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Morgengrauen

Morgengrauen

Titel: Morgengrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Ummenhofer , Alexander Rieckhoff
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verdächtig. Und die mit den Neoprenanzügen mussten ihren nackten Oberkörper zeigen – wahrscheinlich wegen möglicher Kratzspuren.«
    »Speichelprobe«, wiederholte Hummel. »Klar, Verena hat bei ihrem Widerstand den Täter verletzt. Sicher haben sie unter ihren Fingernägeln Hautfetzen gefunden. Das heißt, sie haben die Täter-DNA und gleichen sie jetzt mit der DNA aller möglichen Verdächtigen ab.« Er fuhr auf die B 33. Sie befanden sich jetzt direkt oberhalb Villingens.
    Während Burgbacher sich beschwerte, ob er denn der Einzige »in diesem Kaff« sei, dem die Kultur am Herzen liege, war Klaus wieder an der Reihe: »Apropos Speichelprobe. Müsste an dem Brief, den Verena bekommen hat, nicht auch Speichel sein? Zumindest am Umschlag – oder? Ich jedenfalls lecke die Gummierung der Briefumschläge selbst ab, bevor ich sie zuklebe.«
    »Wir müssen das untersuchen lassen«, stimmte Hubertus zu. »Gib deinem pensionierten Kommissar nicht nur den Brief, sondern auch den Umschlag!«
    Der Rückweg führte die Freunde, nachdem sie den immer noch wutschnaubenden Edelbert abgesetzt hatten, an der Villinger Geschäftsstelle des Kuriers vorbei. Klaus ließ sich bei den zuständigen Damen im Erdgeschoss die Antworten auf die Chiffreanzeige VL – 04 887 zeigen. Schließlich hatte er sich autorisieren lassen, diese abzuholen.
    »Glück gehabt, Klaus«, grinste die Geschäftsstellendame und überreichte ihm nach einigem Kramen einen Packen mit mindestens zwanzig Briefen.
    »Und das am ersten Tag nach Erscheinen der Anzeige«, stöhnte Hummel.
    Noch im Auto öffnete er die ersten Umschläge. Auch Klaus konnte sich kaum auf den Verkehr konzentrieren und schielte immer wieder zum Beifahrersitz, wo Hubertus die Zuschriften kommentierte: »Schleimer!« Und beim Nächsten: »Ha! Das ist ja ein Analphabet.«
    In den zehn Minuten Fahrzeit waren es ein Dutzend Briefe, mit denen sich Hubertus beschäftigte. Die meisten versuchten, damit zu punkten, dass sie per Brief und nicht mit einer Mail antworteten – weil das doch viel romantischer sei. Hummel war nicht völlig frei von Eifersucht. Diese Männer wollten sich immerhin mit seiner Frau treffen.
    »Hör dir das mal an, Klaus«, sagte er kopfschüttelnd. »Meine Blume, ich praktiziere seit zwölf Jahren Tantra.« Er senkte den Brief. »Ferkel!« Hubertus las weiter: »Außerdem höre ich täglich in der Badewanne meine CDs mit Gesängen der Buckelwale.«
    Klaus lachte: »Das mit der Meditationserfahrung hätte Elke in der Anzeige besser weggelassen.«
    Der Kadett stand nun schon vor Hummels Haus, doch die Freunde konnten kaum von den Briefen lassen. »Hier hat einer einen tabellarischen Lebenslauf angegeben«, sagte Hubertus: »1995 – 1998: Umstellung auf makrobiotische Ernährung, 1999 – 2003: Verkraften einer Beziehungskrise.«
    »Au, Mann!«, stöhnte Klaus.
    Drinnen saßen Elke und Martina am Küchentisch. Wenn Hubertus die Räucherstäbchenatmosphäre richtig deutete, handelte es sich um ein Mutter-Tochter-Gespräch: »Hallo, Schatz: Martina wird unter Wasser gebären«, verkündete Elke stolz, als Hubertus zur Tür hereinkam.
    Dem fehlte erwartungsgemäß das Verständnis, wobei seine Toleranz durch die Lektüre der zahlreichen Briefe eher noch verringert worden war: »Willst du dein Neugeborenes ersäufen? Ist das jetzt die moderne Version von Abtreibung? Haben euch die Räucherstäbchen das Hirn vernebelt?
    Zwar hatte er in seiner Studentenzeit mehrfach Listen für ein Recht der Frauen auf freie Abtreibung unterschrieben – schließlich war damals der Paragraf 218 heiß diskutiert worden. Und bei einigen Studentinnen war das gut angekommen. Von »Mein Bauch gehört mir«-Slogans hielt er allerdings schon viele Jahre nichts mehr. Und sosehr er über die Nachricht der Schwangerschaft und den potenziellen Vater entsetzt gewesen war: Klammheimlich freute er sich mittlerweile schon auf das Kind.
    Die yogaerfahrene Elke blieb angesichts der Hummel’schen Ausbrüche ruhig: »Ach, Schatz, Abtreibung wäre doch ganz schlecht für Martinas Karma. Nein, das ist eine total sanfte Geburtsmethode – schade, dass das damals noch nicht möglich war.«
    Dann fiel ihr Blick auf die Briefe – und ihre Miene änderte sich: »Sind das die Antworten auf meine Anzeige? Also, das finde ich wirklich nicht gut, dass du da schon welche geöffnet hast. Das sind persönliche Dokumente.«
    Zehn Minuten später saßen Elke, Martina, Hubertus und Klaus um den Küchentisch und

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