Mozart - Sein Leben und Schaffen
da Ponte so einzurichten, daß der Kaiser davon erfuhr und sich, nachdem ihm der Dichter versichert hatte, daß alle Anstößigkeiten beseitigt seien, die Musik vorspielen ließ. Diese machte einen so großen Eindruck auf ihn, daß er nun die Vollendung der Oper und deren möglichst baldige Aufführung befahl.
Die italienische Gesellschaft muß vor Mozart eine rechte Angst gehabt haben, denn es wurde alles mögliche an Intrigen aufgeboten, um die Aufführung zu hintertreiben. Andererseits mögen auch die Berichte über die Intrigen wieder übertrieben sein. Jedenfalls berichtete Kelly, der in dieser ersten Aufführung die Rolle des Basilio und Curzio sang, in seinen »Erinnerungen«, daß die Aufführung der Oper die beste gewesen sei, deren er sich überhaupt erinnern könne. »Alle ersten Darsteller hatten den Vorteil, durch den Komponisten selbst unterwiesen zu werden, der seine Ansichten und seine Begeisterung auf sie übertrug. Nie werde ich sein kleines, belebtes Antlitz vergessen, wie es leuchtete, erglühend vom Feuer des Genius – es ist nicht möglich das zu beschreiben, sowenig als Sonnenstrahlen zu malen. Ich erinnere mich, wie Mozart im roten Pelz und Tressenhut bei der ersten Generalprobe auf der Bühne stand und das Tempo angab. Benucci sang Figaros Arie Non più andrai mit der größten Lebendigkeit und aller Kraft seiner Stimme. Ich stand dicht neben Mozart, der sotto voce wiederholt rief: bravo, bravo Benucci! undals die schöne Stelle kam: Cherubino, alla vittoria, alla gloria militar! welche Benucci mit Stentorstimme sang, war die Wirkung auf alle, die Sänger auf der Bühne wie die Musiker im Orchester, eine wahrhaft elektrische. Ganz außer sich vor Entzücken rief alles bravo! bravo maestro! viva! viva grande Mozart! Im Orchester konnten sie kein Ende finden mit Klatschen, und die Geiger klopften mit dem Bogen auf die Notenpulte. Der kleine Mann sprach in wiederholten Verbeugungen seinen Dank für den enthusiastischen Beifall aus, der ihm auf so außerordentliche Weise ausgedrückt wurde.«
Die Aufnahme beim Publikum, als die Oper am 1. Mai 1786 gegeben wurde, bestätigt diesen Bericht. Denn »nie hat man einen glänzenderen Triumph gefeiert, als Mozart mit seinen » Nozze di Figaro «, sagt derselbe Kelly. Das volle Haus war so begeistert, daß die meisten Nummern der Oper wiederholt werden mußten, so daß diese die doppelte Zeit brauchte. Auch bei den folgenden Ausführungen hielt diese Begeisterung an. Jetzt aber setzten die Intrigen der Neider und Gegner mit aller Gewalt ein. Man erreichte es, daß der Kaiser das da capo- Rufen verbot, weil die Sänger zu sehr angestrengt würden. Man legte die Aufführungen ganz weit auseinander, so daß trotz des ungeheuren Erfolges im ersten Jahre nur neun Vorstellungen zustande kamen und die Begeisterung sich nicht recht festsetzen konnte; außerdem erreichte man dadurch, daß wieder ein Italiener mit einer neuen Oper kam, und zwar Martins » Cosa rara «, und im Jahr darauf desselben Komponisten » Arbore di Diana «. Beide gewannen großen Erfolg und bewirkten mit ihren sinnfälligen Melodien, daß Mozarts herrliches Werk trotz aller Erfolge in den Jahren 1787 und 1788 überhaupt in Wien nicht gegeben wurde und erst Ende August 1789 hier wieder auf die Bühne kam. So hatte abermals die oberflächliche Gefälligkeit und der leichte Sinnengenuß über edle Schönheit und echten Humor einen allerdings nur vorübergehenden Sieg erfochten. Heute weiß kein Mensch mehr etwas von diesen einst so bejubelten Werken des gewandten Spaniers, während Mozarts »Figaro« in unverwelkter Jugendfrische unser aller Herzen und Ohren erfreut.» Figaros Hochzeit « ist auch in textlicher Hinsicht eines der merkwürdigsten und wertvollsten Werke der gesamten Opernliteratur. Es war bis dahin eigentlich nur mit Paësiellos »Barbier von Sevilla« gelungen, ein wertvolles literarisches Werk so unverstümmelt zum Operntexte umzugestalten. Diese Dichtung aber ist gewissermaßen das Vorspiel zu »Figaros Hochzeit« und wird von letzterer an geistiger und auch rein literarischer Bedeutung weit übertroffen. Beide stammen vom gleichen französischen Dichter Pierre Augustin Caron de Beaumarchais . Dieser adlige Schluß ist erst etwa dreißig Jahre nach der am 24. Januar 1732 erfolgten Geburt dem Namen des kleinen Uhrmachersohnes aus Paris angehängt worden. Von ihm selber natürlich, und er hatte die nicht eben lauteren Mittel seiner Zeit gewählt, um sich so in jene
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