Morgenstadt - wie wir morgen leben
Solarenergie betreibt, ist dieses Verfahren auch regenerativ, denn die Feuchtigkeit in der Luft geht nicht zur Neige; sie wird durch Verdunstung aus dem Boden und aus den Pflanzen sowie durch Wind vom Meer wieder ersetzt.
Ein anderes Verfahren, das erheblich effizienter arbeiten soll, entwickeln Fraunhofer-Forscher zusammen mit Industriepartnern derzeit am IGB: Eine hochkonzentrierte Salzlösung rinnt an einer turmförmigen Anlage hinunter und nimmt dabei Wasser aus der Luft auf, weil sie hygroskopisch, also wasseranziehend ist. Sobald sie genügend Wasser gespeichert hat, wird die nun verdünnte Salzsole in einen Behälter gepumpt, der in einigen Metern Höhe steht und in dem ein Vakuum herrscht. Energie aus Sonnenkollektoren erwärmt die Sole, dabei verdampft das aufgenommene Wasser. Dieses destillierte, salzfreie Wasser kondensiert man anschließend. Die übrigbleibende, wieder konzentrierte Salzsole fließt dann erneut an der Turmoberfläche hinunter, um Luftfeuchtigkeit aufzunehmen. „Wichtig ist, dass die Salzlösung möglichst langsam über eine möglichst große Oberfläche fließt, damit sie viel Gelegenheit hat, Wasser aufzunehmen“, sagt IGB-Forscher Siegfried Egner. „Zurzeit bauen wir eine Pilotanlage in Baden-Württemberg, die rund 200 Liter Wasser pro Stunde produzieren soll.“ Parallel optimieren die Experten die einzelnen Komponenten und klären beispielsweise, welche Materialien am besten geeignet sind.
Der Prozess benutzt ausschließlich regenerative Energiequellen wie einfache thermische Sonnenkollektoren, Windräder oder Photovoltaikzellen. Das macht diese Methode vollständig energieautark. Sie funktioniert deshalb in Gegenden, in denen es keine elektrische Infrastruktur gibt, aber auch „in einer anderen Art von Wüste“, wie Egner sagt, „der Betonwüste“. Gerade in Großstädten ließen sich die Hausfassaden sowie die hohe Luftfeuchtigkeit nutzen; auch Kombinationen zwischen Klimaanlagen und Wassergewinnung aus der Luft könnte man entwickeln.
Diese Lösungen dienen in erster Linie zur Versorgung mit Trinkwasser, aber der Mensch muss ja nicht nur trinken. In Deutschland verbraucht der durchschnittliche Bürger pro Tag rund 120 Liter Wasser, maximal drei davon trinkt er. Den Rest verwendet er zum Kochen, Baden oder Duschen, zum Wäschewaschen und für die Toilettenspülung. Wie selbstverständlich bei uns das frische Wasser ist, das Tag und Nacht aus dem Hahn sprudelt, zeigt eine Umfrage der Gesamthochschule Kassel aus den 90er Jahren: Etwa die Hälfte der Befragten antwortete auf die Frage „Was würden Sie tun, wenn morgens kein Wasser aus der Leitung käme?“ mit: „Ich würde nicht zur Arbeit gehen.“
ABWASSERROHRE HALTEN 100 JAHRE
„Was wir heute hier in Deutschland mit unserem Wasser machen, ist absolute Verschwendung“, mahnt Professor Walter Trösch vom IGB. „Wir verbrauchen 120 Liter sauberstes Trinkwasser am Tag und lassen es in den Abwasserkanal laufen, wo es mit Regenwasser, Industrieabwässern und Fäkalien vermischt wird und schließlich in der Kläranlage ankommt. Dort werden mit hohem Aufwand aus der verdünnten Plörre die meisten Stoffe wieder entfernt, bevor das gereinigte Abwasser in die Flüsse geleitet wird. Damit ist es dann jeder weiteren Nutzung entzogen und verschwindet im Meer.“ Sparen allein ist hier nicht die Lösung, denn Medien berichteten jüngst darüber, dass es die Deutschen mit dem Sparen übertreiben und nun die Stadtwerke mit viel Wasser die Abwasserkanäle durchspülen müssen, weil diese sonst verstopfen.
In der Morgenstadt muss die Wassernutzung deshalb ganz anders, nämlich im Kreislauf erfolgen. „Als Grundprinzip gilt: Je höher die Schadstoffkonzentration ist, desto einfacher ist es, das Wasser zu reinigen“, sagen alle Experten. Mikroorganismen – etwa in Kläranlagen – benötigen eine Mindestkonzentration, damit sie gedeihen. Und auch physikalisch-chemische Verfahren funktionieren besser, wenn sie nicht am untersten Ende der Konzentrationsskala arbeiten müssen. Das zeigt, wie falsch es ist, unsere Haushaltsabwässer auch noch mit Regenwasser zu verdünnen. Viel besser wäre es, die Wasserströme zu trennen in Schwarzwasser – das die Fäkalien enthält –, Grauwasser – das restliche Haushaltsabwasser – und Regenwasser, das besonders weich ist. „Man kann Regenwasser mit geringem Aufwand so aufbereiten, dass es als Pflegewasser geeignet ist, also zum Duschen, Waschen, für die Toilette und für den
Weitere Kostenlose Bücher