Motte Maroni - Flossen des Grauens
nicht zu. Er begutachtet das Leck, durch das sprudelnd Wasser ins Boot dringt. „Meier, wir sinken!“, stellt er fest.
„Mist!“, ruft der Meier. „Alle Mann von Bord! Wir werden Wasser treten müssen!“
Hektisch schnappen sich die beiden ihre Ausrüstung und verlassen das sinkende Ruderboot. Der Meier schaut auf seine Uhr, die auch mit einem Kompass ausgestattet ist. „Podersiedel muss in nördlicher Richtung sein!“, verkündet er und stapft, schlammig schmatzenden Schrittes, los. Motte bleibt hinter ihm. Besorgt beobachtet er die Wasseroberfläche. Wind kommt auf. Motte und Meier beginnen zu frieren, und der Weg nach Podersiedel scheint unendlich weit.
Podersiedeler Morgenbote
Monster fast gefangen!
Heldenhafte Jungfischer
scheitern knapp!
In den frühen Morgenstunden wurden zwei triefnasse Knaben aufgefunden, die im Uferschlamm saßen und diesen mit ihren Tränen benetzten. Unser Reporter war natürlich als Erster zur Stelle, und was ihm die beiden prächtigen Burschen berichteten, gibt Grund zur Sorge, aber auch Grund zur Hoffnung. Nicht nur fürPodersiedel, sondern auch für unser ganzes Land: Denn wenn ein Land so tapfere Burschen besitzt, dann kann das Land noch hoffen. Der Anführer der beiden beherzten jungen Männer („Nennt mich Meier!”) erzählte bereitwillig von seiner Begegnung mit dem Monster vom See. Er hatte Mühe, die korrekte Länge des Untieres zu beschreiben, konnte jedoch mit beiden Händen die Größe der Augen illustrieren. Leider konnte das Interview in diesem spannenden Moment nicht weitergeführt werden, weil die allseits bekannte Polizeikommandantin Herta N. sowie der Experte aus Wien, Professor Anselm M., für den die Unschuldsvermutung gilt, die beiden tapferen Knaben forsch abführten. Was weiß der Experte aus Wien? Was verschweigt die Polizei?
Wir bleiben dran, bleiben Sie bloß aus dem Wasser!
Chaos pur!
Der Vortrag, den Herta Nipf und Professor Maroni Motte und Meier halten, hat sich gewaschen. Aber das alleine reicht noch nicht für eine ordentliche Demütigung. Deswegen hockt Nina Nipf, wie ein Engel teuflisch grinsend, mit am Wohnzimmertisch und blickt Meier und Motte geradewegs ins noch immer leicht rinnende Auge.
„Da hätte weiß Gott was alles passieren können! Ihr kleinen Plutzer!“, röhrt Professor Maroni zum ungefähr hundertdreiundneunzigsten Mal.
„Seid bloß froh, dass ihr noch Luft kriegt!“, brüllt Herta Nipf.
„Jaja, so ein Boot, das ist so schnell gekentert, das merkt man gar nicht“, legt Nina Nipf noch eins nach.
Prompt handelt sie sich einen strafenden Blick von ihrer Mutter ein. Aber dafür braucht’s heute ohnehin nicht viel, denn Herta Nipf hat Stress pur. Hunderte Angler suchen seit nunmehr zwei Tagen Podersiedel heim, weil sie das Monster vom See killen und die Belohnung kassieren wollen. Das bedeutet Stau in und um Podersiedel, Stau auf dem See, die Tretbootflotte der Polizei ist im Dauereinsatz, um raufende Fischer zu trennen und beschädigte Boote zu bergen, und zu allem Überfluss sind da jetzt auch noch zwei durchgeknallte Möchtegern-Helden, die meinen, dass sie die „Bestie vom See“ im Alleingang erlegen müssen.
„Geht Rad fahren, geht Fußball spielen, geht, von mir aus, ins Kino, aber bleibt aus dem Wasser, bis wir wissen, was los ist!“, predigt Herta Nipf den beiden verhinderten Monsterfischern.
„Aber, Chief!“, mault Nina.
„Nix, aber!“, schneidet Herta ihr das Wort ab. „Ihr bleibt aus dem Wasser! Und du passt auf die zwei Helden gut auf, damit wenigsten jemand da ist, dem der Verstand noch nicht ganz fehlt!“ Herta kennt ihre Tochter gut.
Ihr Befehl ist auch als Strafe für Ninas Feixen gedacht, und sie trifft damit ins Schwarze. Während Motte und der Meier zu strahlen beginnen wie die Hutschpferde, schnauft Nina genervt, rollt die Augen und will lautstarkprotestieren, aber Herta macht nur eine ungeduldige Handbewegung und klappt ihr läutendes Handy auf. „Nipf!“, bellt sie. „Wer da?“ Sie befürchtet, dass sich wieder ein paar Fischer in die Haare gekriegt haben, aber gleich entspannt sich ihr Gesichtsausdruck, und sie lächelt befreit. „Na, das ist ja super, gratuliere!“, ruft sie freudig. Motte, sein Vater, Nina und der Meier blicken neugierig auf Herta Nipf, die mit roten Bäckchen auflegt und ruft: „Wir haben Glück gehabt, der Zauber ist vorbei! Sie haben die Bestie erlegt!“
Alle sind erleichtert, und Nina ruft in den allgemeinen Jubel hinein: „Hey, Chief, wenn ich
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