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Morgen wirst du sterben

Morgen wirst du sterben

Titel: Morgen wirst du sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gina Mayer
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rauszugehen?«, fragte Philipp.
    Ein Windstoß fuhr durch den Garten, riss einen Ast von einem Apfelbaum, fegte Blätter durch die Luft und blies die Zweige der Johannisbeersträucher auseinander. Dahinter stand ein Mann.
    Sophia schrie erschrocken auf.
    »Was ist denn jetzt los?« Philipp stand sofort neben ihr.
    »Da ist jemand. Da draußen, hinter den Beerensträuchern. Ich bin mir ganz sicher.«
    Moritz stand jetzt auch am Fenster.
    »Wo?«
    Die Zweige hatten sich wieder geschlossen. Der Typ war weg.
    »Da war jemand, hundertpro. Ein Mann.«
    »Wie sah er denn aus?«, fragte Philipp.
    »Groß. Er trug eine Mütze. Eine dunkle Jacke. Sonst konnte ich nichts erkennen.«
    Philipp nickte und ging zur Tür.
    »Was hast du denn vor?«, rief Moritz.
    »Ich geh raus. Nachsehen.«
    »Warte, ich komm mit!«
    »Nee, lass mal! Du bleibst hier bei den Mädchen.«
    Dann war er weg und tauchte im Garten wieder auf. Der Regen prasselte auf seine Schultern, seinen Kopf, seinen gebeugten Rücken. Innerhalb weniger Sekunden war er völlig durchnässt. Er rannte zwischen den Bäumen auf und ab, drehte sich schließlich zu Sophia um und hob beide Arme.
    »Da ist niemand«, sagte Moritz.
    »Da war jemand«, sagte Sophia. Aber richtig sicher war sie sich inzwischen auch nicht mehr.
    Während Philipp eine heiße Dusche nahm, begann Moritz Abendessen zu kochen. Spaghetti bolognese. Das war das einzige Gericht, das er beherrschte.
    »Soll ich dir helfen?«, fragte Sophia und war erleichtert, als er den Kopf schüttelte. Sie ging in ihr Zimmer, schaltete ihr Handy ein und wählte Felix’ Nummer.
    Ganz schnell, bevor ihr Bedenken kommen konnten.
    »Hallo?«
    »Felix? Hier ist Sophia.«
    »Sophia.« Seine Stimme war so warm und tief. So erfreut. Als habe er die ganze Zeit nur darauf gewartet, dass sie ihn anrief.
    »Wir … ich bin für ein paar Tage weggefahren. Aber ich hab deine Mail gelesen und wollt mich mal melden.«
    »Wo steckst du denn?«
    »Am Meer. Im Regen.« Sie machte das Fenster auf und hielt ihr Handy davor. »Hörst du das?«
    »Da hättest du auch hierbleiben können. Hier schüttet es genauso.«
    »Du wolltest mit mir reden.«
    »Ich wollte dich sehen.«
    Ich wollte dich sehen. Wie schön das klang. Wie gut das tat. Sie spürte seine Stimme wie eine Berührung, ein Finger, der von ihrem Ohrläppchen über ihre Wange zu ihrem Mund glitt.
    »Warum jetzt plötzlich? Du hast dich wochenlang nicht bei mir gemeldet.«
    »Ich weiß. Mir ging es nicht gut.«
    »Was war los?«
    »Ich hab mich von meiner Freundin getrennt.«
    Warum hast du dich von ihr getrennt?, dachte Sophia. Bestimmt nicht wegen mir. Oder doch?
    »Das tut mir leid.«
    »Wirklich?«
    »Nein.«
    Er lachte.
    »Ich wusste gar nicht, dass du mit jemandem zusammen warst.«
    »Nee, das hab ich ja auch geschickt verschwiegen. Ehrlich gesagt hat unsere Beziehung schon länger nicht mehr richtig funktioniert. Und jetzt ist eben Schluss.« Sophia musste an Philipp denken, der sich auch von seiner Freundin getrennt hatte. Zeit des Abschieds. Zeit des Neubeginns. Des einen Freud ist des anderen Leid, sagte ihre Mutter immer.
    »Das wolltest du mir erzählen?«, fragte sie.
    »Ich dachte, es interessiert dich.«
    »Und sonst?«
    »Sonst gibt es nichts mehr zu sagen. Aber wenn du jetzt hier bei mir wärest oder wenn ich dort bei dir wäre, dann würde ich dir etwas zeigen.«
    Im Hintergrund hörte sie Musik. Was wollte er ihr zeigen? Seine Worte wühlten sie auf, sie bohrten und suchten etwas und fanden es nicht. Sophia klemmte das Handy zwischen Schulter und Kinn und schlang ihre Arme um ihren Körper und hielt sich selbst fest.
    »Was würdest du mir zeigen?«, fragte sie mit heiserer Stimme.
    Er lachte wieder. »Komm her, dann siehst du’s.« Wieder war die Musik zu hören.
    »Wo bist du eigentlich?«
    »Auf einer kleinen Kirmes. Ein Kettenkarussell, ein paar Schießbuden, ein Losverkäufer. Und gerade hat es aufgehört zu regnen. Die Sonne scheint. Wir könnten zusammen eine Runde Karussell fahren.«
    »Wie romantisch. Aber mir wird immer schlecht vom Karussellfahren. Wenn du hier wärst, könnten wir im Regen an den Strand gehen. Und auf den Leuchtturm steigen und runterspucken.«
    »Einen Leuchtturm hast du auch?«
    »Besser als ein Kettenkarussell, oder?«
    »Viel besser. Sag mir, wo du bist und ich komme.«
    Sie zögerte. »Übermorgen«, sagte sie dann.
    Er schwieg einen Moment lang. War er gekränkt?
    »Ist es wegen dieser Drohmails? Bist du deshalb weg? Oh Mann,

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