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Morgen ist ein neuer Tag

Morgen ist ein neuer Tag

Titel: Morgen ist ein neuer Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Unmöglichkeiten mehr kennt. Aber das kann ich Ihnen so nicht erklären, und es würde Sie vielleicht auch langweilen …«
    »Aber nein.« Das Mädchen schüttelte energisch den Kopf. Ihre schwarzen Haare flogen dabei über ihr Gesicht und eine Strähne davon streifte die Wange Bergschultes. Es durchfuhr ihn, als habe ihn ein unter Strom stehender Gegenstand berührt, der ihn elektrisierte.
    Sie ist so jung und schön, so frisch und voller Leben. Ich werde flüchten müssen, flüchten vor mir selbst, wenn ich sie länger anschaue. Aber er rannte nicht davon, er blieb an ihrer Seite, auch als er merkte, daß sie nicht in der Nähe des Hafens wohnte, sondern weiter östlich. Als müßte es so sein, ging er neben ihr her, und es bedeutete ihm plötzlich ungeheuer viel, sich an der Seite eines hübschen Mädchens zu sehen und mit ihm zu sprechen.
    »Trotzdem«, sagte er. »Es wäre eine Geschichte, für die der Abend nicht ausreichte. Ich müßte Ihnen etwas erzählen, was einen Zeitraum von zwölf Jahren umspannt.«
    »Zwölf Jahre?« Ein Gedanke durchzuckte das Mädchen. »Sie waren in Gefangenschaft? In Rußland?«
    Statt zu antworten, nahm Bergschulte seinen Hut ab. Sein kahlgeschorener, jetzt mit Stoppeln bedeckter Schädel wirkte überscharf in der grellen Straßenbeleuchtung. Dann setzte er den Hut wieder auf und meinte bitter:
    »So. Jetzt kann ich wohl gehen?«
    »Aber warum denn?«
    »Habe ich Sie nicht erschreckt?«
    »Nein.« Das Mädchen schüttelte den Kopf. »Ich weiß jetzt, was Sie meinten, als Sie sagten, Sie wären schon tot gewesen. Sie tun mir so leid …«
    »Sie scheinen sich aber zu amüsieren, Sie lächeln …«
    »Weil ich sehe, daß Sie wieder leben. Und weil ich glaube, daß Sie das alles vergessen wollen.«
    »Vergessen? Nie! Abschnitte vielleicht, Episoden, oder Dinge, an die man einfach nicht mehr denken will. Doch zwölf Jahre restlos vergessen? Wer kann das? Wer einmal mit einer Glasscherbe den Barackenboden weiß scheuern mußte, der vergißt das nicht.«
    Sie waren in eine stille Vorstadtstraße gekommen. Das Mädchen blieb stehen.
    »Schade«, meinte es. »Hier wohne ich. Nun kann ich Ihnen nicht länger zuhören.«
    Fritz Bergschulte schaute sich um. Schöne, zweistöckige Häuser, aus glasierten Klinkern gebaut, säumten die Straße. An der Tür des Hauses, vor dem sie standen, war ein Messingschild befestigt.
    »Herten«, las Bergschulte halblaut.
    »So heiße ich«, sagte das Mädchen. »Friedel Herten.«
    »Friedel Herten.« Er sah sie an. »Ich heiße Fritz Bergschulte, Maurer von Beruf. Im Moment bin ich Polier und Bauführer.«
    Das Mädchen lachte auf. »Das finde ich lustig«, sagte sie. »Mein Vater ist Architekt.«
    Fritz fand das weniger lustig. Die Kluft zwischen Maurer und Architekt war zu groß. Er fühlte wieder die Unsicherheit in sich aufsteigen, von der er schon anfangs befallen gewesen war. Schnell riß er sich den Hut vom Kopf und streckte Friedel die Hand hin. »Also denn – auf Wiedersehen, Fräulein Herten.«
    »Auf Wiedersehen.«
    Sie erwiderte den Druck seiner Hand und schloß dann die Tür auf. Sie wandte Fritz ihren Rücken zu. Er stand da, den Hut in der Hand, und betrachtete ihre Locken, die weich über den Kragen des bunten Kleides fielen.
    »Ich habe noch etwas vergessen«, sagte er langsam. Friedel Herten drehte sich herum und sah ihn lächelnd an, während er fortfuhr: »Ich möchte Ihnen sagen, daß diese paar Minuten mit Ihnen seit zwölf Jahren die schönsten waren. Und wie im Märchen, wenn die gütige Fee wieder zurück in ihr Zauberreich geht, möchte ich mir etwas wünschen …«
    »Bitte …«
    »Darf ich Sie wiedersehen?«
    Friedel Herten zögerte nicht, sondern nickte und sagte:
    »Machen Sie einen Vorschlag.«
    »Übermorgen?« fragte Bergschulte. »Es ist Sonntag. Wenn es schön ist, könnten wir irgendwo hinfahren. Ist Ihnen zwei Uhr nachmittags recht? Ich hole Sie hier ab. Einverstanden? Wir haben dann einen schönen, langen Tag vor uns und … für uns …«
    Friedel Herten reichte ihm noch einmal die Hand und sagte dazu fröhlich:
    »Bis Sonntag denn, Herr Bergschulte.«
    Dann verschwand sie im Haus. Der Schlüssel drehte sich von innen im Schloß.
    Den Hut in der Hand, stand Fritz Bergschulte noch ein Weilchen da und blickte auf die stumme Tür. Die abgeschabte Ledertasche mit dem Henkelmann drückte er dabei unbewußt ganz fest an sich, als hielte er nicht sie im Arm, sondern etwas ganz anderes – etwas Lebendiges im geblümten

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