Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Morgenrötes Krieger

Morgenrötes Krieger

Titel: Morgenrötes Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. A. Foster
Vom Netzwerk:
und macht sich dabei nicht mehr Gedanken als bei der Neueinrichtung seines Badezimmers. Eure Wissenschaftler haben geistloser mit den kosmischen Grundprinzipien gespielt als ein Kind mit dem berühmten Knopf, der die Atombombe hochgehen läßt. Nützlichkeitsdenken! Forscherdrang! Totale Ignoranz!“ Sie wurde lebhafter und sichtbar ärgerlich.
    „Wir wissen, Han, daß sie herausfinden wollten, ob sie jenen Supermann ausbrüten könnten, von dem sie schon immer geträumt hatten. Deshalb spielten sie mit menschlichen Genen und arrangierten verschiedene Kreuzungen und Kombinationen. Sie züchteten ganze Generationen unter beschleunigtem Wachstum im Laboratorium – Kreaturen, die nie zum Bewußtsein erwachten! Möge der Eine sie mit ewiger Senilität schlagen! Und ich sage dir: Die Evolution ist beides, vielschichtig und vielfältig. Die Allgemeinsprache ist eigentlich unbrauchbar, aber ich kenne ein altes russisches Wort, das die Sache genau trifft: raznoöbrazny – von vielerlei Gestalt. Keiner kennt all ihre Gesetze und Erscheinungsformen, weder Mensch noch Ler. Als sich schließlich die passende Form herauskristallisierte, war es fast wie Magie, wie eine Zauberformel. Sie hatten die nächsthöhere Stufe der Selbstwerdung erreicht. Eigenresonanz – wie in der Musik der nächste Halbton, auch wenn ich von chromatischen Tonleitern nichts verstehe. Besser noch – der nächste Dreiklang. Oder wie in der Physik – das Folgeelement. Magie, Magie! Mich schaudert, wenn ich daran denke, was sie sich in ihrer Arroganz geleistet haben. Aber sie waren glücklich über ihren Erfolg und produzierten eine ganze Anzahl. Sie wußten jetzt, wie. Sie züchteten uns in kleinen Lagern heran. Aber die Erstgeborenen wußten, was dort vor sich ging, sie hatten genügend Intuition. Sie praktizierten eine Art gesellschaftlichen Primitivismus. Sie waren in der Tat Primitive. Ihr hattet zehntausend Jahre Zeit, um eine passende Kultur zu entwickeln – wir dagegen fielen von der Schöpfung in das zweite Atomzeitalter. Aus dem Nichts formten sie für uns eine Kultur.
    Dann merkten die Menschen, daß sie sich nicht mit uns kreuzen konnten. Sie hatten ihren Supermann – aber er war zu nichts nutze! Ironie des Schicksals! Sie hatten nach dem Unerreichbaren gegriffen, hatten es erreicht, konnten es aber nicht für sich verwenden! Und sie erkannten, daß es mit ihren Geschöpfen wie mit dem Homo sapiens und seinen Verwandten in ferner Vergangenheit bestellt war: Sie waren anders! Vielleicht nicht besser oder großartiger – aber doch anders. Sechstausend waren wir, mit einer solch niedrigen Geburtenrate, daß es Generationen gedauert hätte, eine Zahl zu erreichen, die die Stabilität unseres genetischen Codes gewährleistet hätte. Sie benutzten uns, bis wir Jahre später entflohen.
    Es ist wahr, daß wir Fähigkeiten besitzen, die euch Menschen abgehen. Ihr habt uns ein eidetisches Gedächtnis gegeben, aber zugleich mußtet ihr uns die Fähigkeit geben, zu vergessen. Aber es ist kein Vergessen in eurem Sinne. Bei euch handelt es sich um eine Art Verdrängung, nicht um einen Totalverlust wie bei uns. Wenn wir etwas schriftlich niederlegen, so müssen wir höllisch aufpassen: denn ist es einmal heraus aus dem Kopf, kann es für immer fort sein. Dafür gibt es keine Gedankenquälerei; man kann keinem ein Geheimnis entlocken, der alles total vergißt – selbst noch die Tatsache, daß er existiert. Wir können auch besser sehen, da wir ein größeres sensorisches Spektrum für natürliches Licht haben – zwei zusätzliche Farben auf jeder Seite der Skala –, und acht statt drei Wellenbereiche, auf die unsere Sehzellen eingerichtet sind.
    Doch alles kann auch zur Belastung werden, Han. Wir kennen kein spezielles Nachtsehen, sondern sehen auch dann noch farbig, allerdings mit geringerer Intensität. Und was ist mit der niedrigen Geburtenrate und der kurzen Fruchtbarkeitsperiode, die bei uns einprogrammiert ist wie bei den Tieren auf dem Feld? Man sagt, es sei ein Gesetz der Evolution: je höher die Art, um so mehr Bewußtsein, um so weniger Instinkt; je niedriger die Geburtenrate … Und auch sonst: unsere Größe, unsere Hände. Oder auch unsere jugendliche Erscheinung, um die ihr uns so beneidet. Ja, ich weiß Bescheid. Der Traum von der ewigen Jugend. Und dann das Sexualverhalten im Reifungsalter. Man gab es uns nicht zum Vergnügen, sondern aus Berechnung. So beschäftigt, hatten wir natürlich wenig Zeit und Lust, um uns um andere Dinge zu

Weitere Kostenlose Bücher