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Mozart - Sein Leben und Schaffen

Mozart - Sein Leben und Schaffen

Titel: Mozart - Sein Leben und Schaffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Storck
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anwandte, sondern weil sie ihm in dem betreffenden Augenblick als geeignet erschienen, sein Empfinden und seine Absichten in Musik auszudrücken.
    Letzterdings entsteht doch das Gefühl, daß eine Ausdrucksform Stil sei, dadurch, daß sich diese Ausdrucksform mit einem Inhalt, einer Stimmung so deckt, daß sie nicht nur für den einzelnen Schöpfer, sondern für eine große Zahl von Menschen (in der Idealvorstellung für die Gesamtheit) als die gegebene, die einzig wirkliche Ausdrucksform des betreffenden Inhalts erscheint. Auch Richard Wagner mit seinem Sprachgesang hat z. B. die durchaus nicht den Sprachgesetzen angepaßte, ja diesen eigentlich fortwährend widersprechende kontrapunktische Polyphonie des Palestrinastils als den durchaus entsprechenden katholischen Kirchenmusikstil empfunden und hat nicht die Bedenken dagegen erhoben, die er aus seinem persönlichen Stilgefühl der Verpflichtung der Musik der Sprache gegenüber hätte fühlen müssen. Er selbst hat aber trotzdem auch in den Abendmahlschören des »Parsifal« diesen Stil nicht zur Anwendung gebracht. Mozart würde es in einem gleichen Falle sicher getan haben. Ebenso ist in den »Meistersingern« die Annäherung an die ältere deutsche Kontrapunktik nur Kolorit, nicht eigentlicher Stil, was die akademischen Gegner Wagners oft dahin verkannten, als hätte Wagner nicht so recht im kontrapunktischen Stil schreiben können. In Wirklichkeit beruht aberder kontrapunktische Stil auf einem dem innersten Kunstprinzip Wagners durchaus entgegengesetzten Lebenselement, ist absolut musikalisch und immer mit einem schweren Zwang für die Sprache verbunden. So erkennen wir, daß bei Wagner auch den verschiedensten Vorlagen gegenüber im Grunde immer dasselbe Stilprinzip tätig ist, daß die musikalische Verschiedenheit nur in einer leichten Beimischung eines anderen Kolorits beruht, etwa so, wie ein Dichter, wenn er bei einem älteren Stoff die Sprache etwas altertümlich färbt, durchaus nicht seine persönliche Sprechweise aufzugeben braucht.
    Bei Mozart ist dagegen der merkwürdige Fall eingetreten, daß er gewissermaßen mehrere Muttersprachen hat, mehrere Sprachen, in denen ihm Denken und Reden natürlich geworden ist. Aber auch diese liegen nun nicht nebeneinander getrennt, sondern bilden eine große Einheit, tatsächlich das Ideal einer Weltsprache . Es ist leicht erklärlich, daß nur die Musik , die völlig befreit ist von den trennenden Grenzen, die sonst die Sprachverschiedenheit aufrichtet – bei den bildenden Künsten entstehen Grenzen durch die wenn auch oft nur geistige Zweckbestimmung –, daß die Musik, die ihrem innersten Wesen nach Empfindungen und Gedanken als solche ausdrückt, also bevor sie eine Gestalt gewonnen haben, eine solche Welt- oder sagen wir besser allgemein menschliche Sprache abgeben kann. Soweit das Nationale in den Musikformen liegt, soweit es nicht auf der Tatsache beruht, daß die verschiedenen Völker ebensogut wie die einzelnen Menschen verschiedene Persönlichkeiten sind, deren Art zu fühlen und zu empfinden unterschiedlich ist, soweit also die Musik formen irgend einen Nationalcharakter tragen, ist dieser bereits nicht mehr urmusikalisch, sondern äußere Gestaltung. Es ist doch sehr bezeichnend, daß dabei der Rhythmus, dessen Beziehungen zur Körperbewegung unverkennbar sind, also daß Tänze und Volkslieder diese Charakterisierungsmittel abgeben.
    Es ist darum nur natürlich, daß, solange ein stärkeres, vergeistigtes Nationalgefühl fehlte, solange vor allen Dingen die Kunstmusik eigentlich nur für die Kirche herangezogen wurde, von irgendwelchen nationalen Stilen nicht die Rede war; die kontrapunktischePolyphonie ist überall dieselbe. Von der Zeit aber, wo die Musik mehr Seelensprache des einzelnen wird, bilden sich die Nationalmusiken heraus. Es hat immer Künstler gegeben, und es waren bezeichnenderweise fast immer Deutsche, die diese Stilabsonderung als einengend empfanden. Dieses Empfinden geht dann nach zwei Seiten; auf der einen ist es Verwischung der persönlichen Eigenart zugunsten einer allgemeinen Internationalität, ist Schwäche; auf der anderen ist es höchste Steigerung des Besten in der eigenen Kraft, genährt und vermehrt durch die Aufnahme des Verwandten oder doch innerlich Anpassungsfähigen in dem Besitzstande der Fremde, ist es Universalismus, höchste Stärke. Für die Musik vertritt Mozart diesen Universalismus in der vollendetsten Weise. Seine Musik ist überhaupt in der gesamten Kunst das

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