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Morton, Kate

Morton, Kate

Titel: Morton, Kate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die fernen Stunden
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Beste.«
    »Natürlich.
Es gibt doch nichts Traurigeres als ein gedeckter Tisch für ein Abendessen, das
nicht stattgefunden hat ... Mein Gott!« Sie stand an der Tür und betrachtete
das Chaos. »Was ist denn hier passiert?«
    »Ich habe
nicht aufgepasst.«
    »Und was
ist das?« Saffy trat näher heran. »Das sieht doch aus wie Marmelade, ein ganzes
Glas voll. Was für eine Schande!«
    Percy
hatte es an der Eingangstür gefunden, als sie mit der Schaufel zurückgekommen
war. Der Regen hatte aufgehört, die Wolkendecke war aufgerissen, und ein paar
übereifrige Sterne hatten die dunkle Himmelsdecke durchbrochen. Sie hatte zuerst
den Seesack gesehen, und dann das Marmeladenglas daneben.
    »Wenn du
Hunger hast, Perce, bringe ich dir ein bisschen was von dem Kaninchen.« Saffy
stand über die Scherben gebeugt und räumte auf.
    »Ich habe
keinen Hunger.«
    Sie war in
die Küche gekommen, hatte die Marmelade und den Seesack auf den Tisch gestellt
und lange betrachtet. Eine Ewigkeit war vergangen, bis die Botschaft vom Kopf
zur Hand gelangt war, der ihr befahl, den Seesack zu öffnen und nachzusehen,
wem er gehörte. Sie hatte natürlich gewusst, dass er es sein musste, den sie
beerdigt hatte, aber sicher war sicher. Mit zitternden Fingern und klopfendem
Herzen hatte sie die Hand ausgestreckt und dabei das Marmeladenglas vom Tisch
gestoßen. Was für eine unverzeihliche Verschwendung.
    Im Seesack
hatte sich nicht viel befunden. Unterwäsche zum Wechseln, eine Brieftasche mit
sehr wenig Geld und ohne Adresse, ein in Leder gebundenes Notizbuch. In diesem
Notizbuch hatte sie die Briefe gefunden. Einen von Juniper, den zu öffnen sie
nicht übers Herz brachte, einen anderen von jemandem namens Theo, einem
Bruder, wie sie dem Brief hatte entnehmen können.
    Denn
diesen hatte sie gelesen. Sie war so tief gesunken, die Post eines Toten zu
lesen, hatte mehr erfahren, als sie je über seine Familie hatte wissen wollen
- die Mutter, eine Witwe, die Schwestern und deren kleine Kinder, und es gab
einen Bruder, der geistig zurückgeblieben war und von allen besonders geliebt
wurde. Sie hatte sich dazu gezwungen, jedes Wort zweimal zu lesen; es war die
unausgegorene Vorstellung, irgendwie etwas wiedergutmachen zu können, indem
sie sich selbst bestrafte. Eine törichte Vorstellung. Es würde keine
Wiedergutmachung geben für das, was geschehen war. Außer vielleicht durch
Ehrlichkeit.
    Aber gab
es irgendeine Möglichkeit, ihnen zu schreiben und die Wahrheit zu berichten?
Damit sie verstünden, wie es dazu gekommen war; dass es ein Unfall gewesen war,
ein grässlicher Unfall, und nicht im Geringsten Saffys Verschulden; dass Saffy,
ausgerechnet die arme Saffy, die Allerletzte war, die dazu fähig wäre, einem
anderen Menschen einen Schaden zuzufügen; dass ihr eigenes Leben ebenfalls
ruiniert worden war; dass es ihr trotz ihrer Träume von London, trotz ihres
Verlangens, das Schloss zu verlassen, nie gelungen war, die Grenzen von Milderhurst
zu durchbrechen, vor allem nicht seit jenem ersten hysterischen Anfall im
Theater; dass, wenn überhaupt jemand die Schuld am Tod des jungen Mannes trüge,
es ihr Vater wäre, Raymond Blythe ...
    Nein. Die
Sache so zu sehen konnte man von niemandem erwarten. Niemand würde
nachvollziehen können, was es bedeutete, im Schatten dieses Buches
aufzuwachsen. Voller tiefer Verbitterung dachte Percy über das grauenhafte
Vermächtnis des Modermann nach. Was heute Nacht geschehen
war, der Schaden, den die arme Saffy unwissentlich angerichtet hatte - das war
das Vermächtnis seiner Missetat. Er hatte ihnen Milton vorgelesen, als sie noch
klein waren: »Der Böse fällt auf sich selbst zurück.« Und Milton hatte recht,
denn sie bezahlten jetzt für die schlimme Tat ihres Vaters.
    Nein. Es
würde keine Ehrlichkeit geben. Sie würde der Familie etwas anderes schreiben,
an diese Absenderadresse, die sie in seinem Seesack gefunden hatte, Henshaw
Street, London. Den Seesack selbst würde sie vernichten. Wenn nicht vernichten,
dann wenigstens verstecken. Das Familienarchiv war vielleicht der beste Ort
dafür - was für eine sentimentale Närrin sie doch war: fähig, einen Toten zu
begraben, aber unfähig, seine persönlichen Sachen wegzuwerfen. Die Wahrheit
und die Leugnung derselben war eine Last, die Percy würde tragen müssen. Was
ihr Vater auch getan hatte, in einer Hinsicht hatte er recht gehabt: Es lag in
ihrer Verantwortung, sich um ihre beiden Schwestern zu kümmern. Und sie würde
dafür sorgen, dass sie

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