Morland 03 - Das Vermächtnis der Magier
kann ich mich nicht bewegen?«, schrie er.
»Weil ich dir ein Betäubungsmittel in den Hirnwasserraum injiziert habe. Es ist eine reine Vorsichtsmaßnahme, denn der Eingriff, den ich an dir vornehmen werde, ist bestenfalls etwas unangenehm, aber nicht schmerzhaft.«
York bekam auf einmal Todesangst. Er versuchte zu springen, aber Begarell hatte seine Fähigkeiten neutralisiert.
»Du fühlst dich hilflos und ausgeliefert, nicht wahr?«, sagte Begarell. »Glaub mir, ich kenne dieses Gefühl und weiß, dass es nicht schön ist.«
»Was haben Sie mit mir vor?«, rief York.
»Das Gehirn eines Eskatay unterscheidet sich in einigen wesentlichen Punkten von dem eines Menschen. Diese Veränderungen sind das Resultat der Infektion durch die Sporen einer Blume. Man kann sie auf einem Durchleuchtungsbild ganz deutlich erkennen. Bist du in der Lage, mir so weit zu folgen?«
Yorks Augen waren weit aufgerissen, er glaubte, gleich die Besinnung zu verlieren.
»Mein Verdacht war, dass sich auch die Gehirne von Gist und Eskatay unterscheiden. Ich habe einige Zeit warten müssen, bis sich mir die Gelegenheit bot, diese Vermutung zu überprüfen. Jedenfalls liefern die Bilder, die ich von deinem Gehirn machen konnte, einen ersten Hinweis darauf. Du weißt ja, dass wir Eskatay ein Fortpflanzungsproblem haben. Nun, ich hoffe sehr, ich werde es heute mit deiner Hilfe lösen können. Entspann dich einfach. Es wird nicht lange dauern.«
York spürte, wie etwas in seine Kopfhaut stach. Dann sprang ein Bohrer an, doch York fühlte nur einen leichten Schmerz. Plötzlich schien sein ganzer Kopf zu vibrieren, er konnte nur noch verschwommen sehen. Er stöhnte auf.
»Ich weiß«, sagte Begarell konzentriert. »Das ist bestimmt sehr unangenehm. Aber ich bin gleich fertig. Du hast Glück. Noch vor einem Jahr hättest du den Eingriff nicht überlebt. Das nennt man wohl technischen Fortschritt.« Es gab einen leichten Ruck. Der Bohrer wurde wieder herausgezogen. »So. Das war doch gar nicht schlimm. Der Rest ist ein Kinderspiel.«
»Warum tun Sie mir das an?«, wimmerte York.
»Das ist eine lange Geschichte und sie beginnt mit einem Verrat«, sagte Begarell. »Damals lebte ich mit meiner Familie nicht weit von hier in einer kleinen Bergbausiedlung, die der Morstal-Gesellschaft gehörte. Morstal müsstest du kennen. Dein Lehrer, Herr Diffring, hat dir bestimmt etwas über die Bergbaugesellschaft erzählt. Damals hatte sie die Macht in Morland. Ihr Vorstand Johann Weiksell konnte ganze Regierungen kaufen. Irgendwann musste er zu dem Schluss gekommen sein, dass sich der Bergbau in Horvik nicht mehr lohnte. Deswegen schickte er keine Versorgungszüge mehr. Zu dumm, dass hier oben noch einige Menschen lebten. Männer. Frauen. Und Kinder.«
York spürte, wie etwas festgeschraubt wurde. Dann baute sich in seinem Kopf kalter Druck auf, der aber gleich wieder nachließ.
»Man hatte wohl gehofft, dass ein langer, harter Winter das Problem auf natürliche Weise lösen würde. Also brachen wir auf und verließen Horvik, damit wenigstens die Kinder überlebten. Drei Tage kamen wir gut voran, dann mussten wir die ersten Berge überqueren. Ich suchte nach einem Pass. In der Zwischenzeit überfiel ein Rudel Wölfe das Lager und tötete alle Menschen dort – auch Agnetha, meine Tochter.«
Dies alles berichtete Begarell mit vollkommen unbewegter Stimme.
»Erst spielte ich mit dem Gedanken, mich umzubringen, aber dann siegte mein Hass auf jene, die für den Tod meiner Frau und meines Kindes verantwortlich waren. Ich kämpfte mich durch die Berge, und als ein Sturm über mir hereinbrach, fand ich den Eingang zu einer riesigen Höhle. Darin stieß ich auf die Blume.«
York verspürte tatsächlich keinen Schmerz, aber er roch plötzlich Zimt, und zwar so intensiv, dass ihm schlecht davon wurde.
»Die Sonde ruft wahrscheinlich Halluzinationen hervor«, sagte Begarell. »Lass dich davon nicht verwirren.« Metall klapperte, dann war ein Surren zu hören. »Als ich von dem Gebilde infiziert worden war, glaubte ich sterben zu müssen. Doch nach dem Erwachen ahnte ich, dass ich mich lediglich verändert hatte. Bei einem Sturz hatte ich mir das Fußgelenk gebrochen, war aber in der Lage, es selber zu heilen. Ich fühlte mich stärker als je zuvor und konnte der Kälte besser trotzen. Dennoch überschätzte ich mich und wäre auf dem Heimweg nach Lorick beinahe gestorben, wenn ich nicht von einem Mann namens Swann gerettet worden wäre. Ich ließ ihn zum Dank an
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