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Morgenrot

Morgenrot

Titel: Morgenrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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seinen Erklärungsversuchen schlau zu werden. Aber es war alles zu kompliziert, und sie fühlte sich für diese plötzliche Offenbarung seines Gefühlslebens viel zu ausgebrannt.
    Ihr Blick glitt über die Häuserzeile, blieb an Topfpflanzen auf Fensterbänken und verblassten Graffiti hängen und verfing sich dann erneut an dem Liebespaar, das sich immer noch ungestüm küsste. Aus dem seit Kurzem wieder hip gewordenen Plattenladen an der Ecke, dessen Eingangstür sperrangelweit offen stehen blieb, wenn ein Kunde sie nicht mit Gewalt hinter sich zuzerrte, dröhnte ein alter Popsong:
    Yeah, it 's so cold
    Bevor es Lea gelang, aus reinem Selbstschutz auf Durchzug zu schalten, bohrten sich die Strophen durch ihre Gehörgänge in ihren Kopf. Herrgott, warum war dieses Album nicht längst zu Staub zerfallen? Als würde jemand dafür bezahlt, den richtigen Soundtrack für diese verfahrene Szene zu liefern.
    »Ich versteh dich nicht,Adam«, sagte sie schließlich mit matter Stimme. »Wozu dieses ganze Theater? Du hättest mich doch gar nicht erst belügen müssen. Schließlich hatte ich gar keine andere Wahl, als mich deinem Willen zu beugen.«
    »Du hörst mir nicht richtig zu, Lea«, antwortete er sanft. »Ich habe in diesem Spiel viele Karten offen auf den Tisch gelegt. Nur dass ich dich benutzt habe, um eine gewisse Aufmerksamkeit zu erregen, habe ich geleugnet. Aber nicht etwa, weil ich befürchtete, dass du dich weigern könntest mitzuspielen. Sondern weil ich mich selbst belogen habe.«
    Er hielt inne und strich einige Croissantkrümel von Leas Oberschenkel, doch es fühlte sich eher wie eine zärtliche Berührung an. Damit Adam die Hand dort nicht liegen ließ, überschlug Lea die Beine, und er zog sie zurück, ohne sich etwas anmerken zu lassen. Aber er presste kurz die Lippen aufeinander, eher er weitersprach. »Ich habe mir eingeredet, dass du ein Werkzeug bist, das ich nur richtig einsetzen muss. Damit mein Plan aufging, musstest du ganz mit unserer Beziehung beschäftigt sein. Davon einmal abgesehen, wärst du weniger überzeugend als meine Gefährtin gewesen, wenn ich dich eingeweiht hätte. Anstatt mich verliebt anzusehen, hättest du eine beleidigte Miene aufgesetzt, und jeder hätte erkannt, dass deine Begleitung erzwungen war.«
    »Verliebt angeschaut? Ich bitte dich! Meine Begleitung ist erzwungen«, warf Lea wenig überzeugend ein.
    Zum ersten Mal, seit Adam das Zimmer in Pis Haus betreten hatte, schenkte er ihr wieder einen direkten Blick. Das dunkle Grün in seinen Augen funkelte auf und verursachte ein Prickeln mitten in Leas Solarplexus, das sich wie ein Lavastrom in Richtung Dekollete ausbreitete. Augenblicklich schlich sich ein wissendes Lächeln auf Adams weiterhin von Anspannung gezeichnetes Gesicht. »Findest du es nicht ein wenig dick aufgetragen, mich als Lügner hinzustellen, während du selbst gerade dabei bist, mir Märchen aufzutischen?«
    Ein Schatten legte sich über das grüne Funkeln, als Lea schweigend abwinkte, anstatt sich auf ein Wortgefecht einzulassen. Im Gegensatz zu ihrem Körper hatte sie einfach keine Energie mehr für solche Neckereien übrig, selbst wenn sie Adam damit ein Lächeln zu entlocken vermochte.
    Adam kniff sich ins Nasenbein und massierte dann mit der Hand die untere Gesichtshälfte. Abschließend strich er sich über Augenlider und Stirn und seufzte tief. »Das Irrsinnige an der Lügengeschichte besteht darin, dass ich mir selbst strenge Grenzen setzen wollte, um dich auf Distanz halten zu können. Du hast nämlich so eine Art an dir, geschlossene Türen einzurennen: Du tust immer so, als könntest du kein Wässerchen trüben, und dann läuft doch alles nach deiner Nase. Allerdings muss ich zugeben, dass es bei diesem albernen Spielchen in erster Linie um meinen verletzten Stolz ging. Aber das wurde mir erst klar, als es für eine Kehrtwende fast schon zu spät war.Trotzdem habe ich sie eingeleitet, bei unserem Opernbesuch ... Erinnerst du dich an diesen Akinora?« Adam machte eine Pause. Ich habe dir nach dem Fest bei Pi erzählt, dass einige von unseresgleichen verschwinden. So wie es aussieht, ist jemand an bestimmten Exemplaren unserer Spezies interessiert. An solchen, die irgendwie aus der Gruppe herausstechen. Und was sticht mehr heraus als jemand, der dem Drängen des Dämons widersteht? Jemand, der sich weigert, die menschliche Existenz einer Frau zu vernichten, obwohl der Dämon sie erobern will? Kurzum: Wir haben die gewünschte Aufmerksamkeit

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