Mozart - Sein Leben und Schaffen
beide zusammengesungen werden könnten, schrieb Mozart erst den Text, unter den einen: »Lebet wohl, wir sehn uns wieder!« unter den anderen: »Heult noch gar wie alte Weiber«. So wurden sie nochmals gesungen. Leider ist dieser Doppelkanon nicht erhalten!
Daß der Mozartische Humor nicht des Wortes brauchte, sondern sich auch rein musikalisch auszuleben wußte, beweist die »Bauernsinfonie« für Streichinstrumente und zwei Hörner. Wir haben kaum eine komischere Karikatur über ungeschickte Spieler und unfähige Komponisten, als diese Kette köstlichster Einfälle, mit denendie fast immer falsch spielenden, falsch einsetzenden, mit Behagen gerade die äußerlichsten Virtuosenmätzchen nachahmenden Spieler verspottet werden. Während sie jedermann verständlich sind, wird nur der Fachmann die bewundernswert geistvolle Art voll auskosten, wie jene Komponisten verhöhnt werden, die keine eigenen Gedanken haben und nun irgendwo gehörte Modulationen und Themen mühsam schulgerecht verarbeiten und dabei in kleinen Abänderungen den Schein persönlicher Eigenart zu erbringen suchen.
Auch seine Zugehörigkeit zum Freimaurerorden veranlaßte ihn zu mannigfachen Kompositionen. Es sind da zunächst einige einfachere Gesellschaftslieder, dann mehrere Kantaten, unter denen die kleine Freimaurerkantate, am 15. November 1791 komponiert, die letzte Arbeit ist, die Mozart vollendet hat. Zu seinen allerschönsten Werken gehört die im Juli 1785 komponierte »Maurerische Trauermusik« , eigenartig in der Zusammensetzung des Orchesters, das ganz auf den Ausdruck des Feierlichen und Ernsten eingestimmt ist, prachtvoll im Widerstreit jener für Mozart so charakteristischen männlichen Gelassenheit gegen die Leidenschaft des Schmerzes.
Gelegenheitskunst im weitesten Sinne ist auch Mozarts
Klaviermusik.
Die künstlerisch vornehmste Gelegenheit, die sich hier ihm darbot, war sein eigenes Spiel vor der Öffentlichkeit, und so sind auch Mozarts Klavierkonzerte in jedem Betracht das bedeutendste, was er auf diesem Gebiet geschaffen hat. Er hat ihrer in Wien siebzehn geschrieben, davon fallen vierzehn in die Jahre 1783-86, wo er viel in Konzerten gespielt hat. Wie künstlerisch überlegt sein Schaffen war, bezeugen mehrere Briefstellen. Die drei ersten dieser Wiener Konzerte schuf er in der Absicht, sie gleich durch den Druck unters Publikum zu bringen. Über sie berichtet er dem Vater (28. Dezember 1782): »Die Konzerte sind das Mittelding zwischen zu schwer und zu leicht, sind sehr brillant, angenehm in die Ohren, natürlich, ohne in das Leere zu fallen; hie und da können auch Kenner allein Satisfaktion erhalten, doch so, daß die Nichtkennerdamit zufrieden sein müssen, ohne zu wissen warum.« Die meisten Konzerte aber hielt sich Mozart gern für sich selbst zurück, und hier scheute er dann keine Schwierigkeiten des damals üblichen Klaviersatzes. Es muß ja alles historisch betrachtet werden. Heute gelten diese Konzerte für leicht, womöglich sogar leicht an Gehalt. Freilich, sich auffällig tiefsinnig zu gebärden, war Mozarts Sache nicht und, wie es bei so vielen der Jüngeren üblich ist, mit einer Masse von Problemen und Grübeleien den Hörer zu quälen, ohne ihm die Lösung zu bringen, lag ihm, der gerade in seinen Kunstwerken immer als harmonischer Mensch vor die Welt tritt, noch ferner. Gerade seine Klavierkonzerte sind vor allen Dingen Empfindungsmusik, Aussprache eines blühenden Gemütslebens, dem tiefer Ernst, ja Schmerz ebenso vertraut ist wie fröhlichste Lustigkeit; doch tritt gerade alles schwere Erleben in gefaßter Ruhe vor uns hin. Es ist ein Schaffen nach dem Sturm. Man kann Mozart als den Schöpfer der modernen Form des Klavierkonzertes bezeichnen. Gewiß ist das Konzert ja eigentlich nichts anderes als eine erweiterte Sonate; aber gerade das Maß dieser Erweiterung festzustellen, war von entscheidender Bedeutung. Denn im Konzerte ist die Virtuosität des Solisten wesentlich berechtigt, andererseits tritt er im Zusammenwirken mit dem Orchester hervor. Der harmonische Ausgleich zwischen Solist und Orchester ist bei keinem anderen Komponisten so vollkommen erreicht wie bei Mozart. Zunächst in der Verteilung des thematischen Materials. Es kommt nur ganz selten vor, daß einer der beiden Faktoren ein Motiv für sich allein erhält. Aber ebenso selten haben sie beide gleichen Anteil an einem Motiv; vielmehr ist hier ein prächtiges Widereinanderspielen, so daß das Orchester ausführlich behandelt, was das
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