Morland 03 - Das Vermächtnis der Magier
dazu kam es nicht. Der Hausherr hatte noch nicht einmal Gelegenheit, seinen Mantel auszuziehen, als die Mädchen auf ihn zustürzten. Er gab beiden einen Kuss und nickte seinem Besuch zu. »Hallo, Hakon.«
Hakon ergriff Lennarts Hand und schüttelte sie.
»Schön, Sie wiederzusehen. Halldor hat Ihnen eine Aufpasserin zur Seite gestellt?«
»Eher den Kindern. Er hat darauf bestanden. Ich sagte ihm, dass ich keinen Mann dafür haben wolle, deshalb hat er Emma geschickt.«
»Papa hat ein Auge auf sie geworfen«, sagte Maura und kicherte.
»Scht!«, machte Melina und boxte ihre Schwester in die Seite.
Hakon musste grinsen, als er Lennarts Schmunzeln bemerkte.
»Setz dich«, sagte Lennart und wies auf einen Sessel. »Und ihr beiden geht in die Küche und sagt Emma, sie soll einen Tee aufbrühen.«
»Und dann?«, fragte Maura neckisch.
»Geht ihr auf euer Zimmer und macht Hausaufgaben. In Ordnung?«
Die Kinder verzogen das Gesicht und verschränkten die Arme vor der Brust.
»Los jetzt«, sagte Lennart und die Mädchen stapften beleidigt davon.
»Die beiden haben die schlimme Zeit gut überstanden«, sagte Hakon.
»Ja, das haben sie glücklicherweise«, sagte Lennart.
»Und wie gefällt Ihnen Ihr neues Leben als Politiker?«
Lennart zog ein Etui aus der Innentasche seiner Jacke und bot Hakon etwas zu rauchen an, was er jedoch dankend ablehnte.
»Es ist ungewohnt für mich«, sagte Lennart. Er zündete den Zigarillo an, nahm einen tiefen Zug und schwenkte das Streichholz, bis es erlosch.
»Kann ich mir denken. Dass die Boxvereine eine legale Partei gegründet haben, dürfte für manche den Untergang der parlamentarischen Demokratie bedeuten«, erwiderte Hakon.
»Dann hat man aber vergessen, welche Aufbauarbeit wir nach dem Krieg geleistet haben. Der Staat hat dabei kläglich versagt.«
»Der Staat war auf Begarell zugeschnitten«, sagte Hakon. »Außerdem haben sich weder die Todskollen noch die Wargebrüder wie Chorknaben aufgeführt. Das sollten Sie auch nicht vergessen.«
»Es gibt kein organisiertes Verbrechen mehr«, sagte Lennart und kratzte sich am Backenbart. »Wir finanzieren uns nur noch über Parteispenden.«
»Haben Sie es jemals bereut, den Wargebrüdern beigetreten zu sein?«, fragte Hakon.
»Lies meine Gedanken«, sagte Lennart kurz angebunden. »Dann weißt du es.«
Emma kam und servierte den Tee. Sie war eine herbe Schönheit und trug einen Hosenanzug, wie er inzwischen Mode war. Sie wirkte stark und strahlte ein unerschütterliches Selbstbewusstsein aus. Und sie hatte Charme. Dass die Rolle des Hausmütterchens nur eine Tarnung für ihre Leibwächtertätigkeit war, zeigte sie mit jeder Geste.
»Ich bereue es nicht«, antwortete Lennart, als Emma gegangen war. »Ich habe es für Maura und Melina getan. Hast du Kinder?«
»Ich bin erst siebzehn«, sagte Hakon lachend.
»Du wirst sehen, für die eigenen Kinder tut man alles«, sagte Lennart leise. Er trank einen Schluck aus seiner Tasse.
»Wir werden gehen«, sagte Hakon.
»Das habe ich mir schon gedacht, als die Gist bei den letzten Wahlen nicht angetreten sind. Wann?«
»Bald. Tess sucht mit Nora immer noch nach einer Lösung für das Problem der Zeitverschiebung«, sagte Hakon. »Aber sie sind auf einem guten Weg. Warum kommen Sie nicht mit?«
»Dann müsste ich so werden wie du.«
»Das ist der Preis. Man muss ein Gist sein, um diese Welt zu betreten.«
»Und man muss Morland verlassen«, ergänzte Lennart.
»So lautet die Abmachung«, sagte Hakon. »Es würde sonst nicht funktionieren. Gist und Menschen können nicht miteinander leben. Dazu sind wir zu verschieden.«
»Ich bin gerne ein einfacher Mensch«, sagte Hagen Lennart.
»Ich weiß.«
»Und ich liebe Morland. Ich bin hier geboren und aufgewachsen. Es ist meine Heimat.«
»Auch das weiß ich«, sagte Hakon. »Auf der anderen Seite sollten Sie bedenken, dass diese Welt ihre Glanzzeit hinter sich hat.«
Lennart schwieg.
»Die Gefahre n …«
»Die Gefahren sind gering«, fiel ihm Lennart ins Wort. »Ich weiß das. Mit der Probe, die Begarell unserem gemeinsamen Freund York entnommen hat, wurde aufgeschlüsselt, wie die Nebenwirkungen einer Infektion ausgeschlossen werden können. Man stirbt nicht mehr. Und man wird auch nicht mehr unfruchtbar. Ich weiß, du denkst an die beiden Mädchen. Das ehrt dich. Doch noch entscheide ich für sie. Ob Gist oder nicht, dies ist eine Entscheidung, die man nicht im Kindesalter treffen kann, denn wenn man einmal verwandelt
Weitere Kostenlose Bücher