Morgenrötes Krieger
sie mit Feuer heimsucht. Die Kaltblütigen und Gefühllosen kommen in die Südhölle, wo Hoth sie mit unvorstellbarer Kälte heimsucht. Das Erstvolk hält an der Reinheit des Wortes fest; die Krieger haben Gewalt über die Unreinheit des Denkens und Handelns, besonders bei der Jugend, die zur Auflehnung neigt. Sie werden gerichtet und ihrem Schicksal übergeben. Die Krieger leben in den unteren Himmeln, doch sie folgen den Anordnungen von Hoth, dem Sonnengott, der an allen Orten der Felsenwelt zugleich ist, der alles sieht und richtet, auf daß wir geschätzt werden, um dereinst zurückzukehren nach Yar, dem Schönen, Yar, dem Angenehmen.
Schöpfungsgeschichte, so wie sie Liszendir Srith-Karen von Narman Daskin, dem Bauern der Felsenschlucht, erzählt wurde.
Nur wenn man irgendwohin gehen muß, wird es wichtig zu wissen, wo man sich gerade befindet.
Cannialin Srith-Moren, verwebte Deren
Das Floß, aus leichtem, porösem Holz von den Hängen der Schlucht gezimmert, suchte sich träge seinen Weg flußabwärts, bepackt mit Säcken voller Getreide, Gemüse und Knollen aller Art. Außer ihnen waren auch noch andere auf dem Fluß; Han hatte sie gesehen, wie sie schwerbeladen, von ernst dreinblickenden Mannschaften, die nur selten grüßten, an den Untiefen nahe dem Bauernhaus vorbeifuhren. Meist jedoch zogen sie grußlos ihrer Wege.
Narman Daskin, der Bauer, stand vorn und hielt Ausschau. Seine beiden Töchter, Uzar Rahintira und Pelki Rahintira, betätigten die breiten Ruderstangen, um das Floß in der Strommitte zu halten. Han und Liszendir machten sich an den Packen und Stapeln in der Mitte zu schaffen. Die Fahrt war überraschend angenehm; keine gefährlichen Felsenhindernisse oder Stromschnellen waren zu überwinden.
Pelki erklärte, warum: „Die Schmelze des Südfrühlings schwemmt den unteren Teil der Schlucht frei von Felsbrocken und Geröll; es wird alles mit der großen Flut fortgespült und in das Wadi unterhalb Leilas’ geleitet, das in den Bittersee der großen Salzebene mündet.“ Pelki war die jüngere und die stärkere Persönlichkeit von beiden. Uzar, die ältere, war ein schwerfälliges und vor sich hinbrütendes Mädchen, keine Schönheit und äußerst schweigsam. Pelki dagegen zeigte bedeutend mehr Begeisterung und innere Reife. Han aber ließ sich davon nicht beeindrucken: Für beide entwickelte er nur geringes Interesse.
Liszendir hatte geglaubt, daß der hoffnungsvolle Flirt, den Pelki Han gegenüber in Szene setzte, für ihn interessant wäre und machte entsprechende Andeutungen – zu Hans großem Mißvergnügen. Was ihre beiderseitige Beziehung anbetraf, so war er ein wenig irritiert. Seit geraumer Zeit spielten Intimitäten nur eine zweitrangige Rolle und schliefen vorübergehend ganz ein. Manchmal klappte es, dann wieder überhaupt nicht. Sie versuchte keineswegs, sich von ihm fernzuhalten, im Gegenteil, sie war zutraulicher, gefühlsbetonter und entspannter geworden. Die hochmütige Liszendir, die er in Boomtown kennengelernt hatte, gehörte der Vergangenheit an, doch die neue Liszendir war noch immer voller Rätsel. Trotzdem konnte man nicht übersehen, daß sie stärker nach innen gekehrt war, und zwar in einer Weise, die Han nicht ganz begreifen konnte.
Von der anderen Seite des Floßes aus rief sie ihm in Allgemeinsprache zu: „Wenn alles schiefgeht, kannst du noch immer Pelki heiraten.“
Han antwortete in derselben Sprache: „Schön, aber ich will nicht, weder jetzt noch sonst irgendwann. Bevor ich allerdings zum Bettler würde – keine Frage, die Wahl wäre nicht schwer. Dennoch kann sie, ihrem Aussehen nach zu urteilen, auf keinen Fall die aufregendste Frau auf diesem Planeten sein – und außerdem ist sie ziemlich beschränkt.“
Liszendir lachte. „Genauso habe ich mir’s gedacht. Wirklich, Han, ich muß dir recht geben. Ich wollte dich bloß hochnehmen.“ Dann wollte sie das Thema wechseln, doch Han blieb beharrlich.
„Warum liegt dir soviel daran, daß ich es tue? Wenn ich keine andere Wahl hätte, würde ich eben verzichten.“
„Sehr unvernünftig. Du wirst ebenso wählen müssen wie ich, falls wir hier länger bleiben.“
„Warum geht es nicht ohne?“ meinte er leicht irritiert.
„Oh, es ist nicht so einfach, wie du glaubst“, antwortete sie schelmisch. „Abgesehen vom reinen Trieb, innerhalb einer gewissen Frist nach Eintritt der Fruchtbarkeit schwanger werden zu müssen, gibt es da noch ein weiteres Problem. Falls ich nicht
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