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Morgenstadt - wie wir morgen leben

Morgenstadt - wie wir morgen leben

Titel: Morgenstadt - wie wir morgen leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Joerg Bullinger
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Garten“,sagt Dr. Harald Hiessl, stellvertretender Chef des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI in Karlsruhe. „Und man kann es auch gut zum Kühlen verwenden, da es praktisch keinen Kalk enthält.“ Gerade der letzte Aspekt wird künftig immer wichtiger, wenn sich die Atmosphäre weiter erwärmt und die Nutzung von Klimaanlagen stark zunimmt.
    Dass wir hierzulande so verschwenderisch mit Wasser umgehen und nicht schon längst auf andere, bessere Systeme umgeschwenkt sind, liegt an unserer Historie: Noch im 18. Jahrhundert kippte man Abfälle und Fäkalien einfach auf die Straßen, der Regen wusch sie mit der Zeit weg. Weil das Geruchsproblem zu groß wurde, viele Brunnen verunreinigt waren und Krankheiten sich ausbreiteten, begann man, die Abwässer über Gräben und Rohre in den nächsten Bach oder Flusslauf zu leiten – ein Vorgehen, das auch heute noch in weiten Teilen der Welt üblich ist. Erst als die Gewässer umkippten und das Wasser nicht mehr trinkbar war, baute man Kläranlagen an das Ende der Rohrnetze, und damit war der technologische Pfad vorgegeben. Die Kläranlagen wurden immer leistungsfähiger und erhielten immer mehr Reinigungsstufen.
    Heute beruht die deutsche Wasserwirtschaft im Großen und Ganzen darauf, dass Trinkwasser im Übermaß hergestellt – und auch benötigt – wird, weil es in den Haushalten nur eine einzige Art von Wasserleitung gibt: die für Trinkwasser. So kommt es, dass wir sogar unsere Toiletten damit spülen. Das Regenwasser läuft in die Gullys und landet so nicht etwa im Grundwasser, sondern meist ebenfalls direkt in den Abwasserkanälen. Diese bestehen in der Regel aus sehr großen Rohren; drei Meter Durchmesser sind in Großstädten keine Seltenheit. Darin fließt das Abwasser zu den Kläranlagen. Sollte es einmal über längere Zeit nicht regnen und die stinkende Brühe in Gefahr sein, einzutrocknen, spülen die Kommunen mit Trinkwasser nach, bis die Abwässer wieder fließen. Auch dies ist eine unglaubliche Verschwendung.
    Im Allgemeinen hat eine Stadt nur eine einzige, weit von Siedlungen entfernt liegende Kläranlage, die entsprechend groß dimensioniert ist, da sie die Abwässer aller Einwohner verarbeiten und alle Arten von Schadstoffen herausfiltern muss. In großen, teils offenen Betonbecken und Faultürmen wird dort das Abwasser von festen Bestandteilengetrennt und danach in mehreren Stufen gereinigt. Anschließend fließt es in den nächstgelegenen Fluss.
    Der Wasserverschwendung Herr zu werden wäre unter diesen Umständen ein lohnendes Ziel. Aber in einem Land wie Deutschland, das eine dichte Infrastruktur besitzt, lässt sich trotz aller Nachteile an der jetzigen Wasserversorgung flächendeckend kaum mehr ein Systemwechsel herbeiführen. Heute ein Wasserversorgungs- und Kanalsystem neu aufzubauen wäre auch für uns unbezahlbar, obwohl allein der Sanierungsbedarf für die öffentliche Abwasserentsorgung nach Angaben der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall bundesweit etwa 4,6 Milliarden Euro jährlich beträgt, der größte Teil hiervon für die Kanalisation. 46 Und die Lebensdauer der Wasser- und Abwasserleitungen beträgt, so hofft man, mehr als 100 Jahre. Dazu kommt, dass Wasser in unseren Breiten reichlich zu haben ist. Änderungen an unseren veralteten Ver- und Entsorgungssystemen sind deshalb wohl nur mittel- bis langfristig möglich. Dazu muss man vorausschauend und langfristig denken, sowie ökologisch und ökonomisch nachhaltige Ansichten entwickeln.
    Für die Stadt der Zukunft sind diese alten Systeme jedenfalls nicht geeignet; sie sind zu teuer und nicht nachhaltig. „Dort ist eine grundsätzlich andere Denkweise gefragt“, sagt Dr. Ursula Schließmann vom IGB. „Alles ist mit allem vernetzt. Bei der Wasserversorgung muss man die Entsorgung gleich mitplanen, dazu Energie- und Abfallfragen mit einbeziehen.“ Dieser Meinung sind auch die Experten vom ISI. „Egal, ob man eine neue Stadt auf der grünen Wiese plant oder eine bestehende Stadt modernisiert, wir müssen das Gesamtsystem im Auge behalten“, betont Hiessl. „Beginnen müssen wir mit dem nachhaltigen Umgang mit Regenwasser.“ Eigentlich nichts Neues, denn schon seit Jahrhunderten sammeln Menschen gerade in südlichen Ländern das Regenwasser in Zisternen und kommen damit über die trockene Jahreszeit.
    Bei uns ist es für neu errichtete Siedlungen zwar heute schon vorgeschrieben, dass Regenwasser extra abgeleitet werden muss,

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