Morgen wirst Du frei sein (German Edition)
die mich schier zum Platzen brachte.
Susan saß auf dem Sofa und schaute mir zu. Hin und wieder schüttelte sie den Kopf, lachte und tippte sich mit dem Zeigefinger an die Stirn. »So einen durchgeknallten Vater kann ich meinem Kind nicht zumuten. Ich glaube, es ist besser, ich suche ihm einen anderen.«
Ich warf mich neben ihr auf den Boden, umfasste ihre Beine und flehte sie um Gnade an. »Sobald mein Kind den ersten Schrei getan hat, werde ich der seriöseste, verantwortungsvollste und liebevollste Vater der Welt sein«, schwor ich.
»Ich weiß«, flüsterte Susan, nahm meinen Kopf in beide Hände und küsste mich auf den Scheitel. »Ich weiß.«
Die nächsten Wochen fühlten sich für mich an, als schaute ich einen Film, der etwas zu schnell abgespielt wird. Ich hatte noch nicht begriffen, wie einschneidend die Veränderung sein würde, die meinem Leben erneut eine andere Richtung geben würde.
Mir gefiel diese Richtung, doch sie überforderte mich auch. Ich war glücklich und doch unsicher. Das würde sich geben, meinte Zecke. Er hatte kaum überrascht gewirkt, als ich ihm die Neuigkeit in unserer Stammkneipe bei einem Bier erzählte.
Susan und ich gingen gemeinsam zu den Untersuchungen, staunten darüber, wie rasch sich das Leben in Susans Bauch entwickelte, suchten nach dem perfekten Kinderwagen, fanden eine Krippe und begeisterten uns für Babykleidung. Ich hielt Schuhe in der Hand, deren Winzigkeit mir die Tränen in die Augen trieb.
Susan war weniger verstört als ich. Sie plante und organisierte die Zeit nach der Geburt. »Ich will so schnell wie möglich wieder arbeiten!«, erklärte sie. »Ich bin keine Hausfrau und Mutter, die jahrelang zu Hause bleibt. Ich liebe meinen Job!«
Mit ihrem Chef war bereits an dem Tag, als sie ihn informierte, alles geklärt. »In der Zahnklinik ist ein Kind kein Problem. Da ist jede Form von Teilzeit machbar. Die freuen sich, wenn jemand nachts und an den Wochenenden Dienste übernimmt. Und du wirst als Papa ohnehin voll mit eingespannt.« Sie boxte mich an die Schulter. »Buch schon mal einen Babypflegekurs an der VHS!«
Susan und ich waren uns einig, dass wir zunächst zu dritt in ihrer Dreizimmer-Wohnung Platz finden würden.
»Außerdem«, argumentierte ich, »haben wir das Haus in Kleinspornach. Wir können rausfahren, wann immer wir wollen. Ein Kind kann nicht besser aufwachsen als auf dem Land. Und wenn du uns mal loswerden möchtest, kommen wir auch ohne dich klar«, versuchte ich, meine strapazierten Nerven zu beruhigen.
»Du willst ein Baby stillen? Darauf bin ich schon sehr gespannt!«, lachte Susan.
Verlegen grinste ich. »Na ja, später dann. Ich meine ... Wie lange stillt man denn?«
Susan knuffte mich in den Bauch. »Es dürfte ausreichend sein, wenn du Wickeln und Baden beherrschst. Und Spazierengehen. Und eine gewisse Lärmresistenz solltest du möglichst bereits im Vorfeld entwickeln. Damit wird mir mehr geholfen sein.«
Ich nickte eifrig. »Alles, was du willst!«
46. Kapitel
Susans Bauch wölbte sich. Ich war begeistert von dem Leben, das sich darin entwickelte. Jedes Ultraschallbild scannte ich ein und archivierte es sorgfältig, um es immer wieder ansehen zu können. Ich kaufte ein Stethoskop und hörte unserem Baby beim Wachsen zu.
Täglich suchte ich im Internet nach Dingen, die man als werdende Eltern wissen musste und brauchen würde. Ich diskutierte mit Zecke die Farbe der Tapete, die das Kinderzimmer schmücken sollte - Susan hatte genervt abgewunken -, plante bereits eine Modelleisenbahn und begann unbeholfen mit dem Schnitzen von Mobiles, die ich über dem Babybett anbringen wollte.
Susan war nervös und lärmempfindlich geworden. Wir verbrachten viel Zeit in meinem Haus, wo die Stille nur durch Vogelgezwitscher und hin und wieder durch Traktorgeräusche unterbrochen wurde, und Susan lange Spaziergänge durch die Wälder machen konnte.
Ich ließ sie in Ruhe und fuhr in die Stadt, um einzukaufen und an Susans Auto Winterreifen aufziehen zu lassen.
»Auf dem Land brauchst du Grip! Wenn es mal schneit, kommst du mit deinen bestenfalls großstadttauglichen Allwetterreifen nicht weit«, hatte ich sie belehrt.
Sie hatte nur genickt, mir den Autoschlüssel überlassen und sich mit mehreren Wolldecken, einer Tasse Tee und einem Buch auf einem der Sitzsäcke zusammengerollt.
Ich wartete, in einer alten Zeitschrift blätternd, beim Reifendienst darauf, dass der Werkstattmeister von der Probefahrt zurückkehrte, als
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