Morgenrötes Krieger
eines sein.
Lange Zeit stand er da und schaute auf die Lichter e i nes riesigen Raumschiffes, dessen gewaltige Größe w e gen der Dunkelheit kaum abzuschätzen war; Liszendir, die ihn inzwischen vermißt hatte, war ihm unbemerkt gefolgt, so daß er sie erst bemerkte, als sie ihren Körper an den seinen schmiegte. Sie sagte nichts und schaute nur still auf die Lichter am Horizont.
Nach einer geraumen Zeit meinte sie mit bitterer Stimme: „Es ist ein Raumschiff.“
„Ich glaube kaum, daß es da s gleiche Ziel hat wie wir, Lis zen.“
„Nein, aber dennoch werden wir es nehmen.“
„Glaubst du, daß sie uns suchen?“
„Ich weiß es mit der gleichen Gewißheit wie die Ta t sache, daß ich ihnen nicht entkommen kann. Und wenn meine Handgelenke wieder dieselbe Kraft hätten und du bis an die Zähne bewaffnet wärst, so nützte es nichts g e gen die Übermacht, die dort drüben in dem Ding steckt.“
Als wollte es auf Liszendirs Feststellung antworten, begann sich die Lichterreihe zu bewegen, gewann lan g sam an Höhe und schwenkte Richtung Norden – direkt auf sie zu. Han sah es und erbebte. Liszendir beobachtete den Vorgang eine Zeitlang, dann legte sie ihre Hand auf seinen Arm.
„Nicht heute nacht. Sie können uns von ihrem Ding aus nicht sehen. Sie werden später kommen.“ Die dunkle Masse mit ihren Lichtern bewegte sich durch die Wolken und entzog sich dann ihren Blicken.
Sie wandte sich ihm zu. „Treib den drif weg; er wird sich zu helfen wissen. Dann komm zu mir. Noch eine Nacht, die wir ganz für uns haben. “
Han wehrte sich gegen das Erwachen. Da es vielleicht ihr letztes Beisammensein war, hatten sie sich in dieser Nacht alles gegeben, was sie geben konnten; Liszendir war hinreißend und bezaubernd. Er sehnte sich mit all seinen Fasern danach, sie erneut zu nehmen, aber er wu ß te beim Erwachen, daß dies gänzlich unmöglich war. Warm und noch im Halbschlaf verließ er sie und ging nach draußen zum Bach. Kaum war er einige Schritte vom Haus entfernt, spürte er, daß etwas Ungewöhnliches die nun schon vertraute Landschaft störte. Er schaute g e nauer. Es war Hath’ingar, und mit ihm waren noch einige andere gekommen. Die Pallenber stand unbeschädigt und friedlich irgendwo unterhalb des Weges und erglän z te im frühen Morgenlicht. Er schaute unschlüssig zur Hütte zurück. Liszendir stand im Eingang und musterte mit ruhigem Blick die Szene.
Hath’ingar brach das Schweigen. „Bravo, bravo! Die Klugheit der Passivität! Ihr könnt nicht weglaufen, ihr könnt nicht kämpfen. Die Lage ist hoffnungslos. Und n a türlich wird euch auch niemand zu Hilfe kommen. Ich will euch erzählen, wie ich euch so leicht gefunden habe. Ganz einfach, keine Zauberei, keine aufwendigen Instrumente – lediglich gute Ohren. Ich hörte damals auf dem Schiff, wie sie zu dir sagte, daß ihr euch hier treffen wolltet. So kam ich ebenfalls hierher. Ihr habt recht – und einen g u ten Geschmack: wirklich ein hübsches Fleckchen.“
Han rührte sich nicht. „Was willst du von uns?“
„Wirklich, ihr habt nichts zu befürchten. Wir sind quitt – wegen dieser netten Information. Unter anderen Umstä n den hätte ich eher auf Rache gesonnen. Sie ist jedoch eine ausgezeichnet trainierte Kämpferin und als solche wertvoller als der billige Genuß, die eigene Kränkung zu befriedigen. Wir haben für Leute ihrer Art gute Verwe n dung auf Morgenröte.“
„Ich werde dir nicht helfen“, sagte Liszendir. „Ich werde vorher Totalvergessen ausüben, dann kannst du mit mir machen, was du willst.“ Es war eine geschickte Drohung. Totalvergessen würde ihre Persönlichkeit zum Erlöschen bringen. Der Körper wäre noch reaktionsfähig – aber er wäre nicht mehr Liszendir, die ihn bewohnen würde. Han fühlte, wie innerlich bei ihm alles abstarb. Ja, sie wäre jenseits aller Qual und Freude.
„Ich glaube kaum. Zum Beispiel dein Küken hier. Du würdest es doch wohl nicht gerne sehen, wenn ihm was zustieße – oder? Du kannst nach innen fliehen – er aber nicht. Mit ein paar netten kleinen Kunstgriffen, falls es notwendig sein sollte, wird er für immer an dich denken, selbstverständlich und vor allem auch an uns. Aber wir wollen doch nicht auf ein solches Niveau herabsinken. Schließlich verlange ich nichts Außergewöhnliches. Du, Liszendir, wirst neue Krieger ausbrüten und sie in allem unterweisen. Keine Beschimpfungen, bitte. Eine Hand wäscht die andere. Vergiß die schwächliche Viererbrut. Meine
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