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Moskito

Moskito

Titel: Moskito Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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bin zu Hause in Port Tobacco; ich wollte nicht aus dem Dellridge anrufen …«
    »Gut, geben Sie mir bitte die Adresse«, sagte Cavanaugh energisch. Er schrieb sie auf einen der Notizblocks, die Judy im ganzen Haus herumliegen hatte. Farblich abgestimmt auf die Vorhänge. »Ich bin in zwanzig Minuten da.«
    »Oh, vielen Dank!«
    »Ich muß los, Liebes«, sagte Cavanaugh zu Judy. »Endlich kommen die Geschäfte in Schwung. Oben im Charles County.« Er huschte in den Korridor, der zu den beiden Schlafzimmern des Hauses führte, und hoffte, sie würde ihm nicht folgen. Sie folgte ihm nicht. Er wechselte von T-Shirt in Hemd und Krawatte und steckte seinen Ausweis, ein Notizbuch und die Dienstwaffe, einen Smith & Wesson, ein. Bei letzterem fühlte er sich etwas lächerlich – für das Gespräch mit einer psychotischen Krankenschwester in Port Tobacco? Aber er wollte Judy sehen lassen, daß es sich hier um eine echte FBI-Angelegenheit handelte und nicht bloß um eine Ausrede, um der Unterhaltung mit ihr zu entgehen.
    Sie saß mit steinerner Miene auf dem Sofa. Er küßte sie im Vorbeigehen auf den Scheitel. »Tut mir leid, Liebes, ich sehe zu, daß es nicht zu spät wird.«
    »Klar«, sagte Judy, »du möchtest doch sicher nicht all den guten Sex versäumen, wie wir ihn in letzter Zeit hatten.«
    Cavanaugh antwortete nicht. Er achtete sorgfältig darauf, auf dem Weg nach draußen nicht die Küchentür zuzuknallen.
     
    Also gut, sehr viel Sex hat es in letzter Zeit ja wirklich nicht gegeben, dachte Cavanaugh auf der Fahrt in westlicher Richtung. Verglichen mit der ersten Zeit, nachdem er und Judy einander näher kennengelernt hatten. Nun, das war aber doch normal, oder? Wenn man eine Weile zusammenlebte, dann ließ die Häufigkeit eben nach. Und Judy war mit diesem umfangreichen paläontologischen Artikel für Science Update sehr beschäftigt gewesen – wenn sie gerade nicht sehr damit beschäftigt gewesen war, das perfekte rustikale Traumhaus zu schaffen. Und er selbst war sehr damit beschäftigt gewesen, nicht beschäftigt zu sein. Also war es nur natürlich, daß sie beide nicht mehr soviel Sex hatten. Oder?
    Herrgott, wenn es nicht das Vorhandensein von Sex war, was das Leben der Menschen durcheinanderbrachte, dann war es sein Fehlen. So oder so, man befand sich immer auf der Verliererseite.
    Er stellte den Wagen auf dem großen zentralen Parkplatz des Komplexes von Apartmenthäusern ab, in dem Rachel Pafford wohnte. Es war eine gepflegte Anlage von Gebäuden, umgeben von Straßenschwellen, Spielplätzen und einem Ententeich. Jede Menge Kinder. Es war halb zehn Uhr abends – sollten sie nicht längst alle im Bett sein? War nicht morgen ein normaler Schultag? Die Kleineren, bemerkte Cavanaugh, buddelten in der Sandkiste und turnten auf den hell erleuchteten Spielgeräten in gemischtrassigen Gruppen und bewarfen unbefangen andere schwarze und weiße pausbäckige Engel mit Sand. Aber die größeren Kinder mit ihren überweiten Kleidern und dem unterkühlten, nonchalanten Gesichtsausdruck zogen sich zumeist in Gruppen ihrer eigenen Hautfarbe zurück.
    »Miss Pafford? Special Agent Cavanaugh.«
    »Oh, treten Sie doch ein!« Sie klang, als wäre er der Retter in höchster Not. Das überraschte Cavanaugh nicht. Jemand, der das Auftreten von Gehirnschlägen grafisch darstellte, mußte wohl ziemlich gefühlsbetont sein. Miss Pafford war eine schlanke, drahtige Brünette mit großer Brille und sah aus wie fünfzehn, obwohl der gesunde Menschenverstand Cavanaugh sagte, sie müßte wenigstens zwanzig sein.
    »Hätten Sie gern ein Coke?« Er hörte die flachen Vokale des Mittleren Westens.
    »Danke, nein. Wir wollen uns doch gleich Ihre Grafiken ansehen.«
    Sie waren dreifarbig, und jede Gerade war mit dem Lineal gezogen. Nervös ging Rachel Pafford die Informationen durch, die sie Cavanaugh bereits am Telefon gegeben hatte, doch diesmal ausführlicher. »Bei einem Schlaganfall bleiben nur etwa drei Stunden, bevor etliche Millionen von Gehirnzellen absterben. Aber bevor wir irgend etwas unternehmen können, müssen wir herausfinden, ob der Schlaganfall ischämisch ist – das heißt, verursacht von einem Blutgerinnsel – oder hämorrhagisch, was heißt, daß eine Ader geplatzt ist. Denn wenn es ein Pfropfen ist – entweder ein Thrombus oder ein Embolus –, wird man Medikamente verabreichen, die ihn auflösen; wenn es aber eine Hämorrhagie ist, würde dasselbe Medikament die Blutung nur verstärken.«
    Sie brach ab und sah

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