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Morgenroetes Krieger

Morgenroetes Krieger

Titel: Morgenroetes Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Anthony Foster
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ovales, feines Gesicht und den rosig aufgewölbten Mund. Irgend etwas in diesem Gesicht machte ihn stutzig – was war es bloß? Han mac h te dem Wärter Zeichen, mit dem Wecken zu warten. In diesem Moment änderte sie ihre Schlafstellung. Plöt z lich wußte er, was es war. Ein Gedanke durchzuckte ihn – das Zitat eines klassischen Autors mit Namen Durrell: „Es ist tak t los, eine Frau zu beobachten, während sie schläft.“
    Vorsichtig und sanft weckte der Wärter sie auf. Zuerst schien sie über die Vielzahl der Leute in ihrer Kammer erschrocken, aber der Wärter erklärte ihr geduldig, was es damit auf sich hatte, so daß sie sich beruhigte, aufg e schlossener wurde und sogar ein freudig erregtes Verha l ten an den Tag legte. Han fand die Szene total verrückt: Dieses herrliche Geschöpf war tatsächlich glücklich da r über, verkauft zu werden. Sie fragte schüchtern, ob es ihr gestattet sei, ein paar Dinge mitzunehmen. Han erlaubte es mit pochendem Herzen.
    Während sie ihre Habseligkeiten zusammensuchte – unter anderem jenes vertrackte Spielzeug, dazu ein kle i nes Kissen, die Decke und ein Täschchen mit Toilette n artikeln –, gab der Wärter weitere Informationen zum Thema Zucht und Abstammung zum besten.
    „Nun zu diesem Zlat hier: Die urkundlichen Nachwe i se gehen eigentlich sonst nicht sehr weit zurück. Aber bei diesem hier haben wir den lückenlosen Nachweis einer längeren Züchtungsgeschichte als bei den meisten and e ren. Sie gehören zu den ältesten Typen, und ihre Anfänge reichen fast bis zu den ersten Menschen auf Morgenröte. Sie haben – wie wir alle – ihre Tiefen und Höhen. Aber zumeist sind sie ziemlich friedfertig. Diese hier wird kaum versuchen zu entfliehen. Du mußt sie mit Sorgfalt behandeln, denn ihre Knochen sind zart und brechen leicht, wenn man sie zu hart anfaßt. Außerdem muß sie vor extremen Witterungsverhältnissen und falscher E r nährung bewahrt werden. In den Papieren, die ich dir gegeben habe, stehen einige gute Hinweise; allerdings können sie nicht alles berücksichtigen, worauf man im einzelnen zu achten hat.“
    Han mußte an die Bemerkung über Fluchtversuche denken. Da gab es keinen Zweifel. Klar, daß die Fliehe n den gejagt wurden, und es war leicht, sich ihr Schicksal auszumalen. So hatten sie bestimmt im Laufe der Jahre und über Generationen hinweg gelernt, daß Flucht für sie sinnlos und wenig wünschenswert war. Sie hatten siche r lich eine spezielle Weltanschauung entwickelt – eine Art Psychologie, die außer ihnen sonst kein anderes Lebew e sen in dieser Weise besaß: Sie konnten nicht entkommen und mußten demnach die Dinge so nehmen wie sie w a ren. Er schaute wieder zu dem Mädchen: Es war glüc k lich und voll freudiger Erregung. Sie hatte ihren kleinen Besitz zusammengerollt und stand nun ruhig und abwa r tend da. Han nahm ihre Hand – die erste weibliche Me n schenhand, die er seit Jahren, Jahrhunderten, wieder b e rührte. Es war eine weiche, herrlich geformte, warme Hand; die Nägel waren sorgfältig manikürt. Schweigend, ihn festhaltend, folgte sie ihnen zurück zur Fähre.
    Draußen war es inzwischen schon völlig dunkel – Nacht lag über dem Lager. Han mußte daran denken, wie schnell die Zeit bei dem Ausstellungsrundgang verga n gen war. Ein Schneeschauer setzte ein und trieb dicke trockene Flocken vor sich her. Auf ihrem Weg zur Fähre bemerkte Han, daß sie vor Kälte zitterte. Er nahm ihre Decke, rollte sie auseinander und wickelte sie um ihren Körper, wobei sie ihn mit großen, verwunderten Kinde r augen fragend anschaute. Er blickte auf ihre nackten, wohlgeformten Füße, die im Neuschnee ihre Abdrücke hinterließen und von derselben Grazie waren wie ihre gesamte übrige Gestalt. Ihre Fußzehen waren rot vor Kä l te, aber sie gab keinen Laut der Klage von sich.
    In der Fähre fühlte Han plötzlich, wie die Müdigkeit sich wie ein schwerer Vorhang oder Nebel auf ihn sen k te. Er hörte nur noch vage, daß Hatha ihm den guten Rat gab, sich ordentlich mit seinem neuen Haustierchen au s zutoben, um dann mit voller Kraft die Arbeit an der Hammerhand aufnehmen zu können. Im Hauptquartier führte er sie zu einer Anzahl komfortabler Räume, dann ließ er sie beide allein.

10.
     
    Die Zivilisation ist eine Sache, die der Mensch in Wah r heit gar nicht will; sie ist zugleich etwas, für das er kein klar umrissenes Bedürfnis hat. Deshalb führen uns die meisten der anfänglich zaghaften Versuche zu jenen ve r wirrenden

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