfekte Sekretärin. Geeignet als Chefsekretärin. Alter Anfang dreißig, auch hübsch, das mag Sie trösten. Verheiratet, mit einem Kind. Mann Spätheimkehrer. Es ist sozusagen schon eine moralische Verpflichtung von uns, den Leuten zu helfen.«
»Sie sind total verrückt. Sie verfügen über mein Geld, Sie schicken mir da eine Person, mit der ich nichts anfangen kann …«
»Das
Weitere Kostenlose Bücher