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Mosaik

Mosaik

Titel: Mosaik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Taylor
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Wände, an denen sich Malereien im klassischen griechischen Stil zeigten: Nymphen und Satyrn in elysischen Landschaften. Sie repräsentierten die bizarre Vision von einer idyllischen Ära, die nur in der menschlichen Phantasie existiert hatte. Doch die unsteten Schemen verliehen den Darstellungen etwas Düsteres und Böses, verzerrten die Gestalten’ und ließen ihr Lächeln dämonisch erscheinen. Kathryn schauderte und wandte sich von den Bildern ab. »Seht nur«, sagte Cheb. Seine Stimme schien jetzt viel lauter zu sein, schien wie die Flamme eines Plasmabrenners durchs Haus zu schneiden.
    Er deutete auf einen ganz bestimmten Abschnitt der
    Wandmalereien, die ein idealisiertes Bild des Schlosses zeigten, in dem sie sich befanden. Es stand ebenfalls auf einem Hügel, umgeben von Heidelandschaft.
    »So sah Mr. Magruder sein Schloß. Und dieses Paar… Hier seht ihr Magruder und seine schöne Braut, die holde Mary Joanna Dugan.«
    Kathryn sah zu den beiden Personen, die mit einem fröhlichen Lächeln vor dem großen Gebäude standen. Der Mann hatte der Frau den Arm um die Schultern gelegt; sie blickte bewundernd zu ihm auf. Das kastanienbraune Haar reichte ihr über die Schultern hinweg. Ein blaues Band glänzte darin, zeigte die gleiche Farbe wie ihr griechisches Gewand.
    Magruder war kräftig gebaut und hatte ein kantiges Gesicht.
    Seine Augen zeigten Entschlossenheit, und bei ihm deutete das Lächeln vor allem auf Erfolg hin, nicht so sehr auf Freude. »Die Welt gehört mir«, hörte Kathryn seine imaginäre Stimme. »Ich habe alles unter Kontrolle.«
    »Komm weiter.«
    Sie hob den Kopf und stellte fest, daß Cheb auf sie wartete. Die anderen hatten bereits den Treppenabsatz des dritten Stocks erreicht. Kathryn fröstelte kurz, als sie sich von dem Bild des Paars und ihres Traumschlosses abwandte.
    Kurz darauf nahm sie erneut den Geruch von verbranntem Holz wahr, stärker als vorher.
    Sie sah zu Cheb auf und suchte Trost in seinen blauen Augen, denn plötzlich zitterte Angst in ihr. »Jemand ist hier«, flüsterte sie.
    Erleichterung erfaßte sie, als er sie an der Wange berührte und lächelte. »Ja«, sagte er. »Der Geist von Mary Dugan.«
    Sein Scherz vertrieb zumindest einen Teil der Unruhe aus ihr.
    Wie dumm, sich zu fürchten. Außer ihnen befand sich niemand in diesem leeren, unbewohnten Haus – sie ließ sich von ihrer Phantasie einen Streich spielen. Geistergeschichten und dergleichen…
    Kathryn erwiderte das Lächeln. Gemeinsam mit Cheb ging sie nach oben.
    Die anderen waren blaß und starrten durch den Flur.
    Kathryn sah in die gleiche Richtung, und eine Sekunde später erbleichte auch sie: Licht flackerte durch den Spalt unter einer geschlossenen Tür. Sie schnappte erschrocken nach Luft, und es lief ihr kalt über den Rücken. Aus einem Reflex heraus hielt sie sich an Chebs Ärmel fest.
    Zu ihrem großen Entsetzen näherte er sich der Tür.
    Sie zog an seinem Arm. »Was hast du vor?«
    »In diesem Haus dürfte sich niemand aufhalten. Ich möchte herausfinden, wer sich in dem Zimmer dort befindet.«
    » Wir dürften uns hier nicht aufhalten. Es steht uns nicht zu, hier irgend etwas zu kontrollieren.«
    »Das finde ich auch«, warf Blake ein. »Laßt uns verschwinden.«
    »Habt ihr etwa Angst? «
    fragte Cheb mit einer
    unmißverständlichen Herausforderung in der Stimme.
    »Ja«, sagte Blake schlicht und ließ sich nicht ködern. »Diese Sache ist jetzt nicht mehr lustig.«
    »Würdest du dich ebenso verhalten, wenn es um die
    Erforschung eines fremden Planeten ginge? Kneifst du einfach, wenn es keinen Spaß mehr macht?«
    »Tut mir leid, Cheb, das zieht bei mir nicht. Ich gehe. Wer kommt mit?«
    Die Anspannung wuchs, und Kathryn glaubte zu spüren, wie die Dinge außer Kontrolle gerieten. Sie wollte das Haus verlassen, aber wenn sie ging, verletzte sie Cheb. Warum machte er eine Mutprobe daraus?
    Die Umstände ersparten es Kathryn, eine Entscheidung zu treffen. Als die vier jungen Leute unschlüssig im dunklen Flur standen, öffnete sich plötzlich die Tür, und ein Gespenst mit wehendem Haar und blauem Gewand kam zum Vorschein. Es
    heulte und schwang einen Leuchter.
    Anna schrie und stob die Treppe hinunter, gefolgt von Kathryn und Blake. Cheb zögerte kurz auf dem Absatz, doch das
    Kreischen der Erscheinung klang drohend, und deshalb entschloß er sich ebenfalls zur Flucht.
    Oben heulte die Frau auch weiterhin, und angesichts ihrer schrillen Stimme konnte Kathryn die einzelnen Worte nicht

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