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Moskito

Moskito

Titel: Moskito Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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Couchtisch fischte. Er fand nicht, daß Judy für Marcys Sünden büßte. Marcys Sünde hatte in ihrem Ehrgeiz bestanden – in ihrem langsam wachsenden Ehrgeiz, der erst nach und nach erwacht war, als sie bemerkte, daß ihre beeindruckende Kompetenz in der Welt der Großunternehmen weitaus mehr einbringen konnte als das Verdienst eines Grünschnabels beim FBI, der vier Jahre jünger war als sie. Soviel Robert wußte, lebte Marcy jetzt mit ihrem Boss, dem Generaldirektor, zusammen. Judy hingegen hatte trotz der Berühmtheit ihres ersten Mannes keinerlei Ambitionen in dieser Richtung. Judy hatte ihre eigenen Sünden.
    »Judy, ich sage es dir immer wieder … ich liebe dich, aber ich bin glücklich mit der Art und Weise, wie die Dinge jetzt stehen.«
    »Aber ich nicht!« rief sie. »Zählt das denn gar nichts?«
    Cavanaugh schloß die Augen. Er wollte dieses Gespräch nicht. Wirklich nicht. Nicht schon wieder. Nicht heute abend. »Judy …«
    Sein offizielles Handy klingelte.
    Cavanaugh riß es aus seiner Hosentasche. »Kommt ja wie gerufen«, murmelte Judy sauer. Er tat so, als hätte er es nicht gehört.
    »Ja? Robert Cavanaugh hier!«
    »Agent Cavanaugh? Vom FBI?« Eine weibliche Stimme, jung und nervös.
    »Ja, der bin ich.«
    »Tut mir leid, wenn ich Sie so spät noch störe, aber ich rief die FBI-Nummer aus dem Telefonbuch an, und dort gab mir ein Tonband diese Nummer …«
    »Ja«, sagte Cavanaugh mit neutraler Stimme. Das Bandgerät war der dritte und letzte Bewohner des Büros, wenn man Setons täglich anfallenden Müll außer Acht ließ: leere Dorito-Packungen, Limonadedosen, zerknülltes Druckerpapier und jede Menge 302er. Es wachset und gedeihet wie das Gras … »Wie ist Ihr Name, und was kann ich für Sie tun?«
    »Ich heiße Rachel Pafford und bin Krankenschwester am Dellridge Gemeindekrankenhaus in La Plata. Erst seit kurzem. Ich bin noch ziemlich neu im Beruf. Ich rufe an, weil ich glaube, daß hier irgend etwas … Merkwürdiges passiert, und keiner unternimmt etwas. Ich dachte, die Bundespolizei wäre die richtige Stelle, an die ich mich wenden sollte. Ich habe schon mit meiner Vorgesetzten, der Oberschwester, darüber gesprochen, aber sie sagte, es sei statistisch nicht signifikant. Doch ich finde das ganz und gar nicht!« Ein leises, trotziges Tremolo in der Stimme.
    Cavanaughs Gesicht drückte weiterhin professionelle Anteilnahme aus, obwohl er bei sich bereits entschieden hatte, daß es sich hier wieder einmal um einen Fall akuter Paranoia handelte. Hier gab es zwei Untergruppen: zum einen den Spinner, der UFO-Landungen in den Salzsümpfen meldete, und zum anderen den leicht zu ängstigenden Konformisten, der in jeder durchstochenen Nase, jedem rasierten Schädel und in jedem seltsamen Geräusch in seinem Telefon eine Verschwörung zum Sturz der Regierung witterte. Eine Rauchbombe im Schulklo, und sie rechneten mit Waco. Aber Judy saß dort drüben, das purpurrote Strickzeug auf dem Schoß und ein feuriges Glosen in den Augen, und so war Cavanaugh willens und bereit, Schwester Pafford zuzuhören bis zum Jüngsten Tag.
    »Schildern Sie mir alle besorgniserregenden Vorfälle, Madam. Von Anfang an, bitte.«
    »Also, wir bekommen unentwegt Schlaganfälle eingeliefert. Was ich sagen will: die haben wir ja immer, aber nicht so viele wie jetzt. Ich hatte übers Wochenende Nachtdienst. Wir hatten fünf Schlaganfälle Samstag nacht und drei Sonntag nacht. Und die meisten davon waren Leute, die normalerweise nicht zur Risikogruppe gehören: junge Erwachsene, sogar Kinder. Und was mich stutzig macht …« – ihre Stimme senkte sich –, »sie sind alle schwarz.«
    »Alle? Nicht ein einziger weißer Patient darunter?«
    »Na ja, doch, den hatten wir. Aber bloß einen einzigen! Die Schwarzen … es sind ganz einfach zu viele, das ist nicht normal!«
    »Ehhhmmm.«
    »Also habe ich die Aufnahmebücher eingesehen. Die außergewöhnliche Häufung von Schlaganfällen begann vor drei Wochen, Anfang Mai. Ich habe eine Grafik angefertigt: die Anzahl steigt seither dauernd an. Und bis auf zwei waren alle schwarz.« In der unsicheren jungen Stimme lag plötzlich so etwas wie Würde: »Ich weiß, wie das klingt, Agent Cavanaugh, aber ich bin nicht verrückt.«
    »Nein. Ich bin überzeugt davon, daß Ihre Befürchtungen durchaus nicht ohne Grundlage sind. Vielleicht sollte ich rüber ins Krankenhaus kommen, damit wir uns weiter über die Sache unterhalten können? Sind Sie im Dienst?«
    »Sie meinen … jetzt? Nein, ich

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