Morgenrötes Krieger
Stockwerken und einer Art Wachturm an der Seite. Sie hatten in der Tat das Ler-Land erreicht. Das Wetter wu r de schlechter, Regen und Kälte waren ihre ständigen B e gleiter. Immer seltener trafen sie Reisende auf der Straße, die, je weiter sie kamen, um so schmaler und ungepfle g ter wurde.
In einer stürmischen Nacht mit Schnee und Graupe l schauern erreichten sie den höchsten Punkt des Becke n randes. Aufgrund der Finsternis und des Windes hätten sie es beinahe gar nicht gemerkt; es wurde ihnen erst klar, als Han sich nach einem Schutz für die Nacht u m sah und dabei feststellte, daß der Bach, dem sie zum Teil gefolgt waren, nicht länger nach Süden, sondern nach Norden floß. Sie hatten keine Vorstellung, wie lange sie gewandert waren – vielleicht einige Tage, vielleicht zwanzig –, bei immer schlechter werdendem Wetter. Schließlich entdeckten sie trotz Sturm und Finsternis eine verlassene Scheune. Als sie gerade hineingehen wollten, begann es zu schneien. Drinnen waren sie wohl vor dem Schnee geschützt, nicht aber vor der Kälte. Mehrere Male schauten sie nach draußen – doch es gab kein Anzeichen einer Besserung. Ohne einen Kommentar gaben sie die Hoffnung auf und schmiegten sich wortlos aneinander. Sie waren erschöpft, der größte Teil des Proviants war verbraucht, und es blieb ihnen wohl nichts anderes übrig, als nach Leilas zurückzukehren.
Am nächsten Morgen schaute Han nach dem restlichen Proviant. Drinnen war es noch immer kalt, aber als er vor die Tür der Scheune trat, schlug ihm eine Luft ins G e sicht, die eine ganz neue und bisher auf Morgenröte noch nie erlebte Strenge besaß. Es war schon eine Vorahnung auf das, was man bei Einbruch des Winters zu erwarten hatte. Er blickte sich um in dem düsteren, nordherbstl i chen Licht, das über den Bergen heraufdämmerte. Wä h rend der Nacht hatte es ziemlich stark geschneit, doch der Wind hatte das meiste verweht. Der Himmel war klar, tief blau-violett und zeigte hier und da noch einen fu n kelnden Stern. Ostwärts reckten sich die Berge in die Höhe und warfen lange Schatten. Der Süden versank in nebelgetrübter Dunkelheit, während im Westen der zwe i te Gebirgszug kaum weniger abweisend aussah, obgleich seine höchsten Gipfel mit weißen Schneehüten bedeckt waren. Der Anblick war unmenschlich, von einer wilden, unbändigen Schönheit. Han stand da in der kalten Mo r genluft, ließ den Blick über die Felsen schweifen und bestaunte eine Zeitlang die trostlose Szenerie. Sie befa n den sich am höchsten Punkt des Beckenrandes, und es gab nichts, absolut nichts!
Etwas weiter weg, am unteren Teil des westlichen H ö henzugs, glaubte er etwas wahrgenommen zu haben – etwas, das sich bewegte. Er schaute genauer hin. Er konnte es nicht erkennen. Er senkte den Blick und scha u te dann noch einmal. Ja, jetzt war es so eben zu erkennen. Es war ein Gebäude von der gleichen Farbe wie der dunkle anthrazitfarbene Felsen des vulkanischen Gebi r ges im Westen, das noch immer im Schatten der höheren Bergkette im Osten lag. Die Bewegung, die er wahrg e nommen hatte, schien das Kräuseln von Rauch zu sein, dünne Wölkchen, die sich schnell und hastig auflösten. Es war eigentlich zu weit, um genau sagen zu können, was es war. Rauch aber auf jeden Fall! Eine stille Freude kam über ihn. Irgend jemand mußte dort leben, hoch oben auf den Anhöhen des Planeten Morgenröte.
Han lief eilig in die Scheune zurück, um Liszendir zu wecken. Während er die Sachen zusammenpackte, ging sie hinaus, um sich selbst von dem zu überzeugen, was Han gesehen hatte. Zitternd und fröstelnd kam sie wieder herein und bestätigte seine Beobachtung. Sofort machten sie sich auf den Weg.
Die Entfernung war größer, als sie vermutet hatten; beide, weder Han noch Liszendir, waren auf Chalcedon oder auf Morgenröte in der Lage, die Entfernungen ric h tig einzuschätzen. Hinzu kam der letzte Nacht gefallene Neuschnee, der, vom Wind hochgewirbelt, die Sicht noch erschwerte. Er verhinderte wegen der Verwehungen auch ein schnelles Ausschreiten, so daß sie zu kriechen mei n ten und über Stunden kaum vorankamen. Aber dennoch schmolz die Entfernung langsam, aber sicher, und als sie nah genug herangekommen waren, konnten sie den Rauch und die Umrisse des Gebäudes deutlich erkennen. Es war nicht besonders ermutigend, was sie dort vor sich sahen, offensichtlich war es eine Burg oder eine Festung aus abstoßend schwarzem Felsengestein. Schließlich glitt die Sonne über
Weitere Kostenlose Bücher