Morituri - Die Todgeweihten
und passive Wachtposten.
»Kein Problem. Ein bisschen zu einfach?«
»Sei still.« »Eine Mulde.« Die flache Hand zeigt an: »runter.« Überflüssig. Das Team ging schon zu Boden. Direkt vor ihnen befand sich der letzte Draht – und dann ihr Zielgelände.
Jetzt müsste das Blutbad beginnen, wenn möglich nur auf einer Seite.
Phase eins, die Sten mittels eines Knopfdrucks auf seinem Ton-Com auslösen würde, war das Abfeuern der ersten Rakete. Die zweite sollte zehn Sekunden darauf folgen. Sten hatte durchaus richtig vermutet, dass jedes moderne Zielleitsystem abgelenkt oder einfach blockiert werden würde. Also ging er die Sache primitiv an.
Die Steuerung erfolgte über den Draht, den die Archulers durchgezogen hatten.
Drahtführung war schon vor Tausenden von Jahren als Absurdität abgeschafft worden. Es gab zu viele Fehlerquellen. Der Operateur musste an einem Platz bleiben und den Sprengkopf bis ins Ziel geleiten. Er musste direkten Sichtkontakt zum Ziel haben. Das Zielobjekt sah womöglich in seine Richtung und hatte vielleicht etwas dagegen, mit Raketen beschossen zu werden. Das war kein Problem für Sten; er war hinterhältig und spielte nicht den Leonidas.
Draht konnte sich verheddern oder reißen. Dieser Draht nicht.
Das größte Problem war der tatsächliche Trick 17. Wenn die Rakete erst einmal Geschwindigkeit aufgenommen hatte, musste sie, um weder zu hoch noch zu tief zu treffen oder gar außer Kontrolle zu geraten, von einem Führungsoperateur gelenkt werden, der seine Aufgabe auch auf einem rollenden Ball balancierend erledigen konnte. Er musste die Rakete abbremsen. Das wiederum verschaffte dem Zielobjekt Zeit, die Rakete anzupeilen und vielleicht sogar mitsamt ihrem Operateur, – zu vernichten, aber das war kein wirklicher Faktor. Sten ging davon aus, dass Luxusanwesen nicht zurückschossen.
Zuerst würden die Raketen nacheinander im Zielgebiet einschlagen, was ein Durcheinander an Flammen und Schreien hervorrufen würde. Daraufhin würden sich Sten und sein Team mit dem Schrei »Rettung« auf den Lippen und mit Mord im Herzen einmischen. Sie würden jedes überlebende Kabinettsmitglied umbringen, sich dann sofort zurückziehen, allen Kontakt abbrechen und zum verabredeten Aufnahmepunkt eilen.
Der Ton-Com gab auch Kilgour das Signal, das Einsatzschiff auftauchen zu lassen und im Tiefflug flussaufwärts zum abgestimmten Treffpunkt zu kommen.
Dann hieß es ab nach Hause und ordentlich einen heben.
»Hör auf zu zögern, mein Junge. Los jetzt.«
Sten drückte auf den Knopf.
Eins …
Die erste Rakete wurde abgefeuert und knapp über der Erdoberfläche auf das Hauptgebäude des Anwesens zugesteuert.
Drei Sekunden …
Faye Archuler ließ eine Kollisionsladung über den Draht sausen und zog an der Schnur des Zünders.
Sechs …
Der erste Sprengkopf »kroch« mit etwas mehr als 200 km/h voran.
Acht …
Die Ladung explodierte und riss den Zaun so weit wie ein Scheunentor auf.
Zehn …
Die zweite Rakete sauste los.
Elf …
»Granaten!« rief Sten. Seine Leute drückten auf die Timer und schleuderten Granaten auf das Grundstück schräg unter ihnen.
Dreizehn …
Sten war als erster auf den Beinen und stürmte durch das Loch im Zaun. Das rettete ihm womöglich das Leben.
Fünfzehn …
Die Granaten explodierten, gewaltige Feuerblitze sorgten im gesamten sichtbaren und unsichtbaren Spektrum für Verwirrung.
Achtzehn Sekunden …
Die Imperialen Sicherheitskräfte ließen die Falle zuschnappen.
Zwei vollbewaffnete A-Grav-Gleiter kamen wie aus dem Nichts; ihre mehrläufigen Schnellfeuerkanonen hämmerten ununterbrochen. Ein Raketenwerfer klappte aus seinem Silo und suchte unbeirrbar das Gelände ab.
Einundzwanzig …
Stens erster Gefechtskopf war nur noch vier Sekunden vom Aufprall entfernt. Die Sensoren der Schnellfeuerkanonen erfassten die herankommende Rakete. Solide verkapselte Uraniumgeschosse fauchten durch die Luft – und die Rakete zerstob in tausend Teile!
Vierundzwanzig …
Der Raketenwerfer erfasste sein Ziel. Zwanzig Raketen einer Abwehrbatterie fauchten durch die Nacht.
Achtundzwanzig Sekunden …
Die Raketen schlugen in Stens Abschussrampe ein. Die beiden N’Ranya vergingen in einer Folge jaulender Explosionen.
Der zweite, jetzt führerlose Sprengkopf, schmierte schräg nach oben ab.
Neunundzwanzig Sekunden …
Akashis Stiefel krachte auf eine Mine, die vor weniger als einer Stunde ausgelegt worden war. Die Explosion riss ihm beide Beine vom Unterleib, ein
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