Morton, Kate
Stimme ist
so vertraut, dass all die Sehnsucht, die sich in ihr aufgestaut hat, seit er
weggegangen war, nach außen drängt. »Setz dich neben mich«, sagt er, »und
erzähl mir, warum du so verängstigt dreinschaust.«
Und sie
beginnt. Sie erzählt ihm alles. Alles über ihren Traum, den Mann, der sie holen
will, den furchterregenden Mann im Schlamm.
Am Schloss
angekommen, sah Tom, dass das Licht nicht von einer Laterne kam. Das rettende
Leuchtfeuer, das die Seeleute sicher nach Hause geleitet und dem auch er
gefolgt war, stammte in Wirklichkeit von einer elektrischen Lampe, deren Licht
durch das Fenster eines der Zimmer im Schloss nach außen drang. Ein
Fensterladen hing lose herunter, und deshalb war das Haus nicht vollständig
verdunkelt.
Er würde
sich anbieten, ihn zu reparieren. Von Juniper wusste er, dass die Schwestern
sich ganz allein um das Haus kümmerten, nachdem sie das wenige Personal, das
ihnen geblieben war, an den Krieg verloren hatten. Tom war nicht gerade ein
großer Handwerker, aber mit einem Hammer konnte er zur Not umgehen.
Schon
etwas zuversichtlicher watete er durch eine Pfütze in dem niedriger liegenden
Streifen Erde, der das Schloss umgab, und stieg die Eingangsstufen hoch. Vor
der Tür machte er Inventur: Sein Haar, seine Kleider, seine Füße hätten nicht
nasser sein können, wenn er durch den Kanal geschwommen wäre, um hierherzugelangen.
Aber er hatte sein Ziel erreicht. Er nahm den Seesack von der Schulter und
suchte nach dem Marmeladenglas. Da war es. Er zog es heraus, hielt es fest in
der Hand und tastete es prüfend ab, ob es keinen Schaden genommen hatte.
Es fühlte
sich unversehrt an. Vielleicht ging es ja bergauf mit seinem Glück. Lächelnd
fuhr er sich mit der Hand durchs Haar, um es in Ordnung zu bringen; dann
klopfte er und wartete, das Marmeladenglas in der Hand.
Fluchend
schlug Percy mit der flachen Hand auf den Deckel der Werkzeugkiste. Herrgott
noch mal, wo war der verflixte Hammer? Sie zermarterte sich das Hirn, versuchte
sich zu erinnern, wann sie ihn das letzte Mal benutzt hatte. Sie hatte Saffys
Hühnerauslauf repariert, die losen Fensterbretter im guten Zimmer und die
Balustrade im Treppenhaus des Turms ... Sie konnte sich nicht mehr erinnern,
bei welcher Gelegenheit sie den Hammer wieder in die Werkzeugkiste gelegt
hatte, aber sie war sich ganz sicher, dass sie es getan hatte. Mit diesen
Dingen ging sie achtsam um. Verdammt.
Mit einer
Hand griff Percy zwischen den Knöpfen ihres Regenmantels hindurch in ihre
Hosentasche und atmete erleichtert auf, als sie den Tabakbeutel zu fassen
bekam. Sie zog ein Zigarettenblättchen heraus, glättete es und hielt es so,
dass kein Wasser von den Ärmeln, aus den Haaren und von der Nase darauftropfte.
Sie verteilte den Tabak entlang der Falte, rollte das Blättchen ein, leckte es
an und klebte es zu. Dann klopfte sie ein Zigarettenende auf ihre Hand, zündete
ein Streichholz an, sog gierig den herrlich würzigen Rauch ein und atmete ihren
Ärger aus.
Ein
verschwundener Hammer hatte ihr heute Nacht gerade noch gefehlt, nach Junipers
Rückkehr und dem rätselhaften Blut auf der Bluse, der Neuigkeit, dass sie zu
heiraten beabsichtigte, ganz zu schweigen von ihrer Begegnung mit Lucy am
Nachmittag ...
Percy
inhalierte noch einmal und atmete dann tief aus. Saffy hatte es nicht so
gemeint, es konnte nicht sein — sie wusste nichts darüber, was mit Lucy gewesen
war, nichts über die Liebe und den Verlust, den Percy erlitten hatte. Percy war
immer äußerst vorsichtig gewesen. Natürlich konnte ihre Zwillingsschwester
etwas gehört oder gesehen oder gespürt haben, was sie nicht wissen sollte, aber
wenn schon. Saffy war nicht der Typ, Percy mit ihrem Kummer zu konfrontieren.
Sie wusste besser als jeder andere, was es bedeutete, seiner Liebe beraubt zu
werden.
Ein
Geräusch. Percy hielt den Atem an und lauschte angestrengt. Nichts war zu
hören. Sie musste an Saffy denken, die schlafend auf der Chaiselongue saß, das
leere Whiskyglas auf dem Schoß. Vielleicht hatte sie sich bewegt, und es war zu
Boden gefallen. Percy warf einen Blick zur Decke, wartete noch eine halbe
Minute, dann sagte sie sich, dass es so gewesen sein musste.
Wie auch
immer, sie hatte jetzt keine Zeit, herumzustehen und über die Vergangenheit zu
lamentieren. Die Zigarette zwischen den Lippen, setzte sie ihre Suche nach dem
Hammer fort.
Tom
klopfte noch einmal und stellte das Marmeladenglas neben der Tür ab, damit er
sich die Hände warm
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