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Morgen wirst Du frei sein (German Edition)

Morgen wirst Du frei sein (German Edition)

Titel: Morgen wirst Du frei sein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Martini
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allerdings eine Einheit dar und ist damit irrelevant für uns. Klar wird sich ein Staatsanwalt daran hochziehen und dir unterstellen, dass du ein ganz Gerissener bist.«
    Er schaute auf. »Du weißt schon, das Argument mit der kriminellen Energie. Aber das haut ihm sogar ein frisch aus der Uni gestolperter Pflichtverteidiger um die Ohren.« Tom lachte. »Du hast dich zwar raffiniert angestellt, trotzdem aber saublöd, wenn ich das so sagen darf.«
    Ich sank tiefer in meinen Stuhl, verschränkte die Arme vor der Brust. Ich schämte mich. Und doch war ich elektrisiert von dem, was Tom so nüchtern ausführte. Das besaß eine andere Qualität als das, was Zecke und ich ausgebrütet hatten. Eine Tatsache aber blieb: Ich hatte meine Mutter getötet. Das sagte ich Tom, der abwinkte.
    »Das muss der Staatsanwalt beweisen.« Er beugte sich über den Tisch, schaute mir direkt in die Augen. »Es wird einem viel erzählt in den Polizeiwachen dieser Welt. Zum Beispiel, dass man einen Polizeibeamten nicht belügen darf. Oder dass man als Beschuldigter seine Unschuld beweisen muss.« Tom lehnte sich zurück, warf den Kugelschreiber auf den Block und lachte. »Bullshit.«
    Zecke rammte mir den Ellbogen in die Rippen. »Hey, das hört sich doch verdammt gut an, oder? Sag schon!«
    Ich nickte unsicher.
    »Natürlich muss sich ein Profi um so eine Sache kümmern, wie gesagt, bin ich lediglich ein besserer Laie«, fuhr Tom fort. »Du wirst einen echten Halunken als Anwalt brauchen. Erfahren, rücksichtslos und als Typ richtig fies, so muss ein Strafverteidiger sein, wenn er Erfolg haben will. Das, was im Fernsehen gezeigt wird, hat durchaus seine Entsprechung im realen Leben. Hier in München gibt es ein, zwei. Da kann ich für dich einen Kontakt herstellen.«
    Er schob die Unterlippe vor und verzog das Gesicht. »Allerdings stellt sich hier die Frage nach dem Honorar. Mit der Prozesskostenbeihilfe, die dir zusteht, wirst du nicht weit kommen. Die Kollegen sind sehr engagiert und werden für dich jedes Steinchen umdrehen, das ihnen in den Sinn kommt, aber sie lassen sich ihren Einsatz eben auch teuer bezahlen.« Er ließ seine Worte wirken. »Außer ...«
    »Außer?«, fragte Zecke rasch.
    »Außer der Fall ist interessant genug. Und damit meine ich nicht für den Juristen, sondern für die Medien.«
    Zecke warf mir einen Blick zu. »Das kriegen wir dann schon, nicht wahr, Chris?«
    Ich antwortete nicht. In meinem Kopf rauschte es, ein Schmerz arbeitete sich von der rechten Schläfe in Richtung Augen vor. Übelkeit stieg meine Kehle empor. Mein Gehirn schien sich abgeschaltet zu haben. Ich wusste nicht, was ich denken, was ich empfinden sollte. Erleichterung über das, was ich gehört hatte? Hatte Tom mir meinen Weg gezeigt? War Misstrauen angebracht oder gar Zweifel? Oder bestand Grund zur Euphorie?
    Ich war müde, verwirrt, verzweifelt. So stand ich wortlos auf, schwankte zur Tür, aus der Klinik, hinaus in die Nacht.
     

33. Kapitel
     
    Einige Tage später saß ich in einem mahagonigetäfelten Raum in einem tiefen Ledersessel vor einem leeren Schreibtisch, den ein Schwertransporter angeliefert haben musste. Dahinter thronte ein Mann, der die Personifizierung des Attributs ‚distinguiert‘ darstellte. Graues Haar, weißer, kurz gehaltener Vollbart, schwarze Augen. Die sonore Stimme verschaffte ihm Respekt, seine Worte wählte er ebenso sorgfältig, wie er die Pausen dazwischen setzte. Er hatte die Hände vor sich auf dem Tisch gefaltet, fixierte mich und forderte mich mit einem Nicken zum Weiterreden auf, wenn ich schwieg.
    Ich erzählte. Mittlerweile hatte ich etwas mehr Übung darin, die Ereignisse chronologisch zusammenzufassen, Relevantes von Unwichtigem zu trennen. Meine Emotionen hatte ich besser im Griff, wenngleich ich sie nicht unterdrücken konnte.
    Dr. von Hamm hörte zu. Als ich fertig war, schweiften seine Augen zu einem Bild, das hinter meinem rechten Ohr an der Wand hing. Es zeigte dunkle Hände in silbern glänzenden Handschellen, die durch ein Fenster eines roten Backsteinbaus gehalten wurden. Ich hatte es betrachtet, als ich den Raum betrat. Nun fesselte es das Interesse des Anwalts.
    »Hm«, kommentierte er meine Geschichte und kratzte sich den Bart. Selbst diese Geste wirkte nicht zufällig. Alles an diesem Mann schien einstudiert, auf Wirkung bedacht.
    »Klingt nicht uninteressant«, fuhr er fort, den Blick wieder auf mich fokussierend. »Ich werde den Fall mit meinen Partnern diskutieren. Sie erhalten dann

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