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Morgenrot

Morgenrot

Titel: Morgenrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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missbrauchen. Abwartend betrachtete sie Adam, der erneut die kleine Furche zwischen Stirn und Nase massierte, als wolle er eine böse Erinnerung vertreiben. Seinem verhärmten Gesicht war es deutlich anzumerken, dass ihm das nicht gelingen wollte. Dann atmete er tief ein, als wolle er sich für die Endrunde wappnen. Lea spürte, wie sie im Gegenzug automatisch die Luft anhielt, ängstlich darauf bedacht,Adam nur durch nichts von dem abzulenken, was er gleich sagen würde.
    »Als ich in der Oper das gierige Funkeln in Akinoras Augen gesehen habe, ist mir plötzlich bewusst geworden, dass ich diesen Schritt unmöglich tun kann. Dich als Einsatz zu benutzen wäre ein völliger Ausverkauf dessen gewesen, was du für mich bist - und dazu bin ich nicht bereit. Als ich diese Entscheidung getroffen habe, hätte ich mich zuerst selbst ohrfeigen können. Denn was bedeutete schon dieser eine Schritt nach all den anderen, die ich bislang ohne Skrupel getan hatte? Aber ganz gleich, was mir durch den Kopf ging, ein unbekannter Teil von mir hatte längst die Steuerung übernommen.«
    »Und welcher Teil von dir ist das wohl?«, fragte Lea und merkte augenblicklich, wie ihr Gesicht rot anlief. So neugierig hatte sie eigentlich nicht sein wollen.
    Ungeachtet Adams anzüglichem Grinsen spiegelte sich in seinen Augen weiterhin Kummer. »Wie es scheint, hat Etiennes Liebe zum Menschsein doch tiefere Wurzeln in mir geschlagen, als geahnt. Ich würde es mal so formulieren: Deine Nähe infiziert mich immer mehr mit dem Virus Mensch.«
    »Und das quält dich?«
    »Ja.«
    Nun war es an Lea, anzüglich zu lächeln. »Deshalb reagierst du auch immer so mürrisch, wenn es darum geht, dass du plötzlich schlafen kannst.«
    »Themenwechsel«, murrte er, wie erwartet. »Wir haben ein Problem, weil ich Akinora auf deine Fährte gebracht habe ...«
    »Warum ist dir die Sache mit dem Schlaf so peinlich?«, bohrte Lea beharrlich weiter und zupfte Adam am Ärmel, weil dieser einfach nur stur geradeaus blickte.
    »... und Pi wird nach unserer heutigen Unterhaltung sicherlich auch nicht die Füße stillhalten ...«
    »Du machst ein Gesicht, als hätte ich meinen Finger auf eine Wunde gelegt. Zu schlafen und zu träumen ist doch etwas ganz Wunderbares.« Lea bemühte sich um einen unschuldigen Gesichtsausdruck, als Adam sie wütend anfunkelte. Du kannst ruhig knurren, dachte sie sich. Dass du mich nicht beißen wirst, habe ich längst begriffen.
    Nachdem es Adam nicht gelungen war, Lea niederzustarren, fuhr er fort. »Ja, genauso wunderbar wie die Liebe. Und auf die bin ich ja schon immer ganz besonders scharf gewesen. Aber ehe wir beide jetzt anfangen, uns gegenseitig Kosenamen zu geben und Liebesschwüre in dieParkbank zu ritzen, sollten wir uns besser überlegen, wie wir dich aus der Schusslinie bekommen. Akinora ist hier das kleinere Übel, denn bislang kennt er lediglich deinen Vornamen und weiß, dass du mit Literatur zu tun hast.«
    Bei dem Gedanken an die unangenehme Unterhaltung mit dem Asiaten schüttelte es Lea kurz.Warum hatte sie diesem Menschen unbedingt ihren Titel auf die Nase binden müssen? Ansonsten wäre sie jetzt nichts weiter als ein Gesicht oder, besser gesagt, ein mit genetischen Informationen angereicherter Zellhaufen, an den er unbedingt herankommen wollte.
    »Du solltest die Stadt verlassen, bis ich hier alles geklärt habe und Pi wieder besänftigt ist.«
    »Augenblick mal«, unterbrach Lea Adams übereifrige Planung. »Nachdem du mich in diesen Schlamassel reingezogen hast, willst du mich jetzt einfach abschieben? Ich weiß, dass du dazu neigst, das Kommando an dich zu reißen. Aber zufällig führe ich ein eigenständiges Leben, das nicht in dem Moment abgeschaltet wird, wenn du die Bühne verlässt.«
    »Der Verlag kommt auch ein paar Wochen ohne dich aus«, erwiderte Adam ungerührt. »Dir steht doch sicherlich noch der gesamte Resturlaub der letzten Jahre zur Verfügung.«
    Zu diesem Punkt schwieg Lea sich lieber aus. »Ich lasse mich doch von dir nicht auf den Verlag reduzieren. Du weißt rein gar nichts über mein Privatleben, weil wir beide, seit wir uns kennen, nicht einen normalen Satz miteinander gewechselt haben ...«
    »Du kannst die Katze mitnehmen, wenn du willst«, bot Adam mit unergründlichem Gesichtsausdruck an. Nicht die leiseste Spur von Außenbezirk und überlegst dir in Ruhe, wo du hinmöchtest. Am besten an einen Ort, wo du noch nie gewesen bist und der dich auch nicht im Geringsten interessiert. Solche

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