Mosaik
besondere chemische Struktur gewährleistete Wärme selbst bei
Wassertemperaturen von nur zwei Grad Celsius. Dennoch
gewann Kathryn den Eindruck von Kühle.
Die zweite Überraschung bestand in der absoluten Klarheit des Wassers. Sie glaubte, hundert Meter weit sehen zu können –
obwohl es eigentlich gar nichts zu sehen gab. In diesem See existierten weder Pflanzen noch Fische; diese Welt hier bestand allein aus Felsen und Wasser.
Stille herrschte, schenkte Kathryn Ruhe und Frieden. Mühelos schwamm sie durch die klare Kühle und behielt dabei die beiden grünen Markierungslichter auf Hobbes’ Rücken im Auge. Sie wiesen darauf hin, daß mit ihm alles in Ordnung war.
Er glitt nach unten, hielt gleichzeitig auf die Felswand des alten Steinbruchs zu und suchte dort nach einer Öffnung, nach einem Spalt oder dunklen Fleck, der auf ein Loch hinwies, das vielleicht Zugang zum Höhlensystem gewährte.
Etwa vierzig Minuten lang tauchten sie und suchten methodisch die Felswände ab, ohne etwas anderes zu finden als nur massives Gestein. Schließlich gab Hobbes das Zeichen zum Auftauchen, und sie kehrten an die Wasseroberfläche zurück.
Kathryn war dankbar dafür, denn inzwischen empfand sie die Kälte als recht unangenehm. Sie wollte sich aufwärmen und etwas essen.
Doch Hobbes dachte gar nicht daran, wieder an Land zu gehen.
»Ich glaube, ich habe etwas gefunden.«
»Wo?« Kathryn hatte aufmerksam Ausschau gehalten, jedoch nichts entdeckt, das nach einer Öffnung aussah.
»Wir müssen ein ganzes Stück tiefer, um die Stelle zu erreichen.
Ich würde gern zurückkehren und mir die Sache aus der Nähe ansehen. Du könntest bei etwa fünfundzwanzig Meter auf mich warten.«
»Das ist ziemlich tief.«
»Aber noch diesseits unseres Sicherheitslimits. Denk daran: Angesichts der geringeren marsianischen Schwerkraft ist das Wasserdruck nicht so hoch wie auf der Erde.«
Kathryn fühlte Hobbes’ Blick, während sie kaltes Wasser traten.
Sie wünschte sich wirklich, ins Trockene zu gelangen und sich aufzuwärmen, doch das wollte sie Hobbes Johnson gegenüber nicht zugeben. Deshalb nickte sie und rückte einmal mehr die Atemkieme zurecht. Er folgte ihrem Beispiel, und sie sanken wieder in die Tiefe.
Als sie sich fünfundzwanzig Meter unter der Wasseroberfläche befanden, forderte Hobbes Kathryn mit einer knappen Geste auf, an dieser Stelle zu verharren und zu warten. Sie beobachtete, wie er noch tiefer tauchte, der Dunkelheit entgegen. Seine Gestalt verschmolz mit den Schatten, die sich dort erstreckten, wohin das Sonnenlicht nicht vordringen konnte. Bald fiel es ihr schwer, das Glühen der Markierungslichter zu erkennen.
Und dann verschwand Hobbes ganz.
Kathryn spürte einen Frost, der noch kälter war als das Wasser.
Und wenn dem Jungen etwas zugestoßen war? Wie sollte sie davon erfahren? Wie tief wollte er tauchen? Wie lange würde er unten bleiben?
Sie zwang sich zur Ruhe, atmete langsam und gleichmäßig, fokussierte den Blick auf ihre geisterhaft weißen Hände.
Allmählich wich die Panik aus ihr, und daraufhin sah sie erneut in die dunkle Tiefe. Unglücklicherweise hatte sie keine
Unterwasserfackel mitgebracht, auch keine Lampe. Der Grund: Ihr ursprünglicher Plan sah nicht vor, so tief zu tauchen.
In der Finsternis bewegte sich nichts.
Zehn Minuten verstrichen, und Kathryn begriff, daß sie handeln mußte. Nach und nach sank sie tiefer, achtete darauf, auch weiterhin gleichmäßig zu atmen. Sie durfte jetzt auf keinen Fall die Kontrolle über sich verlieren.
Nur konturlose Dunkelheit bot sich ihren Blicken dar. Sie sah zur Felswand und hoffte, das Etwas zu erkennen, das Hobbes Neugier geweckt hatte.
Schließlich sah sie es, fünf Meter weiter unten.
Eine dunkle, klaffende Spalte in der Wand, kaum sichtbar in der Düsternis, nur ein vager Schemen. War es Hobbes darum
gegangen? Als Kathryn näherkam, stellte sie fest, daß es sich tatsächlich um eine Öffnung handelte: ein schwarzes Loch in der Felswand, etwa zehn Meter breit und fünf Meter hoch. Sie glitt ihm entgegen.
Plötzlich merkte sie, daß sie von dem Loch angezogen wurde.
Hier gab es eine Strömung, und das bedeutete: Es konnte der Zugang zu einem unterirdischen Fluß sein, vielleicht sogar zu einem Höhlensystem, das sich tief in der Kruste des Planeten erstreckte.
Kathryn ließ sich von der Strömung zur Öffnung ziehen, die sich nun dicht unter ihr befand.
Doch sobald sie auf einer Höhe mit dem Loch war, nahm die Strömung
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