Morgen wirst Du frei sein (German Edition)
Telefon weg und wandte mich Richtung Klinikeingang. Kaffeeduft wies mir den Weg zum Frühstücksraum, in dem Zecke, die Beine auf einem Stuhl, in ein Croissant biss. Er unterhielt sich mit einem Kollegen, winkte mich zu sich heran.
»Nimm dir, wonach dir ist. Kaffee ist da, Tee auch. Und Brezen, Brötchen ... Na, du findest dich schon zurecht. Ach ja, das ist Jojo. Wir besprechen noch schnell den Schichtwechsel, dann können wir los zur Uni.«
»Hast du denn geschlafen?«, fragte ich verwundert.
»Du denn?«, zwinkerte er.
Ich fuhr nach der zweiten Vorlesung nach Hause. Weder hatte ich die Energie zu arbeiten, noch konnte ich den Worten der Dozenten folgen. Meinen Job im Hinterzimmer der Buchhandlung würde ich ohnehin aufgeben müssen, wenn ich im Verlag einen Vertrag als Werkstudent anstrebte.
Der leere Zug hielt, ich stieg aus und trottete über den Parkplatz. Den Autoschlüssel in der Hand, blieb ich stehen.
»Scheiße.« Der Audi stand auf dem Klinikparkplatz. Wir hatten die S-Bahn in die Innenstadt genommen, Zecke und ich. Frustriert steckte ich den Schlüssel ein und ging zur Bushaltestelle. Es würde ein langer Heimweg werden. Daran, was mich zu Hause erwartete, wollte ich erst gar nicht denken.
Wie früher, dachte ich. Ein Tribunal, bestehend aus einer Person. Ich saß am Esstisch, vor mir einen halbvollen Teller mit inzwischen kalter Suppe. Ich schaute auf die Fettaugen und versuchte, meine Übelkeit zu ignorieren.
»Wie stellst du dir das vor? Wie soll es weitergehen?« Pause. »Du tust, was du willst, gehst und kommst, wie es dir gefällt.« Erneute Stille. Dann folgten die gefürchteten Worte, kalt und schneidend. »Du weißt, dass ich das nicht dulden kann!«
Mein Kopf sank tiefer auf meine Brust. Ich hatte keine Kraft mehr, ihn zu halten. »Mach einfach. Mir ist egal, was«, murmelte ich. »Ich kann nicht mehr.«
Thea sah mich stumm an. Ohne ein weiteres Wort verließ sie das Wohnzimmer. Ich hörte sie nebenan, dann fiel die Haustüre zu. Ich hob den Kopf und sah aus dem Fenster. Sie schob ihr Fahrrad durch das Gartentor, stieg auf der Straße auf und fuhr davon. Sie würde nicht verschwinden, das wusste ich. Sondern wiederkommen.
Ich legte den Kopf auf den Tisch, spürte die Kühle des Holzes an meiner heißen Wange.
17. Kapitel
Ich war ins Bett gegangen. Irgendwann stand ich auf, um zur Toilette zu gehen und mir etwas zu trinken zu holen. Im Haus war es ruhig. Als ich erneut wach wurde, schien der Mond in mein Zimmer. Ich schaute ihm eine Weile zu, verfolgte seine Bahn, bis er hinter dem Fensterrahmen verschwand, schlief wieder ein.
Das nächste Mal öffnete ich die Augen kurz vor Mittag. Ich spürte in mich hinein, befand, dass ich ausgeruht war, und verließ mein Zimmer. Noch immer war kein Laut zu hören. Ich spähte durch alle Fenster, die in den Vorgarten führten, fand Theas Fahrrad aber nicht.
Nachdem ich im Bad war und mich angezogen hatte, frühstückte ich. Ich war hungrig. Ich musste fast 24 Stunden geschlafen haben. Konnte das sein? Und wo war Thea? War sie zwischenzeitlich hier gewesen? Wenn, dann hatte sie keine Spuren hinterlassen. Ich biss in mein Brot und malte mir aus, wie es wäre, wenn sie wegbliebe.
Euphorisch ging ich mit einer Tasse Kaffee in den Garten, schaute mich um. Es hatte sich viel verändert, seitdem Thea ihn umgestaltete. Überall wuchsen Sträucher, manche Blätter verfärbten sich bereits. Es waren bunte Beete entstanden, in denen neben späten Sommerblühern die ersten Herbstblumen ihre Knospen öffneten. Der Salat war längst geerntet, einige Tomatenstauden trugen noch Früchte. Der Apfelbaum, den Thea im Frühjahr geschnitten hatte, bog sich unter seiner Last.
Idylle und Ordnung, wie sie nie geherrscht hatten. Ich staunte darüber, wie freundlich mein Zuhause wirkte, wenn ich meine Sorgen für einen Moment vergaß.
Die Holzbank, die ich gezimmert hatte, stand in der Sonne. Sie sollte gestrichen werden, bevor Nässe und Kälte das Holz angreifen würden.
Ich betrat auf der Suche nach Lasur den Schuppen und blieb verwundert stehen. Auch hier war es ordentlich und übersichtlich, alles hatte einen Platz gefunden. Ich fand sofort eine Dose und den passenden Pinsel. Mit dem Stiel öffnete ich den Deckel, schüttelte die Flüssigkeit. »Reicht«, murmelte ich und nahm noch ein paar der alten Zeitungen mit, die im Schuppen darauf warteten, zum Container gebracht zu werden.
Während ich die Bank in dunkelbraune Farbe hüllte,
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