Morgenroetes Krieger
meinte Hatha mit einer ausladenden G e ste, „sind meine Privatgemächer. Wir werden euch zwei vorerst in meiner unmittelbaren Nähe unterbringen – sp ä ter könnt ihr euch auf Dauer einrichten.“
„Steht das ganze Lager unter deinem Befehl?“ fragte Liszendir .
„Nein, durchaus nicht. Ich gehöre zur höheren Triade. Ich bin so etwas wie ein Außenminister. Ha! Ein Posten, den ich schon seit langem innehabe; in der Praxis jedoch bin ich schon seit Jahren nicht mehr auf einen bestim m ten Arbeitsbereich festgelegt.“
Hatha führte sie in einen kleinen Salon und bedeutete den Wachtposten unauffällig, sich zurückzuziehen. Han hatte den leisen Verdacht, daß sie dennoch in Reichweite blieben und beim kleinsten Zeichen seinerseits aus i r gendeiner Türöffnung springen würden. Hatha machte es sich im Sessel bequem, während Han und Liszendir st e henblieben.
„Wie ich schon sagte, wollen wir jetzt über das G e schäft sprechen. Setzt euch! Macht es euch bequem und fühlt euch wie zu Hause. Ich merke, daß die Bedingu n gen eures … äh … Dienstes vielleicht nicht ganz euren Erwartungen und eurem Ehrgeiz entsprechen. Aber der äußere Rahmen spielt keine Rolle. Wir tun, was wir kö n nen. Dasselbe erwarte ich von euch. Nun denn, ans Werk! Wir haben noch viel vor uns.“
Liszendir setzte sich in einen anderen dickgepolsterten Sessel. „Soweit ich das beurteilen kann, werde ich grau und alt sein, bevor ich all jenen hier die nötige Kamp f ausbildung beigebracht habe.“
„Nein, nein – nicht so! Nicht alle, nur eine kleine El i te. Ich glaube schon, daß du das meiste in einem Jahr schaffen kannst.“
„Selbst dann wäre es doch besser, zuerst einige Tra i ner auszubilden, die später den anderen ihr Wissen und Können weitergeben. Das Ganze käme schneller voran.“
„Du glaubst gar nicht, wie klein die Gruppe ist. Sie entspricht genau deinen Vorstellungen. Du weißt ja, wie gefährlich deine Waffen sind. Deshalb wünschen wir auch nicht, daß dieses Geheimwissen zu sehr die Runde macht. Nein, nein, nur eine kleine Gruppe. Ich werde sie dir vorstellen und deine Beurteilungen auf jeden Fall r e spektieren. Falls sie nicht geeignet sind, dann sag es r u hig! Ich bin ein Verfechter von Klassenprivilegien; kein Wunder übrigens, denn einer, der sie besitzt, würde wohl kaum anders reden. Nur wer sie nicht besitzt, schätzt sie gering! Ich beuge mich ganz dem Urteil von Erfahrung und Wissen. Freundschaft und persönliche Gunstbeze u gungen … nun, das sind recht angenehme Dinge, wenn sie auf einen bestimmten Bereich beschränkt bleiben: zu Hause, bei kleinen Geschäften oder in der unteren Ve r waltung; aber dort, wo es darauf ankommt, muß man auf Kenntnisse und Fähigkeiten bauen, nicht auf Ehrgeiz und Beziehungen. Ich kann dir versichern, Liszendir, daß du bis zu deiner Fruchtbarkeit alles hinter dir hast. Als B e lohnung für den erfolgreichen Abschluß deiner Bem ü hungen kannst du dir natürlich einen beliebigen Partner aus der Horde aussuchen. Ich hoffe, du hast mich ve r standen? Die freie Wahl ist ein Resultat der sozialen Ste l lung und diese wiederum das Ergebnis erfolgreicher T a ten.“
Liszendir schaute während Hathas kurzer Ansprache ein wenig verwirrt drein und zeigte auch keine freudige Reaktion auf die in Aussicht gestellten Entscheidung s möglichkeiten. Han hingegen mußte einige Zeit über das Gesagte nachdenken. Freie Wahl, in der Tat! In ihrem System war die freie Wahl eher tödlich für die Gesam t rasse, konnte sie sogar allesamt ins Verderben stürzen. Wichtiger aber war das, was Liszendir nicht sehen und begreifen konnte, weil sie keine Politikerin war. Hatha ging es um weit mehr als nur um die Eroberung des inn e ren Universums zum Ruhme der höheren Triade – was immer das auch sein mochte. Zuerst und vor allem kämpfte er um seine Machtposition innerhalb der Kri e gerklasse, wobei er den Hintergedanken hatte, die von Liszendir ausgebildete Elitetruppe gegen die eigenen Leute einzusetzen. Und noch mehr steckte dahinter: Die Gruppen, die die Spitzenautorität umgaben, mußten sehr stark sein, denn andernfalls hätte Hatha, der alte Fuchs, schon längst zugeschlagen. Han war von äußerst g e mischten Gefühlen erfüllt: Damals auf Chalcedon oder auf Avings Burg war es ein leichtes gewesen, diesen Hatha-Hath’ingar in der Rolle des leibhaftigen Teufels zu sehen und zu hassen. Aber bei näherem Hinsehen e r kannte Han, daß er das Böse in Hatha zu sehr in seinen
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