Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Morgen wirst du sterben

Morgen wirst du sterben

Titel: Morgen wirst du sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gina Mayer
Vom Netzwerk:
ein anderes Thema. Annette Sonnabend hat einen Sohn, von dem offenbar keiner was weiß. Das ist ja wohl der Hammer.«
    »Das ist V«, sagte Sophia.
    »Er ist ungefähr in meinem Alter«, sagte Philipp. »Also ist er aus der Ehe mit Werner.«
    »Oder ebenfalls von Jochen«, meinte Julie.
    »Noch ein Bruder. Ach, du liebe Scheiße!«
    »Jochen hat uns anerkannt, diesen Sohn aber nicht«, sagte Julie.
    »V!«, rief Sophia. »Natürlich. Das ist die römische Fünf. Er ist das fünfte Kind, das will er uns damit sagen.«
    »Da könnte was dran sein«, sagte Moritz.
    »Und deshalb will er uns töten? Wir sind doch nicht schuld an der Sache. Warum bringt er nicht einfach Jochen um?«, fragte Julie.
    »Er will, dass Jochen leidet. Er will, dass er miterlebt, wie seine Kinder sterben, eins nach dem anderen. Er soll verrückt werden vor Angst und Schmerz«, meinte Philipp.
    »Wie Annette«, sagte Sophia. »Gott spart das Unglück des Gottlosen auf für dessen Kinder.«
    »Er vergelte es ihm selbst, dass er’s spüre«, ergänzte Philipp. »Das macht Sinn, stimmt.«
    »Und jetzt?«, fragte Sophia.
    »Müssen wir die Polizei informieren«, meinte Julie. »Die Sache ist klar, wir haben endlich was in der Hand.«
    »Was haben wir denn in der Hand?« Philipp runzelte die Stirn. »In der Wohngruppe wissen sie nichts von Annettes Sohn. Wenn er wirklich V ist, hat er seine Spuren gründlich verwischt.«
    »Es gibt doch Melderegister«, sagte Moritz.
    »Ich wette mit dir, dass er seinen Namen geändert hat. Und bevor die Polizei ihn findet, findet er uns«, erklärte Philipp. »Und da ist noch was anderes: Ich bin mir ganz sicher, dass das mit dem Mietwagen nicht der letzte gefakte Hinweis ist. V hat bestimmt noch mehr in petto. Womöglich manipulierte Fotos oder Dokumente, die beweisen, dass wir uns die Entführung und die Erpressung ausgedacht haben. Er ist uns immer einen Schritt voraus.«
    »Aber heute ist der 2. Juli«, sagte Sophia. »V’s großer Tag der Rache. Und er hat keine Ahnung, wo wir sind. Das ist unser Vorteil.«
    »Hoffen wir mal, dass er keine Ahnung hat«, meinte Moritz. »Hier wird ja ständig telefoniert. Und mit jedem Anruf hinterlassen wir Spuren.«
    »Wir sind zu viert. Wenn wir zusammenhalten, kann uns nichts passieren«, erklärte Sophia.
    »Apropos zusammenhalten – ich geh jetzt wieder in mein Zimmer«, sagte Julie. »Mir geht’s immer noch nicht so gut, ich leg mich wieder hin.«
    »Ist okay«, sagte Philipp. »Aber lass die Rollläden unten. Sicher ist sicher.«
    »Du bist immer so herrlich aufbauend, Philipp. Jetzt krieg ich bestimmt kein Auge zu, weil ich bei jedem Windstoß denke, dass V an den Läden rüttelt. Aber keine Angst, die Dinger bleiben unten. Macht auch keinen Unterschied, draußen wird es heute ohnehin nicht mehr hell.«
    »Ist schon komisch«, meinte Philipp, als Julie weg war. »Mein ganzes Leben lang hab ich keinen Vater gehabt, und auf einmal bestimmt er mein ganzes Leben.«
    »Ich frag mich bloß, wo er ist«, meinte Sophia. »Wo V ihn versteckt. Oder ob er ihn schon …« Sie unterbrach sich.
    »Er hat ihn nicht umgebracht«, sagte Moritz. »Philipp liegt sicher richtig: V will, dass Jochen mitbekommt, wie wir sterben. Das ist sein Plan.«
    »Und das wird ihm nicht gelingen«, fügte Philipp finster hinzu.
    Moritz ging zum Fenster und blickte in den Garten. »Das Ganze ist irgendwie so unwirklich«, murmelte er. »So absurd.«
    »Geh lieber vom Fenster weg!«, sagte Sophia nervös.
    »Meinst du, er schießt auf mich?« Moritz lachte, aber er trat trotzdem einen Schritt zurück.
    »Ich würd ihn gerne mal kennenlernen«, sagte Philipp.
    »Wen? Diesen V?«
    »Jochen.«
    »Das wirst du«, sagte Moritz. »Ganz bestimmt.«
    Es war, als ob alle Uhren im Haus stehen geblieben wären. »Erst zwölf«, stöhnte Moritz. »Ich dachte, es ist mindestens schon vier oder fünf.«
    »Vielleicht ist das ja V’s Taktik«, meinte Sophia. »Dass wir vor Langeweile sterben. Wenn wir wenigstens raus könnten.«
    »Bei dem Wetter?« Der Regen klatschte wieder gegen die Scheiben.
    »Will noch jemand einen Kaffee?«, fragte Philipp.
    »Ich nicht, danke. Der kommt mir schon zu den Ohren raus«, sagte Moritz.
    »Was ist mit Mittagessen?«
    »Keinen Hunger.« Sophia gähnte. »Ich frag mich, ob V sich noch mal bei Mama gemeldet hat. Wegen dem Lösegeld.«
    »Selbst wenn. Zur Übergabe wird er nicht auftauchen«, sagte Philipp. »Es geht ihm nicht um Geld.«
    Sophia fand ein Monopolybrett im Schrank.

Weitere Kostenlose Bücher