Morgenrötes Krieger
Han und Liszendir. Es waren die einzigen Transportmittel für längere Distanzen auf dem gesamten Planeten. Tausende von Meilen lagen zwischen ihnen und dem Schiff. Sie konnten nur wenig tun. Bevor sie sich schlafen legten, nahmen sie sich gegenseitig in die Arme und liebten sich ein weiteres Mal in einer langsamen, selbstvergessenen Art. Dann schliefen sie ein, ohne auf mehr zu hoffen, als was ihnen diese Gemeinsamkeit schenkte.
Am Morgen kauften sie ein maultierähnliches Packtier und beluden es mit Proviant und Ausrüstung, wofür sie den größten Teil ihres Geldes ausgaben. Han vermutete, daß die Vorfahren dieses kleinen Tieres mit den ersten Einwanderern gekommen waren. Sie verließen den Gasthof schweren Herzens, denn das, was sie erwartete, war nach all ihren Informationen ein mühseliges Unternehmen und wenig erfreulich. Die Zeit hingegen, die sie in diesen Wänden verbracht hatten, war eine willkommene Erholung voll gemeinsamer Ruhe und Entspannung gewesen. Mit ihrem letzten Geld kauften sie ein kurzes Schwert für Han und ein zierliches, aber brauchbares Messer mit rasierklingenscharfer Schneide für Liszendir. Nachdem sie alles auf ihrem Packtier verstaut hatten, verließen sie Leilas durch das Nordtor und schlugen die Richtung zu jenen Ländern am oberen Beckenrand ein.
Als sie die Stadt verlassen und den sanft ansteigenden Hang erklommen hatten, schauten sie kurz zurück auf jene „Großstadt“, als die Leilas auf Morgenröte galt. Die Stadtmauer war weder sehr hoch noch gut befestigt oder durchgehend geschlossen; die beiden Winter pro Jahr hatten an mehreren Stellen große Lücken hineingebrochen. Vielleicht war sie einst von Nutzen gewesen, aber nach ihrem Zustand zu urteilen, mußte dies schon zahllose Jahre zurückliegen. Hinter der Mauer breitete sich dichtgedrängt und buntgewürfelt die Stadt im grellen Sonnenlicht aus, einem Sonnenlicht, das – als sie weiter weg waren – einen Hintergrund aus Felsen, Erde und spärlicher Vegetation, ähnlich einem natürlichen Bewuchs graubraunen Moses oder einer merkwürdigen Flechtenart, beschien.
Sie wandten sich nach Norden und schritten fest aus. Zur Rechten hatten sie den vollen Anblick der zerfurchten Berge, die das Hochplateau zum Osten hin abschlossen; sie türmten sich hoch und immer höher – erst der Schnee, der die niedrigen Abhänge und Bergrücken bedeckte, dann nackter Fels und noch weiter oben die schrecklich zerklüfteten Nadelspitzen, deren höchste Punkte auf neunzig Prozent der Planetenatmosphäre herabschauten. Nach Westen, zur Linken, befand sich ein weiterer, etwas niedrigerer Gebirgszug, der allem Anschein nach vulkanischen Ursprungs war und trotz seiner geringeren Höhe unpassierbar war. Jetzt, da sie die Stadt verlassen hatten, blickten sie auf eine öde, unfruchtbare Landschaft, bestrahlt vom stechenden Sonnenlicht, ein Land, das um nichts besser war als jenes, das sie auf der Hochebene gesehen hatten.
In Leilas war das Klima verhältnismäßig milde gewesen: am Tage warm, nur nachts kühlte es etwas ab. Jetzt aber, wo sie mehr und mehr die Höhe des nördlichen Beckenrandes erreichten, wurde die Luft merklich kälter und zeigte deutliche Merkmale des fortgeschrittenen Herbstes. Sie kamen nicht schnell genug voran, um mit dem Zug der Sonne gen Norden Schritt halten zu können. Ein beständiger Wind blies. Mit jedem Tag wurde die Kreisbahn der Sonne am nördlichen Himmel enger, im Süden die Dunkelheit stärker und die Kälte spürbarer.
Menschliche Gebäudeformen – so vor allem der Baustil der Häuser und Wirtschaftsgebäude sowie die Art und Weise, das Land zu bebauen – wichen stellenweise, dann immer häufiger und schließlich gänzlich den Formen der Ler-Zivilisation. Die Häuser bestanden nun nicht mehr aus den Ellipsoiden, an die Han und Liszendir gewöhnt waren, sondern aus Steinkonstruktionen mit zwei Stockwerken und einer Art Wachturm an der Seite. Sie hatten in der Tat das Ler-Land erreicht. Das Wetter wurde schlechter, Regen und Kälte waren ihre ständigen Begleiter. Immer seltener trafen sie Reisende auf der Straße, die, je weiter sie kamen, um so schmaler und ungepflegter wurde.
In einer stürmischen Nacht mit Schnee und Graupelschauern erreichten sie den höchsten Punkt des Beckenrandes. Aufgrund der Finsternis und des Windes hätten sie es beinahe gar nicht gemerkt; es wurde ihnen erst klar, als Han sich nach einem Schutz für die Nacht umsah und dabei feststellte, daß der Bach, dem sie zum Teil
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