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Morituri - Die Todgeweihten

Titel: Morituri - Die Todgeweihten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allan Cole & Chris Bunch
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Die Sache wurde ihm klarer und klarer, als er das enorme Gebäude betrat, das sich das Kabinett als Hauptquartier hatte errichten lassen. Dieser eigenartige Riesenbaum, der sich im Innenhof erhob, machte einen verwelkten und kranken Eindruck. Poyndex, der für symbolische Eindrücke nicht gerade empfänglich war, fand trotz allem, dass der Zustand der Rubiginosa nichts Gutes verhieß.
    Er war einfach viel logischer, wenn man davon ausging, dass die Ermordung des Imperators nicht die Aktion eines verrückten Einzeltäters gewesen war. Eine Verschwörung war wesentlich wahrscheinlicher. Und wer zog den größten Gewinn aus einem derartigen Plan? Die Antwort stand klar und deutlich vor ihm, als er den Sitzungssaal betrat.
    Alle Anwesenden tobten und brüllten durcheinander. Die Kraa-Zwillinge waren violett vor Zorn. Lovett schlug immer wieder mit der Faust auf den polierten Konferenztisch und verlangte lautstark nach unverzüglicher und blutiger Vergeltung. Malperin stieß gegen die angeblichen Lügen einen befremdlichen Schwall von Flüchen und Verwünschungen aus.
    Beim Anblick dieser vehementen Reaktion wusste Poyndex mit letzter Sicherheit, dass sein Instinkt ihn nicht getrogen hatte. Hier vor ihm saßen diejenigen, die den Ewigen Imperator getötet hatten.
    Warum denn sonst diese Aufregung? Wenn die Anklage falsch war, so handelte es sich ohnehin nur um einen üblen Trick ihrer Widersacher. Die Kabinettsmitglieder waren allesamt erfahrene Geschäftsleute, die in ihrem Berufsleben regelmäßig mit derartigen Schlammschlachten zu tun gehabt hatten.
    Er achtete auch zwischen den Brüllanfällen auf die nach Luft schnappenden Gesichter, er sah die schuldbewussten Blicke, die sie einander zuwarfen. Den Vogel schossen die Kraa-Zwillinge ab. In ihrer Not und ihrer Angst wechselten sie die Rollen. Wie immer stopften sie unglaubliche Mengen Essen in sich hinein, doch die Magere ging sich nicht mehr in regelmäßigen Abständen »frischmachen«. An ihrer Stelle verschwand nun die Fette laufend auf der Toilette, um sich zu übergeben.
    Dann packte ihn selbst die Angst. Erst vor kurzer Zeit hatte er sein Lebensziel erreicht. Mit der Aufnahme ins Privatkabinett war ihm alles gelungen, was er sich jemals erträumt hatte. Er wusste, dass er diese Macht in geraumer Zeit, wenn er erst an den richtigen Drähten zu ziehen und auf die richtigen Knöpfe zu drücken gelernt hatte, in aller Ruhe sogar noch weiter ausbauen konnte. Poyndex hatte nie danach gestrebt, ein großer Tyrann, ein Alleinherrscher zu sein. Er hielt sich viel lieber etwas abseits, außerhalb der Schusslinie. Außerdem empfand er, ebenso wenig wie Kyes, keinen besonderen Spaß an Bürointrigen und war zufrieden, wenn seine Kollegen sich nach Lust und Laune an vorderster Front produzierten. Poyndex wusste, dass er das, was er haben wollte, viel einfacher dadurch erhielt, indem er Privilegien gewährte, als dass er sie entzog.
    Kurz bevor die Anklage des Tribunals verlesen wurde, hatte sich Poyndex gerade einigermaßen von dem Schlag erholt, den er durch den Verlust seines Mentors erlitten hatte. Als man Kyes – besser gesagt, das sabbernde Wesen, das einmal Kyes gewesen war – von seiner geheimnisvollen Reise zurückbrachte, wusste Poyndex, dass er mit ihm seine wichtigste Stütze im Kräftemessen mit dem restlichen Kabinett verloren hatte.
    Tatsächlich aber wurden seine Kollegen immer abhängiger von ihm. Sie lauschten aufmerksam seinen besonnenen Ratschlägen, und zwar nicht nur solchen, die sich auf das Militär oder den Geheimdienst bezogen, sondern auch dann, wenn es um die große Imperiale Politik ging. Davon, dass man Kyes’ Platz neu besetzen könnte, war keine Rede.
    Als er jetzt darüber nachdachte, kam ihm auch ihre Reaktion auf das, was Kyes zugestoßen war, reichlich seltsam vor. Sie nahmen es still hin, beinahe ergeben. Sie stellten keine ernsthaften Nachfragen und sorgten nur dafür, dass man das arme Wesen schleunigst in einer abgeschotteten Nervenklinik des Militärs unterbrachte. Eigentlich machten sie eher einen erleichterten Eindruck.
    Poyndex glaubte, dass sie vielleicht spürten, dass es nun einen weniger gab, der die Geschichte ihrer Schuld erzählen konnte.
    Nachdem sich das Kabinett daranmachte, die Strategie für einen Gegenangriff auszutüfteln, wusste Ponydex, dass es für ihn jetzt das allerwichtigste war, den eigenen Arsch zu retten. Egal, wie die Sache auch ausging, dieses Kabinett und seine Mitglieder waren dem Untergang geweiht. Es

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