Morgenlied - Roman
wütend auf mich bin, weil ich mich in dich verliebt habe und dir sogar hypothetische Heiratsanträge mache.«
»Ja, schade drum.« Sie zuckte mit den Schultern.
»Okay. Aber auch ich kann in kürzester Zeit ziemlich
viel nachdenken. Das ist eine meiner hervorstechendsten Fähigkeiten. Erzähl mir nichts vom großen Bild und warum ihr alle drei schwanger seid - das ist Blödsinn, Cybil. Hier geht es nur um dich und mich. Also hör gut zu, Cybil.«
»Das fiele mir leichter, wenn du dich kurz fassen würdest.«
»Anscheinend habe ich dir mehr zu sagen, als ich gewöhnt bin. Dieses Kind ist ebenso meins wie deins. Wenn ich den siebten Juli überlebe, wirst du dich damit abfinden müssen. Wir, nicht nur du, werden ihm die Welt zeigen und ihn hierher zurückbringen. Wir werden ihm das beste aller Leben bereiten. Wir werden eine Familie sein. So wird das laufen.«
»Ach ja?« Ihre Stimme zitterte ein wenig, aber sie hielt seinem Blick stand. »Wenn das so ist, musst du mir aber einen richtigen Heiratsantrag machen.«
»Das regeln wir nach dem siebten Juli.« Er trat zu ihr, strich ihr über die Wange und legte dann vorsichtig seine Hand auf ihren Bauch. »Das haben wir beide nicht gesehen.«
»Anscheinend haben wir nicht richtig hingeguckt.« Er drückte seine Hand ein wenig fester auf ihren Bauch. »Ich liebe euch.«
Sie verstand, dass er damit sowohl sie als auch das Kind meinte, und legte ihre Hand über seine. »Ich liebe euch.«
Als er sie hochhob, lachte sie unter Tränen. Sie sanken aufs Bett und hielten sich eng umschlungen.
Am Morgen stand er am Grab seines Vaters. Es überraschte ihn, wie viele Leute gekommen waren. Nicht nur seine Freunde, sondern auch Leute aus der Stadt, von denen er manche nur vom Sehen kannte. Mechanisch ließ er die Beileidsbekundungen über sich ergehen.
Dann stand Cy Hudson vor ihm und schüttelte ihm mitfühlend die Hand. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich habe mich noch ein paar Tage vorher mit Bill unterhalten... Ich weiß nicht, was passiert ist. Ich kann mich nicht mehr genau erinnern.«
»Es spielt keine Rolle, Cy.«
»Der Arzt sagt, es liegt wahrscheinlich daran, dass ich einen Schlag auf den Kopf bekommen habe. Vielleicht, vielleicht hatte Bill ja einen Gehirntumor oder so! Du weißt doch, dass Leute dann manchmal Dinge tun, die sie nicht tun wollen...«
»Ich weiß.«
»Na ja, auf jeden Fall hat Jim gesagt, ich soll mit meiner Familie auf die Farm zu den O’Dells ziehen. Es kommt mir ja verrückt vor, aber im Moment scheint alles ein bisschen verrückt zu sein, also mache ich es wohl. Wenn du, na ja, du weißt schon, wenn du etwas brauchst...«
»Ja, danke.« Gage blickte dem Mörder seines Vaters nach, als er wegging.
Jim Hawkins trat neben ihn und legte ihm den Arm um die Schultern. »Ich weiß, dass du schlimme Zeiten hinter dir hast. Aber hier hast du das Richtige getan. Das Richtige für alle.«
»Du warst mehr wie ein Vater für mich als er.«
»Das wusste Bill.«
Brian und Joanne kamen zu ihm. »Bill hat in den letzten Wochen viel auf der Farm geholfen«, sagte Brian. »Ich habe ein paar Werkzeuge und Sachen von ihm da draußen, wenn du sie haben willst.«
»Nein. Behalt sie.«
»Er hat viel geholfen«, sagte Joanne zu Gage. »Am Ende hat er getan, was er konnte. Das allein zählt.« Sie küsste Gage. »Pass gut auf dich auf.«
Schließlich waren sie nur noch zu sechst. Der Hund saß geduldig zu Cals Füßen.
»Ich habe ihn eigentlich kaum gekannt. Nur so, wie er war, nachdem meine Mutter gestorben war. Aber den Mann, den ich gerade beerdigt habe, habe ich kaum gekannt. Ich weiß auch nicht, ob ich es gewollt hätte. Er ist für mich - für uns - gestorben. Wahrscheinlich macht das alles wett.«
Was er spürte, war nur der Schatten eines Gefühls der Trauer. Aber es war genug. Er ergriff eine Handvoll Erde und ließ sie auf den Sarg rieseln. »So, das war es.«
Cybil wartete, bis sie wieder ins Cals Haus waren. »Ich muss etwas mit euch besprechen.«
»Ihr bekommt alle Drillinge.« Fox ließ sich auf einen Stuhl sinken. »Das würde das Fass zum Überlaufen bringen.«
»Soweit ich weiß nicht. Nein, es ist etwas anderes, das ich jetzt endlich ansprechen muss. Wir brauchen Gages Blut.«
»Ich brauche es im Moment aber selbst noch.«
»Du kannst bestimmt ein bisschen erübrigen. Wir müssen auch Cals und Fox’ Familien Antikörper geben, weil sie in gewisser Weise auch an vorderster Front kämpfen. Deine Antikörper«, erklärte
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