Morgenroetes Krieger
hochentwickelte Maschinentec h nik, aufgepfropft auf einen relativ niedrigen Kultursta n dard. Das Schiff brauchte Antriebsenergie, mußte also aufgetankt werden – aber von wem? Han hatte nichts gesehen, was den Schluß zuließ, daß hier irgend jemand imstande wäre, ein Fluggerät wie dieses zu warten oder zu reparieren. Gefühlsmäßig neigte er eher zu der Au f fassung, daß sie gar keine Reparaturanlagen besaßen, wohl aber genügend Entschlußkraft, um ihr Programm abzuwickeln. Er mußte daran denken, daß Hatha mit se i nem Schiff den Weltraum durcheilte und einen ganzen Planeten verwüstete, aber dennoch nichts über Orbit, m i nimale Energiekurven und Geodäsie wußte, sein Schiff darüber hinaus dekorativ auf eine weite Ebene stellte, so daß es aus der Umlaufbahn weithin sichtbar war, und sich den Teufel um Abwehr- und Ortungssysteme sche r te. Außerdem war das Schiff in einem derart verrotteten Zustand, daß es mit abgeschalteten Triebwerken weder landen noch im Ruhezustand gehalten werden konnte. Und nach all dem, was er bisher gesehen hatte, ve r schlechterte sich dieser Zustand mehr und mehr. Alles deutete auf eine unsichtbare und unbekannte Größe hin, die ein enormes Geschick in der Manipulation der Prim i tiven besaß und sich gekonnt vor eben diesen zu tarnen verstand.
Dieser Gedanke brachte Han erneut die merkwürdigen Meßdaten seiner Instrumente in Erinnerung, die auf i r gendeine Anomalie im System von Morgenröte schließen ließen. Auch das war äußerst verdächtig. Zugegeben – es war eine sehr schwache Anzeige gewesen, die durchaus fragwürdig erschien und nicht näher lokalisiert werden konnte. Vielleicht hatten die Instrumente wegen irgen d einer unsachgemäßen Handhabung durch Hathas manue l le Steuerung einen Defekt davongetragen. Es würde ja h relanger Messungen bedürfen, um dieses Phänomen zu lokalisieren. Jetzt war es sowieso zu spät dafür. Hatha hatte zwei Raumschiffe – und das bedeutete in diesem Teil des Universums so etwas wie den Besitz einer ga n zen Raumflotte. Wenn die Anomalie tatsächlich – wie Han vermutete – ein Raumschiff war, so hatte es sich verteufelt gut getarnt. Han sah das Ganze als ein Problem der Kryptologie oder Geheimhaltung, mit der er als Kaufmann besonders gut vertraut war, zumal diese Wi s senschaft vor allem im kommerziellen Bereich zur A n wendung kam. Und er wußte deshalb sehr genau, daß eines der wichtigsten Prinzipien der Kryptologie darin bestand, kein System als vollkommen sicher anzusehen; Zweck und Sinn eines Geheimhaltungssystems lagen in der Verzögerung einer unmittelbaren Entdeckung, so daß bestimmte Aktionen in aller Heimlichkeit vonstatten g e hen konnten und über den richtigen Zeitpunkt des En t decktwerdens selbst entschieden werden konnte. Genau dasselbe lag hier vor: Das Raumschiff war so gut ve r steckt und abgeschirmt, daß eine wirkliche Enttarnung in jedem Fall zu spät kommen würde.
Es gab jedoch noch weitere rätselhafte Dinge: Mo r genröte hatte ein ziemlich starkes Magnetfeld, was im Hinblick auf die Strahlung der heißen Sonne ein leben s wichtiger Vorteil war. Anderenfalls wäre der Planet auch bei einem milderen Klima und bei normaler Rotation unbewohnbar gewesen. Allerdings wechselten Planeten mit einem starken Magnetfeld periodisch die Polung, wobei nach dem Kahnschen Gesetz galt: Je stärker das Feld, um so häufiger die Umpolung. Weder Ler noch Menschen würden je etwas davon merken, da sie keine Kompasse benutzten. Er wußte auch nicht, ob sie übe r haupt Elektrizität kannten. Wohl kaum! Wie lange moc h te auf Morgenröte ein Polungszeitraum dauern? Vie l leicht einige tausend, möglicherweise nur ein paar hu n dert Jahre. Han sah deutlich, welche Konsequenzen sich daraus für den Planeten ergaben.
Wahrscheinlich hatte es sich etwa so abgespielt: Die Nachfahren Sanjirmils stahlen das Raumschiff und fl o hen an den äußersten Rand des Universums, um für viele Jahre unentdeckt zu bleiben. Sie fanden den Planeten Morgenröte und ließen sich auf ihm nieder. Einige Jahre später, wahrscheinlich bei weiteren Suchaktionen nach geeigneten Planeten, entdeckten sie irgendwo das Kol o nistenschiff der Menschen. Sie nahmen die Leute gefa n gen, vielleicht zuerst nur mit der Absicht, sie als Sklaven zu halten. Dieser Vorfall hatte bestimmt nur wenig Au f merksamkeit erregt, da zu jenen Zeiten sehr häufig Schi f fe verlorengingen und nie wieder gesichtet wurden. Sie kehrten also auf Morgenröte zurück,
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