Morgenstadt - wie wir morgen leben
Erfordernissen orientieren. Fehler sind damit leichter vermeidbar und unpopuläre Maßnahmen einfacher zu vermitteln.
Forscher vom Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD steuern zu dem Projekt unter anderem Lösungen für die intelligente Visualisierung bei. „UnsereSemaVis-Technologie wird die Aufgabe haben, komplexe Entscheidungsverfahren übersichtlich und verständlich darzustellen“, erklärt Kawa Nazemi. „Sie ist der Fährtensucher im Gesetzesdschungel und wird es den Betroffenen erleichtern, sich in die politischen Entscheidungsprozesse hineinzufinden.“ Bei SemaVis handelt es sich um ein Softwaregrundgerüst zur übersichtlichen Darstellung von Informationen. Damit werden die Auswirkungen neuer Verordnungen oder Gesetze durch deren Verknüpfungen leichter erfassbar. Wird etwa eine neue Baumschutzsatzung erlassen, zeigt die Software an, welche aktuellen Bebauungspläne und Bauvorhaben hiervon betroffen sind. 140
Überhaupt werden Verwaltung und Behörden in der Morgenstadt ganz selbstverständlich auf das Internet zurückgreifen. So wie es in vielen Unternehmen heute schon gang und gäbe ist, dass die interne Administration ebenso wie die Kommunikation nach außen auf elektronischem Wege ablaufen. Dies bedeutet nicht nur ein Umdenken in der Servicefreundlichkeit, sondern die neuen Möglichkeiten werfen auch viele Fragen auf zur Neugestaltung von Zuständigkeiten, Weiterleitungen und Zugriffsberechtigungen. Das FOKUS in Berlin erforscht, welche Softwarearchitekturen und Sicherheitskonzepte dabei helfen, die Abwicklung reibungslos und sicher zu machen, und entwickelt hierzu Prototypen und Lösungen.
DAS SMARTPHONE ALS ZEITMASCHINE
In der Stadt von morgen wird es insgesamt viel leichter sein als heute, sich jederzeit Informationen zu verschaffen. Etwa wenn man als Tourist unterwegs ist oder Kunstwerke in Museen betrachten will. Das Allard Pierson Museum in Amsterdam, eines der bedeutendsten Archäologiemuseen Europas, beschritt deshalb einen neuen Weg, der Vorbild werden könnte für die Zukunft: Mit Hilfe der Technologie Augmented Reality (AR) gab es seinen Besuchern während einer Ausstellung zu seinem 75-jährigen Bestehen die Möglichkeit, sich in die Vergangenheit des römischen Forum Romanum zurückzuversetzen. Dazu haben die Museumsmacher große Fotos des Forums an die Wand gehängt, davor stand ein drehbarer Monitor. Richtet man ihn auf eine bestimmte Stelle des Fotos, erscheinen auf dem Monitor Informationen zu dem Ausschnitt, der zu sehenwar. So erfuhr man beispielsweise, um welches Gebäude es sich handelt, wie es im Originalzustand ausgesehen hat, wozu es diente usw. Außerdem konnte der Besucher viele Informationen zum Forum Romanum und seiner Umgebung abrufen. 141
Ähnliche Beispiele gibt es inzwischen auch für Smartphone. Die AR-Technik macht es möglich, dass ein Kamerabild vom Computer analysiert und einem echten Ort zugeordnet wird. Sobald klar ist, um welches Objekt es sich handelt, holt der Rechner aus einer Datenbank die dazu passenden Informationen und spielt sie ein. Schon bald werden derartige Möglichkeiten für mobile, virtuelle Reiseführer zur Verfügung stehen. Die Vision ist: Der Tourist hält das Gerät einfach vor eine römische Ruine, ein barockes Fürstenschloss oder ein historisches Fachwerkhaus, und schon erscheinen auf dem Schirm die passenden Informationen – digital animiert und auf die Wünsche des Benutzers zugeschnitten.
Wie so etwas in der Praxis aussehen könnte, haben IGD-Wissenschaftler in Darmstadt bereits bei einem Projekt namens „iTACITUS“ erprobt. Dort programmierte ein Team um Michael Zöllner einen tragbaren Computer so, dass er als elektronischer Touristenführer für das Königsschloss Reggia di Venaria Reale nahe Turin fungierte – ein Weltkulturerbe der Unesco. Auf dem Bildschirm wird zum Beispiel dargestellt, wie der Prachtbau in vergangenen Jahrhunderten aussah. 142
Auch auf der Darmstädter Mathildenhöhe kann man neuerdings mit Augmented Reality in die Geschichte eintauchen, und zwar mit der dARsein App für das iPhone. Sie veranschaulicht die Zeitgeschichte des Darmstädter Olbrich-Hauses. Das Team um Jens Keil bringt die AR-Technik damit zum Besucher live vor Ort. Die interaktive Foto-Zeitreise informiert über die Historie des Gebäudes. AR-Technik überlagert dazu historische Informationen auf Fotos, die der Besucher vom Gebäude aufnimmt. Die Bilder bestimmen somit den Blick auf die Geschichte. „Vergangenheit
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