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Morgen wirst Du frei sein (German Edition)

Morgen wirst Du frei sein (German Edition)

Titel: Morgen wirst Du frei sein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Martini
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Gitarre, ein anderer blies auf seiner Mundharmonika.
    Und eines Tages brachte Zecke Susan mit.
     
    Als ich sie zum ersten Mal sah, verfiel mein Körper in wilden Aufruhr, während mein Gehirn seine Tätigkeit einstellte. Sogar ich, der diesbezüglich als blutiger Laie zu gelten hatte, begriff: Ich war verliebt. Hals über Kopf, auf den ersten Blick, vom Blitz getroffen oder wie immer man es bezeichnete. Das Ergebnis war, dass ich stammelnd, keuchend, schwitzend mit weichen Knien vor einer zierlichen Frau stand, die mir bis zur Schulter reichte. Sie schaute aus braunen, fast schwarzen Augen zu mir herauf, musterte mich nachdenklich und wandte sich dann an Zecke. »Ein Logopäde könnte helfen.«
    Zecke lachte laut auf und zog sie mit sich fort. Über die Schulter grinste er mich an und sagte zu Susan, ich sei bereits von allen Therapeuten als hoffnungsloser Fall aufgegeben worden.
    »Sobald er eine Frau sieht«, hörte ich ihn erklären, »schwillt sein Gehirn an und paff! fliegen ihm alle Sicherungen raus.«
    Susan prustete, warf mir einen Blick zu und antwortete dann gespielt ernsthaft, dass das nun wirklich ein Problem sei, für das es kaum Genesungsaussichten gebe. »Armer Kerl. Wir müssen sehr nett zu ihm sein!«
    »Das Gehirn. Ausgerechnet das Gehirn!«, kicherte Zecke.
    Später saßen wir auf Bastmatten am Feuer, schauten in die Glut und nippten an Bierflaschen. Wir hatten gegrillt, gegessen, gealbert und geredet. Nun waren wir still. Im Gras zirpten Grillen, hin und wieder war eine Mücke zu hören, die sich jedoch von der Hitze des Feuers vertreiben ließ. Ich spürte Susan neben mir sitzen, ihre Wärme, ihren Atem. Sie schien zu frösteln. Wie selbstverständlich legte ich meinen Arm um ihre Schultern, zog sie vorsichtig an mich.
    Sie ließ sich ziehen.
     
    Susan arbeitete als Zahnärztin in der Zahnklinik in der Goethestraße in München. Zecke hatte sie vor einigen Jahren kennengelernt, als er spät nachts mit dick geschwollenem Kiefer in die Notaufnahme gestolpert war, wo sie ihr Arztpraktikum absolviert hatte.
    »Wer mehr Angst hatte, sie oder ich, weiß ich nicht. Vermutlich hatten wir beide die Hosen voll. Klar, ein erfahrener Kollege stand daneben und kontrollierte, dass sie mir auch den richtigen Zahn aufbohrte. Wirklich getröstet hat mich das aber nicht. Susans Hände zitterten wie die einer Parkinsonpatientin. Am nächsten Tag musste ich wieder antreten, weil der Zahn ja offen geblieben war, damit der Eiter abfließen konnte. Da war sie ruhiger, was ich allerdings nicht so recht verstand, weil sie ja die Nacht davor in Zähnen rumgebohrt hatte und todmüde gewesen sein musste. Egal, ich lud sie für den Abend zum Essen ein. Beim Espresso schlief sie ein, den Kopf auf dem Tisch zwischen Serviette und Zahnstochern.«
    Zecke schüttelte sich vor Lachen, als er diese Geschichte erzählte. »Logisch hab ich mich sofort in sie verliebt, doch sie hatte null Interesse an mir. Ich sei ein toller Kumpel, aber zu crazy für eine Beziehungskiste. Tja, so wurden wir Freunde.«
    Er schwieg. Dann schaute er mir in die Augen. »Wenn du ihr weh tust, hast du ein ernsthaftes Problem mit mir.«
    Ich nickte.
     
    Wir sahen uns, so oft es uns möglich war. Ich holte Susan in der Mittagspause ab, ging mit ihr zur Theresienwiese, wo wir auf einer Bank saßen und Salat mit Plastikgabeln aus Plastikbechern aßen. Sie besuchte mich in dem Kabuff, das ich mein Büro nannte, und trank den grauenvollen Filterkaffee, den ich an meinem Schreibtisch aufgoss. Wir knutschten im Kino in der letzten Reihe, kuschelten uns in Susans Wohnung auf ihr mehrere Quadratmeter großes Sofa, schliefen miteinander in meinem neuen Bett.
    Wir taten, was Verliebte tun, erforschten uns, redeten viel, erklärten uns unsere Welten, hörten einander zu, waren glücklich. Wir führten eine ganz normale Partnerschaft. Meine erste.
     

45. Kapitel
     
    Irgendwann im Herbst, über den abgeernteten Feldern hing der beißende Rauch von brennendem Stroh, kam ein Brief von Thea. Sie erzählte vom Klinikalltag, berichtete von ihrer Therapie, ließ sich über Ärzte und Mitpatienten aus. Und sie bat mich darum, sie zu besuchen.
    Ich ließ die eng beschriebenen Seiten sinken.
    Thea. Ich hatte sie fast vergessen.
     
    »Verdammt, diese Frau macht mir Angst!«, gestand ich Zecke, den ich sofort angerufen hatte.
    Er seufzte. »Bleib ruhig, Chris! Sie kann dir nichts tun, dir nicht und Susan auch nicht. Ihr seid absolut sicher. Ich kenne die geschlossene

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