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Morgen wirst du sterben

Morgen wirst du sterben

Titel: Morgen wirst du sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gina Mayer
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nicht mit Vivian.«
    »Aber du wolltest ihr doch …« Nach einem Blick in Philipps Gesicht unterbrach sich Marcel. »Wie willst du ihr das erklären?«
    »Keine Ahnung.« Das Bohrgeräusch in Philipps Kopf wurde noch lauter. Philipp steckte sich die Finger in die Ohren, aber das half nichts, das Geräusch kam ja nicht von außen, es war in ihm drin. »Kannst du nicht mit ihr reden?«
    »Ich?« Marcel riss die Augen weit auf. »Ich kenn sie ja kaum. Was soll ich ihr denn sagen?«
    »Sag ihr … mir geht es nicht gut. Ich hab mir den Magen verdorben.« Iiiiiiiiaaaiiiiii, machte der Zahnarztbohrer. »Nee, sag ihr, ich hab Migräne. Sie soll mich nicht anrufen, ich leg mich hin. Und ich meld mich, wenn’s mir besser geht.«
    Marcel wirkte jetzt wirklich besorgt. »Migräne«, wiederholte er. »Und das soll sie dir abkaufen?«
    »Ich hab das öfter.«
    Marcel zuckte die Schultern. »Sag mal, Philipp, was ist denn wirklich los? Hier geht’s doch nicht um eine blöde SMS von einem Kunden. Da steckt doch mehr dahinter.«
    Natürlich steckte da mehr dahinter. Yasmins Titten steckten dahinter und ihr Hintern und ihre ein Meter zwanzig langen, braun gebrannten Beine. Aber das konnte er Marcel nicht sagen, jedenfalls nicht jetzt.
    »Bitte, Marcel«, sagte er. »Sie sitzt wahrscheinlich schon im Amadeo und wartet auf mich.« Er kramte zwei Fünfzigeuroscheine aus der Tasche. »Hier, lad sie zu einem Crémant ein und esst was auf meine Kosten.«
    Marcel schob seine Hand mit den Geldscheinen zurück. »Lass das, bist du bescheuert?« Er wirkte nun wirklich sauer. »Also gut, ich red mit ihr. Obwohl mir die Sache nicht gefällt.«
    »Danke.« Philipp suchte nach Worten. »Nimm wenigstens die verdammte Kohle. Dann fühl ich mich nicht ganz so scheiße.«
    Marcel grinste, aber es wirkte alles andere als fröhlich. »Manche Dinge kann man mit Geld nicht regeln. Aber ist schon okay. Ich kümmere mich um Vivian. Soll ich dich nachher noch anrufen, wie es gelaufen ist, oder willst du mit mir auch nicht sprechen?«
    Nein, dachte Philipp. Ich will mit keinem mehr reden. Lasst mich alle in Ruhe.
    »Doch, klar«, sagte er stattdessen. »Ruf mich an.«

F rau Heimann will Mama unbedingt sagen, dass ich zum dritten Mal die Hausaufgaben vergessen habe. Deshalb muss ich mit ihr im Klassenzimmer warten, bis Mama mich abholen kommt. Aber als Mama kommt, merke ich sofort, dass sie nicht mit Frau Heimann reden will.
    Ich habe jetzt überhaupt keine Zeit, sagt sie. Wir müssen los.
    Dann kommen Sie in meine Sprechstunde, sagt Frau Heimann. Aber wirklich.
    Natürlich, sagt Mama, aber Frau Heimann glaubt ihr nicht, das sieht man ihr an.
    Mama zieht mich am Arm aus dem Klassenzimmer, ich vergesse meine Jacke am Kleiderhaken, so eilig hat sie es wegzukommen.
    Was ist denn los, wo müssen wir denn hin?, frage ich sie, während wir in die Trambahn springen und eine Station später schon wieder raus und in eine andere Bahn.
    Wir müssen hier weg, sagt Mama. Sie sind wieder hinter uns her. Und läuft mit mir ins Einkaufszentrum, bei C&A rein, die Rolltreppe hoch in den ersten Stock, da verstecken wir uns in einer Umkleidekabine.
    Du musst ganz ruhig sein, flüstert sie. Sie dürfen uns nicht finden, sie dürfen uns auf keinen Fall finden.
    Wer?, will ich fragen, aber sie hält mir den Mund zu, und wir bleiben eine lange Zeit in der Umkleidekabine, eine Stunde oder zwei oder so.
    Es ist der einzig sichere Ort in der ganzen Stadt, flüstert Mama.
    Wir warten und warten, bis eine Verkäuferin kommt und sagt, dass wir wieder rausmüssen. Und Mama fängt an zu weinen und die Verkäuferin will wissen, was los ist, und alle Leute gucken, und dann kommt der Chef der Verkäuferin, und dann rufen sie die Polizei.
    Und die Polizei ruft Dad an, der kommt und holt uns da ab.
    Was ist denn bloß los?, fragt er, als wir endlich zu Hause sind.
    Aber Mama ist schon am Telefon und bestellt Pizza für alle. Dreimal Pizza-Salami, das ist unsere Lieblingssorte, sagt sie und lacht. War doch alles nur Spaß.

4
    Ihr glaubt, ihr seid mich los. Aber ich vergesse euch nicht. Ich bin bei euch alle Tage bis zum 2. Juli.
    Das war die E-Mail, die Sophia bekommen hatte. Die Nachricht kam von Sarah, da war sich Sophia ganz sicher. Sarah Volker. Dass sie nicht unterschrieben hatte, passte zu ihr. Sie hatte immer versucht sich unsichtbar zu machen. Aber das war ihr nicht gelungen. In der Fünften hatten die Jungs sie immer mit ihrem Nachnamen angesprochen. Volker, ein Jungenname, das

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