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Mozart - Sein Leben und Schaffen

Mozart - Sein Leben und Schaffen

Titel: Mozart - Sein Leben und Schaffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Storck
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seinem eigenen Lebensgang eine so eigenartige Berühmtheit verliehen haben. Er behandelt mit einer bisher beispiellosen Keckheit die Großen, ihre Sitten, ihre Allwissenheit und Niederträchtigkeit; er wagt es, frei von der Leber weg über Minister, Bastille, Preßfreiheit, Polizei, ja über die Zensur zu sprechen. So etwas zu wagen, und mit Erfolg zu wagen, war nur Beaumarchais vorbehalten.« (Grimm a. a. O.) Um die Art dieser Keckheit zu kennzeichnen, sei wenigstens eine Stelle aus dem berühmten Frondeur-Monolog Figaros im 5. Akte hier angeführt: »Nein, Herr Graf, Ihr sollt Susanne nicht haben – Ihr sollt sie nicht haben. Weil Ihr ein großer Herr seid, haltet Ihr euch für einen großen Geist! – Adel, Vermögen, Rang, Würden, alles das macht Sie stolz! Was habt Ihr so viel Gutes getan? Ihr gabt euch die Mühe, geboren zu werden, weiter nichts! Im übrigen seid Ihr ein ganz gewöhnlicher Mensch! Während ich, zum Wetter, verloren in der dunkeln Menge, mehr Kenntnisse und Berechnung gebrauchen mußte, bloß um zu bestehen, als man seit hundert Jahren gebraucht hat, um ganz Spanien zu regieren! und Ihr wollt mit mir eine Lanze brechen?« (Nach Köslings Übersetzung.)
    Alles in allem könnten diese Worte in einem Briefe Mozarts an seinen Vater aus der Zeit seines Streites mit dem Erzbischof stehen. »Das Herz adelt den Menschen« hat auch er damals hinausgerufen und war fest entschlossen, sich vom Grafen Arco Genugtuung zu verschaffen durch körperliche Züchtigung. Wir erinnern uns dabeian das Entsetzen des Vaters, der vor einem solchen Gedanken als freventlich zurückschreckte. Das waren verschiedene Zeitalter. Der Figaro steht mitten darin. Denn Figaro schimpft, aber nimmt den Kampf nicht immer auf: er wendet die Klugheit an als Waffe, nicht das offene Recht, und so hat auch Mozarts Vater überhaupt nur mit Klugheit gekämpft. Dem Ingrimm, den auch er oft genug fühlte, ließ er nur innerhalb der sicheren vier Wände Luft. Aber Wolfgang weist schon auf die Zeit hin, die auf Menschen rechte pochte, wo nicht mehr die überlegene Klugheit siegen sollte, sondern eben das Recht. Insofern hatte Napoleon I. durchaus recht, wenn er von Beaumarchais' Lustspiel sagte: »C'était la révolution en marche.« Aber das wurde eben nach der Revolution gesagt; da spürte man alle jene Stimmungen in der Vergangenheit, die bereits das künftige Geschehen ankündigten.
    Beaumarchais selber aber wollte kein Revolutionär sein. Grimm wußte das sehr genau und sah in diesen Ausfällen vor allen Dingen die persönliche Rache, die ein gescheiter Kopf an seinen zahlreichen Gegnern nahm. Darum hat auch die Gesellschaft, die sich von diesen Peitschenhieben eigentlich getroffen fühlen mußte, sich bei diesem Stück so kostbar unterhalten, daß die Hofgesellschaft es selber für sich aufführte, wobei Marie Antoinette die Gräfin spielte. Es ist dasselbe Verhältnis, wie es unsere heutige Gesellschaft gegenüber den Karikaturblättern hat. Statt zu fühlen, daß man selber von diesen Geißelhieben mit getroffen wird, freut man sich darüber, daß der oder jener in der Öffentlichkeit stehenden Persönlichkeit ein Sieb versetzt wird, und lacht darüber, da man sich selbst in Sicherheit wähnt, wenn es nur mit Lustigkeit und Witz geschieht. So wurde auch Beaumarchais selber von der wirklichen Revolution überrascht und hat kein rechtes Verhältnis zu ihr gefunden. Es war ihm eigentlich das Arbeitsfeld abgegraben, als die Zustände beseitigt waren, von denen er lebte, indem er Witze darüber riß.
    Das bezeugt am besten seine dritte Figarokomödie »La mère coupable ou le nouveau Tartuffe«, ein plumpes Intrigenstück, in dem ein heuchlerischer Streber mit der Sand derunehelichen Tochter des Grafen in den Besitz der Reichtümer desselben zu kommen trachtet. Der Intrigant gründet seinen Plan darauf, daß der Sohn des Grafen in Wirklichkeit die Frucht eines Fehltrittes der Gräfin mit Cherubin ist. Das Ehepaar Figaro und Susanne weiß auch diesen Plan zu durchkreuzen.
    Ich habe von diesem wenig bekannten, auch literarisch recht belanglosen dritten Lustspiel Beaumarchais nur gesprochen, weil schon aus dieser dürftigen Inhaltsangabe hervorgeht, wie die Herabminderung der Charaktere der auftretenden Personen weitere Fortschritte gemacht hat. Wenn darin eine Absicht liegt, so müßte man hier zuerst die wirkliche Satire Beaumarchais sehen. Man erinnere sich an die Personen im »Barbier von Sevilla«, wie sie uns heute aus Rossinis

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