Morgengrauen
zurechtgemacht hatte. Ein Hauch von Lippenstift und dezent Kajal – genau der Geschmack von Hubertus. Doch der hatte sich heute zurückzuhalten: Schließlich würde sich Elke in einer guten Stunde mit einem anderen Mann treffen.
Das Telefonat am gestrigen Abend war zur vollsten Zufriedenheit von Hubertus und Klaus verlaufen. Der Mann, der den seltsamen Namen Pehar trug, hatte sich schon für den nächsten Tag zu einem Treffen bereiterklärt. Er hatte Elke sogar eingeladen – und zwar auf das Zelt-Musik-Festival, das alljährlich vor den Toren Freiburgs stattfand. Dort sollte am Abend der Gitarrist Pat Metheny auftreten – unterstützt von einem Freiburger Kinderchor.
Um neunzehn Uhr sollten sie sich dort beim indischen Spezialitätenstand treffen. Auf Elkes Frage, wie sie sich denn erkennen würden, hatte Pehar gesagt: »Meine Liebe, unsere Seelen werden sich erkennen.«
Es war eine außerordentlich schöne Fahrt durch den Schwarzwald. Hubertus fühlte sich einmal mehr an seine Studienzeit erinnert, in der er diesen Weg von Villingen nach Freiburg häufig gewählt hatte. Über Herzogenweiler ging es, später durch Hammereisenbach und Urach, dann auf die »Kalte Herberge«, wo sich im Winter unzählige Skifahrer tummelten und jetzt braun-weiß gefleckte Kühe grasten.
»Herrlich«, schwärmte Hubertus, als sie dort auf die von Furtwangen kommende B 500 abbogen. »Mal ehrlich: Welche Landschaft kann es mit dem Schwarzwald aufnehmen? Keine. Satte grüne Wiesen, dichte Tannen, einsame Schwarzwaldhöfe und eine phantastische Sicht.«
Diese hohe Meinung vom Schwarzwald schienen auch andere zu haben, wie sich auf den nächsten Kilometern herausstellte: Hannoveraner, Berliner, Magdeburger und Bottropper, die vor ihnen ein durchaus gemächliches Tempo an den Tag legten.
Riesle gab Vollgas, während er die nicht gerade einfache Strecke, den »Spirzen«, hinunterbrauste, auf der es zu einem guten Teil keine Fahrbahnmarkierungen gab und die sich in Serpentinen ein enges Schwarzwaldtal hinunterschlängelte.
Kerstin war sauer: »Nicht so schnell, Klaus!«
»Hier geht es um die Aufklärung der Morde an deinen Freundinnen. Freu dich lieber über unser Engagement«, gab der zurück. So ganz schien die Beziehung zwischen den beiden noch nicht wieder im Lot zu sein, doch Kerstin blieb die Antwort schuldig und übte sich in einer von Elke erlernten Entspannungstechnik.
Tatsächlich hatte Riesles Fahrweise den Vorteil, dass sie sehr zügig nach Freiburg kamen. Riesle raste, die »Lärmschutz«-Verkehrsschilder ignorierend, durch die Tunnel vor den Toren der Stadt. Einen Strafzettel hätte er sich damit redlich verdient, wie Kerstin meinte. Nachdem sie einmal quer durch Freiburg gefahren waren, kamen sie um zehn vor sieben auf dem Parkplatz des Zelt-Musik-Festivals am auch als Tierpark bekannten Mundenhof an.
»Fünf Euro für einen Parkplatz – das ist Piraterie«, schnaubte Hubertus.
»Wären Sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln gefahren …«, gab der Ordner zurück.
Freiburg eben.
Hubertus instruierte Elke derweil zum ungefähr fünften Mal. »Schatz – keine Angst, wir sind bei dir. Verwickle ihn unauffällig in ein Gespräch über das Schwimmen in Freibädern oder über die Schwenninger Fachhochschule. Sei aber vorsichtig.«
»Wenn er keine Kratzspuren im Gesicht hat, müsstest du mal sehen, ob du auf den Armen oder dem Oberkörper welche findest«, meinte Klaus.
»Soll sie ihm etwa das Hemd ausziehen?«, fragte Hubertus missmutig. Mit seinen Krücken tat er sich schwer, auf dem Weg vom Parkplatz zum Eingang mitzuhalten.
Klaus drückte Elke noch einen Prospekt des Villinger Innenhof-Festivals in die Hand. Den sollte sie Pehar unter einem Vorwand zeigen, um an seine Fingerabdrücke zu kommen.
Elke nickte artig und verstaute das Faltblatt in ihrer Handtasche.
Doch Klaus war noch nicht fertig: »Achte unbedingt darauf, welches Profil seine Schuhe haben. Und am besten wäre es, wenn du auch eine DNA-Probe von ihm bekommen würdest. Vielleicht ein Haar oder noch besser: Speichel.«
Elke sah ihn nur fassungslos an.
Sie ließen ihr dreißig Meter Vorsprung – schließlich sollte sie nicht in Begleitung gesehen werden.
»Wie wollt ihr sie denn beschatten, wenn sie im Zelt beim Konzert sind?«, fragte Kerstin.
Ein berechtigter Einwand: »Wir … wir müssen uns eben eine Karte kaufen, und einer von uns geht dann mit hinein«, sagte Hummel unschlüssig. »Für die Sicherheit meiner Frau ist mir nichts zu
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