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Mosaik

Mosaik

Titel: Mosaik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Taylor
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schlagartig zu. Sie fühlte sich von einem jähen Zerren erfaßt, und der dunkle Schlund verschluckte sie.
    Verzweifelt versuchte sie, sich der Strömung zu widersetzen, doch schon nach wenigen Sekunden sah sie die Vergeblichkeit solcher Bemühungen ein. Sie kämpfte nicht mehr dagegen an, hielt statt dessen auf die Wand zu.
    Wie durch ein Wunder fanden ihre Hände Halt. Eine kleine, nach oben ragende Felsnase erlaubte ihr, sich daran festzuhalten, um nicht noch tiefer in die Schwärze gesaugt zu werden.
    Für eine Weite blieb sie von Furcht gelähmt. Sie dachte an ihren Vater, an ihre Sorge, daß es seine Schritte waren, die sie auf dem Felsplateau gehört hatte. Wenn er es doch nur gewesen wäre!
    Dann könnte sie jetzt die Sicherheit der Kolonie genießen, wenn auch mit Stubenarrest bestraft.
    Hier drohte der Tod.
    Wo steckte Hobbes? Hatte ihn die Strömung ebenfalls in diesen Kanal gerissen? Mit aller Kraft hielt sich Kathryn an dem kleinen Felsvorsprung fest, drehte den Kopf und sah nach hinten.
    Etwa fünf Meter entfernt glühten zwei grüne Markierungslichter im tintenschwarzen Wasser. Die Distanz zu ihnen wuchs nicht, aber das Licht flackerte, als die kleinen Module von der Strömung bewegt wurden. Offenbar war es auch Hobbes
    gelungen, sich irgendwo festzuhalten.
    Die Umgebung blieb Kathryn verborgen. Abgesehen von den beiden Markierungslichtern herrschte völlige Finsternis, in der Kathryn absolut nichts sehen konnte.
    Um Hobbes zu erreichen, mußte sie an der Wand andere Stellen finden, die Halt boten. Sie löste die eine Hand von der Felsnase, tastete in der Dunkelheit – und fand einen zweiten kleinen Vorsprung. Dort hielt sie sich fest, löste die andere Hand und achtete darauf, daß sie in unmittelbarer Nähe der Wand blieb, wo die Strömung weniger stark war.
    Kathryn wiederholte den Vorgang mehrmals, und einige
    Minuten verstrichen. Zentimeter um Zentimeter näherte sie sich Hobbes, während das kalte Wasser unablässig an ihr zerrte. Sie fragte sich, warum Hobbes passiv blieb, warum er sich nicht nach vorn zog, der Öffnung entgegen.
    Als sie die beiden Markierungslichter erreichte, fand sie eine Antwort. Der Junge befand sich nicht an der Wand, sondern fast im Zentrum des Kanals – was ihm dort Halt bot, blieb Kathryn ein Rätsel. Eins stand fest: Von seiner gegenwärtigen Position aus konnte er die Wand nicht erreichen. Er saß fest.
    Kathryn überlegte, wie sie ihm helfen sollte. Wußte er überhaupt von ihrer Präsenz? Bestimmt – wenn sie seine Markierungslichter sah, so mußte er auch ihre bemerken. Sie schloß beide Hände um einen kleinen Vorsprung und krümmte den Leib, so daß er immer weiter in den Kanal hineinragte.
    Kurz darauf berührten ihre Beine seinen Körper. Kathryn übte rhythmischen Druck aus und versuchte, dadurch eine Botschaft zu übermitteln – Hobbes sollte sich an ihr festhalten.
    Es dauerte nicht lange, bis er verstand. Kathryn fühlte, wie sich eine Hand um ihren Fußknöchel schloß, dann eine zweite.
    Plötzlich mußten ihre eigenen Hände mit der doppelten Belastung fertig werden, denn Hobbes hing mit seinem ganzen Gewicht –
    beziehungsweise mit seiner ganzen Masse – an ihr. Die
    entscheidende Frage lautete nun: War Kathryn kräftig genug, um sie beide durch die Öffnung zu ziehen, zurück in den See?
    Wenn es ihr gelang, ihn näher zur Wand zu bringen, so konnte er sich dort festhalten. Sie nutzte die Strömung aus, um die Beine zurückschwingen zu lassen. Das Zerren an ihnen schien immer mehr zuzunehmen und so stark zu werden, daß Kathryns Hände an dem Felsvorsprung abglitten…
    Dann ließ der Druck abrupt nach. Sie drehte den Kopf und sah Hobbes’ Markierungslichter an der Wand – allem Anschein nach hatte er irgendwo Halt gefunden.
    Und dann begann der eigentliche Kampf. Kathryns Finger waren eiskalt und fast ganz taub. Immer wieder rutschten sie am glatten Fels ab. Sie bemühte sich, nicht den Mut zu verlieren, tastete in der Dunkelheit hin und her, auf der Suche nach kleinen Vorsprüngen, an denen sie sich etwas weiter nach vorn ziehen konnte.
    Wie in Zeitlupe kam die Öffnung näher. Kathryn stellte sich vor, wie die pechschwarze Finsternis einem ersten vagen Grau wich, was darauf hindeutete, daß sie nur noch einige wenige Meter zurücklegen mußte, um diese kalte Hölle zu verlassen. Sie dachte daran, dem Sonnenlicht entgegenzuschwimmen, in eine Welt der Helligkeit und Wärme zurückzukehren…
    Dann fanden Kathryns Finger eine Kante.
    Sie

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