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Moser Und Der Tote Vom Tunnel

Moser Und Der Tote Vom Tunnel

Titel: Moser Und Der Tote Vom Tunnel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Baehr
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Traktate gehandelt. Einmal hatte er auch eine österreichische Zeitung sowie eine Landkarte bei Koloman gesehen.
    Der Kriminalrat wandte sich nun an die beiden anderen Arbeiter, die ihr Würfelspiel unterbrochen hatten und aufmerksam der Unterredung zuhörten; so, als ob sie mehr verständen als sie zugeben wollten. Géza übersetzte; seine Kameraden bestätigten weitgehend seine Angaben über Koloman. Kettenring ließ die übrigen Arbeiter in der Baracke wecken. Auch sie konnten oder wollten keine weiteren Angaben über Koloman und sein seltsames Verhalten machen.
    Moser insistierte mehrfach, merkte aber bald, dass aus den ungarischen Arbeitern nichts herauszubekommen war. Wie Kettenring schon sagte, es handelte sich um eine ›verschworene Gemeinschaft‹.
     
    »Ich denke, wir haben genug gehört; lassen Sie uns wieder in die Stadt zurückfahren. Wir werden heute sowieso nichts mehr erfahren«, erklärte Moser.
     
    Vor der Baracke kam ein etwa sechzigjähriger Arbeiter auf die Herren zu. »Sagen Sie mal, Sie sind doch der Polizist aus München? Kopp, Karl ist mein Name. Bin hier so was wie das Mädchen für alles, wenn Sie wissen, was ich meine. Mich setzen die immer dort ein, wo sie mich brauchen …« Kettenring wisperte Moser ins Ohr: »Das ist der alte Kopp. Sozusagen ein Veteran unter den Arbeitern hier im Lager. Er war schon 1855 beim Bau der Maxbahn dabei. Jetzt bekommt er so eine Art Gnadenbrot von uns. Wenn Serini nicht wäre, hätte ich ihn schon lange nach Hause geschickt. Er ist inzwischen viel zu alt für die schwere Arbeit.«
    »Hören Sie mal«, redete Kopp weiter, »ich bin zwar alt und manche behaupten, ich packe es nicht mehr, aber ich bekomme immer noch alles mit. Sie suchen doch den, der diesen Kerl aus Ungarn umgebracht hat. Mir ist da was aufgefallen …«
    »Das ist ja hochinteressant«, meinte der Kriminalrat, »aber lassen Sie uns in die Baracke des Bauleiters gehen. Es muss ja nicht jeder alles mitbekommen.« Im Baubüro angelangt, setzte sich Moser hinter Kettenrings Schreibtisch, der nicht schlecht über diesen Umstand staunte. »So, lieber Herr Kopp, dann erzählen Sie mal, was Sie beobachtet haben.«
    »Ja, Herr Kommissär, das ist so: ich war gerade mit einer Schubkarre von der Baustelle am Bahnwärterhaus da oben unterwegs«, Kopp zeigte aus dem Fenster auf das Wärterhaus auf dem hohen Damm über dem Lager, »und wollte neue Unterlegscheiben holen, wissen Sie, die Dinger, die immer unter die Schrauben gelegt werden …«
    »Ja, ja, aber können Sie uns bitte endlich sagen, was Sie mitbekommen haben; ich habe nicht ewig Zeit«, unterbrach ihn Moser ungeduldig.
    »Ja, ah so; na, wie ich also gerade vom Damm herunter und wieder auf dem Weg war, kam mir ein Mann entgegen.«
    »Was für ein Mann?«, drängelte Moser.
    »So einer, den ich hier noch nie gesehen habe. Sie müssen wissen, dass ich hier alle kenne.«
    »War es denn ein Ausländer, vielleicht ein weiterer Ungar?«
    »Ne, ne, ein Ungar war das nicht. Aber wohl doch ein Ausländer. Hat so ähnlich geredet wie die Zwockel; wissen Sie, so ähnlich wie Sie.«
    Der Kriminalrat schäumte; wie konnte man ihn als Zwockel titulieren. Sehnert hatte sich die ganze Zeit still verhalten, mischte sich nun aber doch ein: »Sie meinen also, der Fremde war ein Bayer. Wie sah er denn aus, wie alt war er, was hatte er an?«
    »Ne, ne, hab doch nur gesagt, dass er so ähnlich geredet hat. Nur so ähnlich. Wissen Sie, damals im Krieg Anno 66 hab ich im Lazarett schon mal mit Leuten gesprochen, die genauso geredet haben. Das waren doch Österreicher …«
    Moser hatte sich inzwischen wieder gefangen und setzte seine Befragung fort. »Sie meinen also, es handelte sich um einen Österreicher. Was wollte er denn?«
    »Er erkundigte sich, ob ich einen Ungarn kenne, der Koloman heißt, und wo er ihn finden könnte. Habe ihn natürlich gefragt, was er von Koloman wolle. Er sagte, dass er ihn von früher kennt und ihn besuchen will. Hab ihm dann die Baracke von Koloman gezeigt. Der war aber nicht da. Glaub, er war auf der Schicht«, erzählte Kopp.
    »Und weiter? Was hat der Mann dann gemacht?«
    »Na, der ging dann auf der alten Straße Richtung Hinterweidenthal zurück, von wo aus er gekommen war. Habe ihn aber in den folgenden Tagen noch mehrfach beobachtet, wie er um die Ungarn-Baracke herumschlich.«
    »Wann haben Sie denn überhaupt diesen Fremden zum ersten Mal gesehen?«, wollte Sehnert wissen.
    »Das erste Mal, also als ich mit dem Schubkarren

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