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Mozart - Sein Leben und Schaffen

Mozart - Sein Leben und Schaffen

Titel: Mozart - Sein Leben und Schaffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Storck
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schließen sich an, unter denen das in E-dur besonders hervorragt. Eigenartig durch die Zusammenstellung wirkt das Trio für Klavier, Klarinette und Bratsche, wobei dieletztere so ausgiebig behandelt ist, daß wir schon darin die Vorliebe Mozarts für dieses Instrument erkennen. Ebenfalls ganz eigenartig in der Klangwirkung ist das Quintett für Klavier, Oboe, Klarinette, Horn und Fagott, das sich Mozart 1784 für eine Akademie schrieb und in einem Briefe an den Vater für das beste erklärte, was er noch in seinem Leben geschrieben habe. Die Blasinstrumente entwickeln die ganze Fülle ihrer sinnlichen Schönheit, gegen die das Klavier natürlich nicht aufkommen kann, weshalb es seine Sonderfähigkeit der raschen Beweglichkeit betont. Zwei Quartette für Klavier, Violine, Viola und Violincello zeigen eine bedeutende Steigerung in der Behandlung der Motive und an gedanklichem Gehalt. Sie sind voll leidenschaftlicher Stimmung, so daß sie die Zeitgenossen durch die Heftigkeit und Strenge des Ausdrucks stutzig machten.
    Es ist ja überhaupt unser Kunstempfinden auf keinem Gebiete, auch in rein sinnlicher Hinsicht, in so steter Entwicklung begriffen wie bei der Musik. Das Ohr scheint sich verhältnismäßig leicht an gewisse Klangverbindungen zu gewöhnen, so daß es nach kurzer Zeit als sinnlich schön empfindet, was es zunächst schroff ablehnte. Wir stehen heute vor einem Rätsel, wenn wir hören, daß zeitgenössische Kritiker Mozarts Kammermusik »zu stark gewürzt« fanden, daß der Fürst Grassalcovicz wütend die Stimmen eines Mozartschen Quartetts zerriß, als ihn die Musiker davon überzeugten, daß wirklich geschrieben stehe, was ihm vollkommen falsch klang; daß man aus Italien dem Verleger die Stimmen zurückschickte, weil sie »zu fehlerhaft« gestochen seien. Das ist nun freilich längst vorbei. Dafür ist das heutige Empfinden Mozart gegenüber zu sehr dahin gelangt, bei ihm lediglich Streben nach sinnlicher Schönheit zu suchen. Man übersieht die Fülle von Kraft, tiefem Ernst, die Rücksichtslosigkeit des Ausdrucks dessen, was ihn beseelte. Schwerer noch freilich, als diese sinnliche Aufnahme der Mozartischen Musik, wurde den Zeitgenossen die geistige. Unser ganzes heutiges Musikempfinden ist, soweit Instrumentalmusik in Betracht kommt, geschult an Beethoven, dem großen Dichter in Tönen. Da ist es dann begreiflich, daß bei Mozart vor allem die Klarheit, die Durchsichtigkeit auffällt, was aber keineswegs auf Mangelan Tiefe, sondern auf der Einfachheit der Probleme beruht. Es ist hier nichts von verwickelten Empfindungen. Sie sind von elementarer Kraft, darum nicht weniger tief und wahr. Aber gerade Mozarts Kammermusik zeigt, wie sehr Beethoven auf seinen Schultern steht, zumal wenn wir bedenken, daß auch Haydn durchaus nicht nur Vorgänger Mozarts ist, sondern dank seinem langen Leben die Fülle von Anregungen verwerten konnte, die ihm sein viel jüngerer Freund brachte. Allerdings jener Typus der Kammermusik, an den wir bei diesem Worte heute vor allem denken, das Streichquartett, war die Schöpfung Haydns, und wieviel Mozart dafür dem alten Meister zu danken hatte, hat niemand schöner ausgesprochen als er selbst, indem er ihm seine sechs ersten in Wien geschaffenen Quartette in dankbarer Verehrung zu Füßen legte. Diese Werke hat Mozart, ohne andere äußere Veranlassung als allenfalls den Wetteifer mit Haydn, zwischen dem Dezember 1782 und dem Januar 1785 geschaffen und jedes für sich hat einen eigenen Charakter, als ob es dem Meister darauf angekommen wäre, die Mannigfaltigkeit dieser Kunstgattung zu zeigen. Ernst, voll männlicher Entschlossenheit, ist das erste in D-dur ; ergreifend, durch den Ausdruck schmerzvoller Wehmut, das zweite in D-moll . Das dritte in E-dur ist frei von Leidenschaft, voll abgeklärter Ruhe. Heiter und lebensfreudig, spielender Anmut nicht abgeneigt, sind das vierte und fünfte in B-dur und A-dur . Das letzte in C-dur ist das bedeutendste, im Andante von schier überirdischen Abgeklärtheit, die um so wunderbarer uns umfängt, als in diesem Falle Mozart uns fühlen läßt, daß seine harmonische Schönheit erkämpft ist. Denn eingeleitet wird dieses Quartett durch ein in schroffer Härte aufeinanderprallendes Dur und Moll desselben Motivs, womit die Elemente zerrissenen Schmerzes und freudvoller Heiterkeit gewissermaßen als Eckpfeiler der Entwicklung hingestellt werden, die wir nunmehr erleben. Mehrfach kehrt dieser Zusammenprall im Werke wieder, bis endlich die

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