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Mozart - Sein Leben und Schaffen

Mozart - Sein Leben und Schaffen

Titel: Mozart - Sein Leben und Schaffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Storck
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ist ja alles, was zu einem Schlüsse von einem Akt gehört: je mehr Lärmen, je besser – je kürzer, je besser, – damit die Leute zum Klatschen nicht kalt werden. Die Ouvertüre ist ganz kurz, wechseltimmer mit Forte und Piano ab, wo beim Forte allezeit die türkische Musik einfällt, – moduliert so durch die Töne fort, und ich glaube, man wird dabei nicht schlafen können, und sollte man eine ganze Nacht hindurch nicht geschlafen haben.«
    Ich muß bei Mozart immer wieder am meisten staunen über die Fülle der geistreichen und doch niemals aufdringlichen Einzelheiten, mit denen er die großen Würfe seiner als Elementarkraft wirkenden Erfindung bereichert. Niemals zerstören sie die herrlich geschwungene große Linie: sie sind wie die Farben in einem Gemälde van Eycks. Durch ihre Leuchtkraft, durch die vollendete Fülle ihres Reichtums beleben sie nur das Ganze und erhöhen den Reiz des gesamten Eindruckes. Und mag man sich noch so sehr bei eindringlicherer Beschäftigung in die Schönheit des einzelnen vertiefen – es bedarf nur des lebendigen Genusses dieser Werke und alles einzelne verschwindet wieder hinter der Ganzheit der natürlichen Notwendigkeit der Schöpfung.
    Bis auf den heutigen Tag wirkt dieses Werk mit unverminderter Frische, und zwar nicht nur als Ganzes, sondern auch in seinen Teilen. Es ist eigentlich keine Nummer, die veraltet wäre. Am ehesten befremden die Arien Konstanzes durch das üppige Koloraturwerk. Aber eine glänzende Sängerin, die nicht mehr der Form dient, sondern sie beherrscht, wird diese Koloraturen mit den gefühlsmäßigen Gesangsstellen zur Einheit zusammenbringen. Prachtvoll sind die vier Arien Belmontes . Er hat gleich das erste Gesangsstück vorzutragen, das unmittelbar an die Ouvertüre anschließt, ja gewissermaßen deren Vollendung bietet. Denn die Eingangsmelodie »So soll ich dich denn sehen, Konstanze!« hörten wir bereits als Mittelsatz in der Ouvertüre, hier freilich in schwerblütigem Moll, während Belmonte die Stelle in Dur singt, wie um anzuzeigen, daß er nun das Ziel erreicht hat, das damals seinem Sehnen vorschwebte. Wie sehr Mozart selbst von Belmontes zweiter Arie »O wie ängstlich, o wie feurig« ergriffen war, haben wir aus seinem Brief ersehen. Die beiden andern Arien Belmontes sind voll jener gefaßten Sicherheit männlichen Empfindens, die kein anderer mit so schöner Ruhe zu verkünden wußtewie Mozart. Die Melodiebildung läßt die Zauberflöte vorausahnen; es waltet in ihr ein anderer Geist als in den italienischen Opern. Blondchen und Pedrillo treten natürlich nicht so bedeutsam hervor. Doch sei auf der ersteren Arie »Welche Wonne, welche Lust« hingewiesen, weil sie zeigt, wie Mozart innerhalb eines umschriebenen Charakters – hier der nicht bedeutenden Kammerzofe – zu steigern wußte, so daß die Wichtigkeit des Augenblicks vollauf zur Geltung kommt, ohne daß die Person aus ihrer Sphäre hinausgehoben würde. Unter Pedrillos Gesängen ragt die Romanze zur Zither im 3. Akt durch die fremdartige Färbung in Melodie und Rhythmus hervor.
    Mit besonderer Liebe hat Mozart die Arien Osmins ausgearbeitet. Durchweg ist die fanatische Wildheit, die wollüstige Grausamkeit dieses ungeschlachten Wüterichs festgehalten, der in einem Märchen aus 1001 Nacht seinen Platz hätte, stände er nicht dank der meisterlichen Charakteristik in greifbarer Lebendigkeit vor uns. Selbst das behagliche Räckeln und Dehnen, womit er seine Auffassung von der Behandlung des Liebchens, das man gefunden, vorträgt, erhält durch die Molltonart und den Wechsel der schweren Tiefe mit dem hochaufschreienden Kehrreim etwas Unheimliches. Ja, wenn das Orchester nicht wäre, das sich über ihn lustig macht! Aber wie schmachten die Oboen, wenn er die Mädchen »lose Dinger« schilt, wie schwelgen Flöte, Oboe und Fagott in süßem Erinnern bei der Erwähnung von Spaziergängen in verschwiegenen Mondscheinnächten. Aus Mozarts Brief erfuhren wir, wie er dann im großen Auftritt den Zank Osmins mit Belmonte und Pedrillo bis zur sinnlosen Wut steigert. Osmin verbohrt sich mit aufgeregter Wollust in sein Schimpfen über die hergelaufenen Laffen, schwelgt in der Sicherheit seiner überlegenen Klugheit – hörte er nur, wie die Oboe sein »Ich hab' auch Verstand« auslacht! – und rast sich dann in einer Ausmalung der Todesqualen aus, die er den Fremden gönnt. Die Becken rasseln dazu, die große Trommel wird gleichzeitig mit Schlegel und Rute geschlagen, denn gerade die

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