Mozart - Sein Leben und Schaffen
Leistungsfähigkeit zu geben. Für Mozart bedeutete diese Aufnahme zweier Werke des Altmeisters nicht nur die Zurückstellung der in Arbeit stehenden komischen Oper, sondern auch die Zerstörungseines Lieblingswunsches, den »Idomeneo« für Wien neu zu bearbeiten, wobei er daran gedacht hatte, die Rolle des Königs für Baß umzuschreiben, und doch sicher auch die des Idamante aus einer Kastraten- in eine Tenorrolle zu verwandeln. Wäre das geschehen, so würde das Werk sicher noch heute auf der Bühne lebendig sein.
So mußte also auch diese Hoffnung begraben werden. Mozart war ja gewiß vom Glück nicht verwöhnt, aber es zeugt doch für die vollkommene Neidlosigkeit seiner Natur, daß ihm auch nicht ein böses Wort entschlüpft. Erst Mitte November erhielt er wieder etwas für seine Oper zu arbeiten. Wenige Tage später traf dann das »Großtier«, der Großfürst mit seiner Gemahlin, ein. Kurz vorher war auch das herzogliche Paar von Württemberg mit der Prinzessin Elisabeth, die dem Erzherzog Franz zur Braut bestimmt war, und ihr Bruder Ferdinand in Wien eingetroffen. »Der Herzog ist ein charmanter Herr, wie auch die Herzogin und Prinzessin. Der Prinz aber ist ein achtzehnjähriger Stecken und ein wahres Kalb.«
Hier tat sich für Mozart wieder eine Hoffnung auf. Die Prinzessin, deren Ausbildung in Wien vollendet werden sollte, mußte auch einen Musiklehrer bekommen. Da der jüngste Bruder des Kaisers, Erzherzog Maximilian, von Mozart die höchsten Stücke hielt und überall für ihn eintrat, durfte dieser wohl hoffen, die Stelle zu erhalten, wodurch er nicht nur zu einem sicheren Einkommen, sondern überdies zu den günstigsten Verbindungen gekommen wäre. Aber die Fürsprache Maximilians, der später als Kurfürst von Köln ein trefflicher Gönner Beethovens geworden ist, kam offenbar zu spät. Des Kaisers Wohl war von vornherein auf Salieri gefallen. »Bei ihm ist nichts als Salieri«, klagt Mozart. Allerdings schätzte der Kaiser diesen Italiener sehr hoch, der keineswegs jener Theaterbösewicht war, als den ihn die Mozartbiographie häufig hingestellt hat. Daß er schließlich nicht freiwillig beiseite trat, um dem jungen Nebenbuhler Platz zu machen, ist doch menschlich begreiflich. Allerdings hätte Salieri Mozart wenigstens den Klavierunterricht überweisen können, da er selber nur die gesangliche Schulung der Prinzessin übernommen hatte. Dafür wurde aber ein untergeordneter Musiker gewählt.Der Kaiser hegte übrigens von Mozart als Klavierspieler schon damals große Stücke. Das zeigte sich, als er den jungen Künstler am 24. Dezember zu einem Wettbewerb mit Clementi, der damals für den glänzendsten Virtuosen galt, zu Hofe befahl. Wir haben von Clementi und Mozart Berichte über dieses Zusammentreffen, das beide übereinstimmend als sehr vornehmen Wettbewerb zwischen zwei hervorragenden Spielern und bedeutenden Klavierkomponisten schildern. Bemerkenswert ist, daß, wie Clementi sagt, Mozarts äußeres Auftreten so elegant gewesen sei, daß er ihn zunächst für einen kaiserlichen Kammerherrn gehalten hatte. Auch sein Urteil über Mozarts Spiel klingt ganz begeistert. »Ich hatte bis dahin niemand so geist- und anmutsvoll vortragen gehört; vorzugsweise überraschten mich ein Adagio und mehrere seiner extemporierten Variationen, wozu der Kaiser das Thema wählte. Mozart hat dagegen über Clementi sehr scharf geurteilt. »Er ist ein braver Cembalist, damit ist auch alles gesagt. Er spielt gut, wenn es auf die Exekution der rechten Hand ankommt; seine Force sind die Terzenpassagen. Übrigens hat er um keinen Kreuzer Gefühl und Geschmack – mit einem Wort: ein bloßer Mechanikus.« Das stimmt mit unserem musikgeschichtlichen Urteil nicht überein, wobei allerdings festzustellen ist, daß Clementi selber zugibt, er habe in der damaligen Zeit einer äußeren Virtuosität gehuldigt und erst später das gesangreiche Spiel ausgebildet. Jedenfalls war Mozart auch in diesem Fall von jeglichem Neidgefühl frei, was sich auch in der sehr feinen Höflichkeitsbezeugung äußert, daß er später das erste Thema der Sonate, die Clementi bei diesem Wettstreit spielte, zur Grundlage des Allegro der Ouvertüre zur »Zauberflöte« machte.
Während sich so eine bedeutsame Wendung in der Gestaltung seines künstlerischen Berufes immer wieder hinauszögerte, beschleunigte gerade diese Unsicherheit der gesamten Verhältnisse die Entwicklung seiner Liebesangelegenheit. Da Wolfgang immer von rückhaltloser
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