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Mozart - Sein Leben und Schaffen

Mozart - Sein Leben und Schaffen

Titel: Mozart - Sein Leben und Schaffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Storck
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mit wechselnder Zahl der Sätze. Einzelne dieser Jugendarbeiten zeigen allerdingsauch bereits die Aufnahme des Menuetts und damit die von Haydn endgültig festgelegte viersätzige Form.
    Wirklich bedeutend »trat Mozart erst von dem Gebiete der von ihm bereits zu ungeahnter Ausdrucksfähigkeit erweiterten dramatischen Musik aus in die Sinfonie ein; denn jene wenigen sinfonischen Werke, deren eigentümlicher Wert sie bis auf unsere Tage lebensvoll erhalten hat, verdanken sich erst der Periode seines Schaffens, in welcher er sein wahres Genie bereits als Opernkomponist entfaltet hatte. Dem Komponisten des »Figaro« und »Don Juan« bot das Gerüste des Sinfoniesatzes nur Beengung der gestaltungsfrohen Beweglichkeit an, welcher die leidenschaftlich wechselnden Situationen jener dramatischen Entwürfe einen so willigen Spielraum gewährt hatten. Betrachten wir seine Kunst als Sinfoniker näher, so gewahren wir, daß er hier fast nur durch die Schönheit seiner Themen, in deren Verwendung und Neugestaltung aber nur als geübter Kontrapunktist sich auszeichnet; für die Belebung der Bindeglieder fehlte ihm hier die gewohnte Anregung .« Erheischt auch der Schlußsatz dieses Urteils Richard Wagners eine gewisse Einschränkung, so wird es doch im wesentlichen bestätigt durch die Tatsache, daß Mozart gerade in seinen letzten Sinfonien weniger Entwicklung eines Gefühls zum anderen anstrebt, als das völlige Auskosten, das Ausleben einer Empfindung nach allen Richtungen hin.
    Von der ersten der in Wien komponierten sieben Sinfonien, auf die wir uns hier beschränken können, haben wir bereits gehört (S. 365). Es ist jene Sinfonie in D-dur (Ges.-A Nr. 35), die Mozart auf des Vaters Wunsch für eine Festlichkeit im Salzburger Hause Haffner im Gedränge der Arbeit und Erlebnisse nach der Aufführung seiner »Entführung« im Sommer 1782 innerhalb vierzehn Tagen schrieb. Damals hatte sie mehr Serenatencharakter getragen und war sechssätzig, so daß Mozart, als er sie im März 1783 in Wien aufführen wollte, zwei Sätze entfernte und Blasinstrumente hinzufügte. Er hatte allen Anlaß, über die Güte der eiligen Arbeit, die er ganz vergessen hatte, erstaunt zu sein. Der gedankliche Gehaltwahrt ja den mehr allgemeinen Charakter lauter Festesfreude; aber der erste Satz mit seinem weit ausholenden Thema zeigt bedeutende kontrapunktische Arbeit. Im Andante regt sich mannigfaches Leben. Die Zeit der Entstehung offenbart sich im Schlußsatz, dessen Hauptthema Verwandtschaft mit Osmins »Ha, wie will ich triumphieren« zeigt. Ebenso eilig wie diese Haffnersinfonie sind im November 1783 auf der Rückreise von dem Besuch, den er mit seiner Konstanze in Salzburg gemacht hatte, zu Linz zwei Sinfonien in C-dur und G-dur (Nr. 36 und 37) entstanden. Nicht gerade bedeutende, aber sehr frische und erfreuliche Arbeiten, die bezeugen, wie eindringlich sich Mozart inzwischen mit Haydns Sinfonien beschäftigt hatte.
    Zwischen diesen Sinfonien und der nächsten in D-dur (Nr. 38) liegen drei Jahre. In der Form zeigen die vier Sinfonien, die er nur noch schaffen durfte, insofern eine Annäherung an Haydn, als er für die Durchführung in beiden Ecksätzen nicht mehr neues Material einstellt, sondern die Gedanken und Motive aus dem ersten Teile des Satzes entwickelt. Freilich benutzt er dabei weniger die Hauptthemen, sondern verwertet Nebenmotive. Im übrigen weicht gerade diese D-dur -Sinfonie von der Haydnschen Form dadurch stark ab, daß sie bloß dreisätzig ist. Es bezeugt das aufs neue Mozarts geistiges Verhältnis zur Form: denn die Einfügung eines Menuetts wäre in der strengen, tatkräftigen, man möchte am liebsten sagen heroischen Stimmung dieser Sinfonie innerlich unwahr gewesen. Sicher zeigt gerade dieses Werk am meisten Verwandtschaft mit der Beethovenschen Art der sinfonischen Entwicklung eines Geistigen, indem auch hier vorgeführt wird, wie gegen düstere Einflüsse der Weg zum Licht erkämpft wird. Aber nicht nur hat Mozart den letzten Satz, der nun eigentlich die Klärung bringen sollte, merkwürdig abfallen lassen, sondern auch dann, daß die einzelnen Sätze im Charakter ihrer Motive sich eng aneinanderschließen, kündigt sich die bereits oben erwähnte Eigenart an, die ihr Ziel in der völligen Erschöpfung eines elementaren Seelenzustandes sieht. Diese Sinfonie ist wohl der klarste Ausdruck von Mozarts Auffassung seines Pflichtverhältnisses zur Welt. Gegen all die Düsternis der ersten Sätze erfolgt nicht ein stolzer

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